Frank Barsch
Am Anfang war die Nacht. Roman
Der Autor macht es seinem Protagonisten schwer. Er lässt ihn ziemlich lange im Dunkeln herumtappen – und mit ihm seine LeserIn. Der Romantitel trifft also voll ins Schwarze. „Wer weiß schon am Anfang was alles zusammengehört?“ sagt der Ich-Erzähler
Apitz, ein resignierter Privatdetektiv mit sarkastischem Blick auf die Welt und zuweilen philosophischen…mehrFrank Barsch
Am Anfang war die Nacht. Roman
Der Autor macht es seinem Protagonisten schwer. Er lässt ihn ziemlich lange im Dunkeln herumtappen – und mit ihm seine LeserIn. Der Romantitel trifft also voll ins Schwarze. „Wer weiß schon am Anfang was alles zusammengehört?“ sagt der Ich-Erzähler Apitz, ein resignierter Privatdetektiv mit sarkastischem Blick auf die Welt und zuweilen philosophischen Einsichten. Von seinem Hang, sogar noch beim Verhör ins Philosophische abzugleiten, zeugt auch der Name seines lädierten Hundes Fichte. Aber Vorsicht – Apitz ist kein sympathischer Held, sondern ein cooler Typ, der Lakonie für die reinste Form der Erfahrung hält; er redet in Stakkatosätzen und gefällt sich in verblüffenden Vergleichen. („Ihr kurzes Lächeln war so anziehend wie die Aussicht auf einen Fjord ohne Geländer.“) Sein Verhältnis zum anderen Geschlecht ist distanziert, ironisch, hilflos. „Ich liebe Frauen mit breiten Schultern. Frauen, die mich ertragen, wenn ich will.“ Ein Detektiv wäre kein Detektiv, wenn er nicht einen Auftrag hätte und etwas aufdecken müsste. Beides trifft auf den Protagonisten zu, doch sind Auftrag und das, was er schließlich aufdecken will, nicht identisch. Und zu allem Übel hat er gleich zwei Aufträge – oder sind es drei? Seine erste Auftraggeberin, eine Varietétänzerin, liegt tot schon auf der ersten Seite rum, der Protagonist wird neben ihrer Leiche gefunden, er gerät selbst ins Fadenkreuz der Verhörkunst von Kommissar Bieler und bekommt auf einmal Angst vor dem, was er sucht. Apitz kann sich ja an nichts erinnern und wehrt sich gegen die Anschuldigung, einen Mord begangen zu haben. Das einzige, was ihm in dieser vertrackten Lage Halt gibt, ist das Erzählen. Er muss erzählen, das hat schon manche(n) gerettet. Das Schlimmste für ihn (wie wohl für jeden Autor) ist es, „eingezwängt zwischen lauter angefangenen Geschichten“ zu stehen. Verzweifelt bemüht er sich, die eigene Geschichte zu verstehen. Und der Kommissar lässt nicht locker.
Der Autor Frank Barsch kennt sich aus im kreativen Schreiben, deshalb macht er es seinen Lesern schwer. Nichts geht in dem Roman vorwärts. Alles wird vom Ende her zerstückelt. Man muss sich den Autor als einen der Bösewichte vorstellen, von dem es in dem Roman heißt: „Und weil einer der Beteiligten will, dass kein Faden zum Anfang zurückführt, schneidet er die Fäden gnadenlos ab.“ Klar, das kann man so machen. Wenn jemand Spaß an einem unterkühlten, hard-boiled Detektiv-Philosophen hat und beim Lesen lieber grübelt als in einen Flow zu kommen, dem wird dieser Roman gefallen.