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Lebenspralle Geschichten von der Booker-Preisträgerin
"Es ist das große Rätsel der Menschheit: Was Männer wollen. Und was sie anzurichten bereit sind, um es zu kriegen." "Alles, was du wünschst" versammelt neunzehn Geschichten der Booker-Preisträgerin Anne Enright, Geschichten über das Chaos der Liebe und über den manchmal doch nicht ganz so kleinen Unterschied, Geschichten voller Lebenskraft, die ihren dunklen Kern meisterhaft hinter einer strahlenden Hülle zu verbergen wissen.
Kitty arbeitet in der Bettenabteilung eines Kaufhauses. Gerade wurden Rolltreppen installiert, eine große
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Produktbeschreibung
Lebenspralle Geschichten von der Booker-Preisträgerin

"Es ist das große Rätsel der Menschheit: Was Männer wollen. Und was sie anzurichten bereit sind, um es zu kriegen." "Alles, was du wünschst" versammelt neunzehn Geschichten der Booker-Preisträgerin Anne Enright, Geschichten über das Chaos der Liebe und über den manchmal doch nicht ganz so kleinen Unterschied, Geschichten voller Lebenskraft, die ihren dunklen Kern meisterhaft hinter einer strahlenden Hülle zu verbergen wissen.

Kitty arbeitet in der Bettenabteilung eines Kaufhauses. Gerade wurden Rolltreppen installiert, eine große Neuerung, an die sie sich nicht so recht gewöhnen mag, aber es ist sowieso nichts mehr los bei den Betten. Die Kunden scheinen dringend Schlaf zu brauchen - von Verliebtheit keine Spur. Doch mit dem Auftauchen der Rolltreppen nimmt plötzlich auch Kittys Leben Fahrt auf: Sie, bereits über vierzig, ist noch einmal schwanger geworden! Da bleiben eines Tages die Rolltreppen stehen ...

Die Irin Anne Enright spricht auf unerschrockene Art und Weise aus, wie es im Leben vieler Frauen aussieht. Frauen, die von den Geistern des Lebens verfolgt werden, das sie hätten führen können, die Möglichkeiten erahnen und doch zu sehr in ihrem Alltag gefangen sind, um sie zu ergreifen. Ein faszinierendes und zugleich verstörendes Leseerlebnis, so präzise und bildstark wie Enrights preisgekrönter Roman "Das Familientreffen".

Autorenporträt
Anne Enright, geboren 1962 in Dublin geboren. Arbeit als Schauspielerin und Fernsehproduzentin und lebt heute als Schriftstellerin und Literaturkritikerin im irischen Bray, County Wicklow. Veröffentlichungen (auch auf deutsch). Ausgezeichnet mit dem Rooney Literaturpreis und 2015 mit The Laureate for Irish Fiction.

Hans-Christian Oeser, geb. 1950 in Wiesbaden, lebt als literarischer Übersetzer und Herausgeber in Dublin. Er übersetzte u. a. Werke von Christopher Nolan, Ian McEwan und John McGahern. Hans-Christian Oeser wurde mit dem Europäischen Übersetzerpreis 'Aristeion' ausgezeichnet und 2010 mit dem 'Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preis'.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.04.2010

Blitzlicht mit Hölle
Unbedingt lesen: Anne Enrights Geschichten von Frauen
Bekanntlich sorgen Frauen im Buchhandel für einen größeren Umsatz als Männer. Also ist es aus Marketingsicht durchaus legitim, wenn ein Verlag ein nicht sonderlich populäres Genre, die Kurzgeschichte, konsequent auf die weibliche Zielgruppe zuzuschneiden versucht: Zeitschriftenkompatibler Schutzumschlag; ein Zitat darüber, was Männer angeblich wollen, auf der Rückseite, das Versprechen, die Autorin beschreibe, wie es im Leben vieler Frauen aussehe, in den Klappentext. Zielgruppenorientierte Literatur, wie es scheint. Unbestritten ist: Die Irin Anne Enright, bekannt geworden durch ihren internationalen Romanerfolg „Das Familientreffen”, ist eine Frau. Richtig ist auch: Jede Erzählstimme der in diesem Band gesammelten Texte gehört einer Frau. Zu ergänzen wäre: Auch Männer sollten Anne Enrights Erzählungen unbedingt lesen.
Nicht länger als sechzehn Seiten sind Enrights Prosastücke; manche kommen mit zehn aus. Und sie lesen sich auch noch glatt herunter, weil die Sprache der Erzählerinnen an die Alltagssprache angelehnt ist. Derb geht es hier oft zu, manchmal auch vulgär. Da hat jemand einen Freund, der „wie ein Scheißhaus aus Backsteinen gebaut war”, und schon der erste Satz einer Erzählung gibt nicht selten die Richtung vor: „Am Samstagabend vor Weihnachten hatte ich mit einem Typen Sex und gab ihm meine Nummer.” Es geht um den Tod, fast immer auch um Sex, und so grob die Sprache erscheinen mag, die Anne Enright ihren Protagonistinnen in den Mund legt, so komplex und verhüllt sind die Konflikte, die hinter einer toughen Fassade ausgetragen werden. Enttäuscht, verwirrt oder auch gescheitert sind diese Frauen, frustriert (über die Männer, manchmal, aber nicht nur), gehemmt, desillusioniert oder wütend – auf sich selbst und auf das Leben, in dem sie sich eingerichtet haben. Dahinter steht immer die Frage nach dem, was Normalität ist – das, was man jeden Tag lebt? Oder ist es gerade das, was nicht normal ist?
So kann eine Großbestellung an eine Biogemüse-Gärtnerei in einer geradezu transzendentalen Erfahrung enden; so kann die so ausführliche wie maliziöse Darstellung einer Jungfamilienidyllenhölle den vermeintlich klassischen Verlauf nehmen (Mann stürmt wütend in die Hotelbar, Frau bleibt weinend mit Säugling im Zimmer zurück), ohne banal zu werden. Es sind zweifellos dem Realismus verpflichtete Erzählungen, im besten Sinne ohne Schnörkel und Schnickschnack in der Sprache, und doch scheint darin eine Bedeutsamkeit auf, die über das Alltägliche, das den Rahmen bildet, hinausweist. Bestenfalls wird es dämonisch, wie beispielsweise in einer der irritierendsten Erzählungen des Bandes, „Kopfkissen”, in der eine chinesische Austauschstudentin in ihrer WG beinahe zur Mörderin wird.
Auf der Suche nach Glück sind sie alle auf ihre Weise; es ist ein Glück, das selten etwas mit Sex zu tun hat. Der läuft nebenher, als Pflichterfüllung oder gesellschaftlicher Zwang, als etwas, was die Leere irgendwie zu füllen vermag, kurzfristig.
Ihnen allen geht es auch mehr oder weniger gut, wie sie behaupten, bis Anne Enright mit bezwingender Lakonie dazwischenfunkt. „Wir hatten”, so heißt es in einer Geschichte, „eine großartige Kindheit. Und unterm Strich geht's mir gut. Mir geht’s gut, und Serena lebt nicht mehr.” Serena ist die an Magersucht gestorbene Schwester, und sämtlichen Familienmitgliedern geht es alles andere
als gut.
In einer anderen Erzählung bringt eine Frau ihre Eltern zum Flughafen: „Als Kate sie durch das Abfluggate des Dubliner Flughafens gehen sah - ihre Mutter in einem taubenblauen Trainingsanzug, ihren Vater in weißen Laufschuhen, wurde ihr klar, dass sie sterben würden.”„Taking Pictures” ist der Originaltitel des Bandes: Kurze Momentaufnahmen, Schnappschüsse von großer Aussagekraft. Verpasste Augenblicke, ewige Lebenshöllen. Mit Anne Enright wird man, um in der Marketingsprache zu bleiben, zum Frauenversteher.CHRISTOPH SCHRÖDER
ANNE ENRIGHT: Alles, was du wünschst. Erzählungen. Aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser und Jürgen Schneider. Deutsche Verlagsanstalt, München 2009. 268 Seiten, 19,95 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.12.2009

Wie Dinge und Menschen funktionieren

Unsanfte Landung: Die Booker-Preisträgerin Anne Enright besingt in ihren neuen Erzählungen elektrische Mechanismen und andere Zumutungen der Moderne.

Rolltreppen sind ein Phänomen: Solange sie funktionieren, erfreuen sie sich größter Beliebtheit, und nur urbane Sportaktivisten ziehen die herkömmliche Treppe vor. Doch kaum bleiben sie stehen - und das passiert leider viel öfter, als einem lieb wäre, und immer dann, wenn man schweres Gepäck dabeihat -, will keiner etwas mit ihnen zu tun haben. Die Passanten drängen sich auf den Stufen neben der Rolltreppe, die derweil in einsamer Erstarrung verharrt. Die Irin Anne Enright, die für ihren Roman "Das Familientreffen" (deutsch 2008) vor zwei Jahren mit dem renommierten Man-Booker-Preis ausgezeichnet wurde, will wissen, wie Dinge (beispielsweise Rolltreppen) und Menschen (die stehengebliebene Rolltreppen meiden) funktionieren.

Einer der Texte aus ihrer Erzählsammlung "Alles was du wünschst" kreist um eine neue Rolltreppe, die die verschiedenen Abteilungen eines Dubliner Kaufhauses miteinander verbinden soll. Matratzenverkäuferin Kitty ist fasziniert: "Die Rolltreppe, die nach oben führte, bestieg sich selbst, Stufe um Stufe, die Rolltreppe, die nach unten führte, floss wie Sirup und versank langsam im Boden." Kaum zu glauben, dass elektrische Mechanismen so erogen-poetisch besungen werden können - doch der Blick ins Innenleben der bald schon zu reparierenden Treppe ist noch weit anstößiger: Die Stufen "drängten sich um den zentralen Zapfen wie große Stücke einer Pastete aus Metall, schoben sich dann auf dem Weg nach oben auseinander, wobei sie ihre stufenbildenden Dreiecke baumeln ließen".

Vor allem die englische Presse preist Enright für die Körperlichkeit, die physische Greifbarkeit ihres Stils, und laut eigener Aussage bemüht sich die Autorin, mit jedem Satz wenigstens einen der fünf menschlichen Sinne anzusprechen. Diese Sinnesbezogenheit ist nicht mit positiver Sinnlichkeit zu verwechseln: Man denke nur an "Kleine Schwester", in der die Erzählerin den Verfall ihrer magersüchtigen Schwester protokolliert: "Gegen Ende fielen ihr die gelben Zähne aus, und ihr Körper war von einer Art Babyflaum überzogen." Oder aber der Strampler eines schlafenden Säuglings: "die Vorderseite steif von angetrockneter Nahrung, das Hinterteil weich vor Kacke".

Nicht genug damit, dass Enrights Erzählwelten manchmal penetrant stinken. Schockierender ist es, wenn sich angenehme Düfte zur Unzeit ausbreiten - etwa in "Honig", als die neben einem Grab frisch aufgeschüttete Erde während der Beerdigung einen Geruch von Frühsommer verströmt. Anne Enright enttäuscht potentielle Leseerwartungen systematisch: Statt erfolgreichem Sex ergibt sich lediglich "ein zielloses Rumgemache". "Kopfkissen" thematisiert einen Studienaufenthalt im Ausland nicht als Partysemester, sondern als Zustand existentieller Gefährdung. Eine Frau Ende vierzig empfindet ihre nur kurz andauernde Schwangerschaft auch noch nach dem Abgang des Embryos als Geschenk - wohingegen die junge verheiratete Frau in "Schacht" auf ihren riesigen Bauch alles andere als stolz ist. Ein Baby erdreistet sich, nach einem durchbrüllten Nachmittag auf Mutters Arm den lautstarken Ehekrach seiner Eltern einfach zu verschlafen. Die betrogene Gattin aus "Bis zum Tod der jungen Frau" verachtet ihren fremdgehenden Ehemann nicht nur nicht, sie hat sogar Mitleid mit ihm. Und statt sich über die neu geknüpften Kontakte ihrer Eltern zu freuen, entwickelt die erwachsene Tochter aus "Die Kreuzfahrt" eine rasende Eifersucht auf "die Carters aus Yorkshire".

Das Schreiben hat Anne Enright an der Universität von East Anglia gelernt, die schon große Talente wie Ian McEwan hervorgebracht hat. Die Erzählungen ihrer dortigen Lehrerin Angela Carter (1940 bis 1992), einer Meisterin des magischen Realismus, haben es in Großbritannien bis zur Abiturlektüre gebracht - kein schlechter Leumund also, mit dem Anne Enright immer wieder gern in einem Atemzug genannt wird. Doch der Vergleich verfängt nicht: Zwar findet sich auch in "Alles was du wünscht" das eine oder andere übersinnliche Element, aber insgesamt ist Anne Enright um einiges handfester und stark im irischen Kontext verankert. Da wären zum Beispiel die zahlreichen Anspielungen auf das schwierige, teils von subtilem Sozialneid geprägte Verhältnis der Iren zu Engländern oder Amerikanern oder auch der starke Fokus auf die Familie, vor allem die sich aufopfernde Mutter, der für die meisten Erzählungen zentral ist. Nur eine der neunzehn Kurzgeschichten wird aus männlicher Perspektive vermittelt, und in der geht es vor allem darum, wie fremd dem Erzähler seine Ehefrau, Mutter und Tochter sind.

Ein Roman, sagt Anne Enright, sei der Ort, an dem man lebt, während Kurzgeschichten flüchtigen Bekannten ähnelten, die man hin und wieder anruft. Das leuchtet ein - und trotzdem ergeben sich bei solchen Telefonaten immer wieder überraschend intensive Gespräche. Im Original trägt Anne Enrights Sammlung den Titel "Taking Pictures", und tatsächlich erscheint diese Bezeichnung wesentlich passender als das irreführend pseudoromantische "Alles was du wünschst" der deutschen Ausgabe, die dabei den Titel einer der schwächsten Einzelerzählungen zitiert. Anne Enrights Geschichten sind Schnappschüsse, sie unterscheiden sich maßgeblich von der aufwendigen fotographischen Studie ihres großen Romans "Das Familientreffen", doch sind sie deshalb keineswegs weniger lesenswert. Man möchte sie verschlingen, und obwohl sie selten leicht verdaulich sind, wird langfristig keinerlei Völlegefühl zurückbleiben. Mancher Bissen bleibt einem indes fast im Halse stecken - ein Gefühl, als ob die eben noch schwungvoll aufwärtsstrebende Rolltreppe unsanft unter einem zum Stehen kommt.

MARGRET FETZER.

Anne Enright: "Alles was du wünschst". Erzählungen. Aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser und Jürgen Schneider. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2009. 272 S., geb., 19,95 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Rezensentin Bernadette Conrad hat im Großen und Ganzen ihren Spaß an der Lektüre der Geschichten von Anne Enright, die "Dramatisches auf undramatische Weise" erzählen - auch wenn ihr manchmal die außergewöhnlichen Verknüpfungen und die ungewöhnlich gebauten Wortwechsel als "Masche" erscheinen. Nicht immer funktioniert das "schnoddrige Anti-Pathos", mit dem Conrad das Leben allgemein und die Lebenssituationen von Frauen im Besonderen auseinander nimmt. Es wird in diesen Erzählungen "viel geheiratet, viel verführt, viel geflucht und viel gestorben". Im Großen und Ganzen gefällt der Rezensentin trotz diesen leichten Unbehagens Enrights "halb grimmiger, halb fröhlicher Zorn" und die ungewöhnlichen Verbindungen, die die Autorin baut.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Passen Männer und Frauen überhaupt zusammen? Anne Enright ist dieser uralten Frage auf der Spur und liefert statt einer Antwort messerscharfe und hochkomische Erzählungen." Cosmopolitan