Für die Arbeiterbewegung läuft es schlecht. Nicht nur in Europa, sondern auch in großen Teilen der übrigen Welt. Die Gewerkschaften haben viel an Macht verloren und organisieren derzeit nur noch sechs Prozent der Beschäftigten weltweit. In vielen Ländern kamen ihnen ihre Verbündeten, die sozialdemokratischen und kommunistischen Arbeiterparteien, abhanden, entweder weil diese Parteien untergingen oder weil sie einen neoliberalen Weg einschlugen. Dieser Abwärtstrend hat zwei wesentliche Auswirkungen: Erstens ist damit der Aufstieg rechtsextremer Parteien verbunden, die die "einheimischen" Arbeiter gegen "die Ausländer" ausspielen. Und zweitens übernehmen NGOs Aktivitäten, für die traditionell die internationale Gewerkschaftsbewegung zuständig war, wie z. B. den Kampf gegen Kinderarbeit. Der Ruf "Die Internationale erkämpft das Menschenrecht!" ist verstummt.Van der Linden erklärt die wichtigsten Bewegungstypen dieser Krise. Dabei zeigt er auf, wie die im späten 19. Jahrhundert entstandenen sozialdemokratischen Parteien in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg parlamentarische Durchbrüche erlangten, aber am Ende des 20. Jahrhunderts durch Verschiebungen in den Sozialstrukturen geschwächt wurden.Der Autor diskutiert auch die historischen Charakteristika des "bolschewistischen Modells", wie es sich in Russland entwickelte und um die verschiedenen Stadien der internationalen Gewerkschaftsbewegung.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Andreas Eckert erfährt in Marcel van der Lindens Arbeit, wie Gewerkschaften und Organisationen der Arbeiterbewegung sich entwickelten, vom rasanten Aufstieg nach dem Krieg bis zu ihrer Krise in jüngerer Zeit. Auch wenn er lernt, dass es sich dabei nicht um einen gradlinigen Prozess handelte, erkennt Eckert mit van der Linden, dass die Zahl der Verbrauchergenossenschaften und der "Arbeiterparteien" drastisch gesunken ist, während zugleich die Zahl der Lohnabhängigen und Selbstausbeuter wächst und wächst. Wie wichtig Gewerkschaften sind und dass es für eine Umkehr der Entwicklung noch nicht zu spät ist, verrät der Autor laut Eckert glaubhaft und überzeugend in seiner Studie, ohne sich dabei Illusionen zu machen.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH