Im Dezember 1998 luden der Südwestrundfunk und die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg zu eienem Symposium zum Thema "Die Deutschlandpolitik der Sozialisten und Sozialdemokraten" ein.
Das Symposium führte mit den Vorträgen und den sich anschließenden Diskussionen zu ebenso heftigen wie fruchtbaren Kontroversen. Im Mittelpunkt der Debatten stand die Frage, welche Schritte die KPD, später die SED auf der einen und die SPD auf der anderen Seite unternahmen, um die deutsche Einheit zu ermöglichen.
Der Band dokumentiert die Beiträge und Diskussionen und bildet so einen Beitrag zur kritischen Auseinandersetzung mit der jüngsten deutschen Geschichte.
Das Symposium führte mit den Vorträgen und den sich anschließenden Diskussionen zu ebenso heftigen wie fruchtbaren Kontroversen. Im Mittelpunkt der Debatten stand die Frage, welche Schritte die KPD, später die SED auf der einen und die SPD auf der anderen Seite unternahmen, um die deutsche Einheit zu ermöglichen.
Der Band dokumentiert die Beiträge und Diskussionen und bildet so einen Beitrag zur kritischen Auseinandersetzung mit der jüngsten deutschen Geschichte.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Offensichtlich unzureichend findet Rezensent Joachim Scholtyseck die vorliegende Publikation, denn sie zeigt seiner Ansicht nach wenig Differenzierungsvermögen und Gespür für den Erfahrungshorizont des behandelten Zeitraums. Der Rezensent ärgert sich auch über die Naivität von Herausgeber Reinhard Hübsch, welcher der SPD in seinem Beitrag des Sammelbandes "moralisches, humanitäres Versagen" vorwerfe, weil sie es versäumt habe, mit der SED in einen Gedankenaustausch zu treten und menschliche Erleichterungen durchzusetzen. Dann rückt er ein paar Fakten zurecht, auch unter Zuhilfenahme der "differenzierten" Beiträge des Buches von Egon Bahr, Gerhard Wettig und Manfred Wilke. Dass nach Öffnung der östlichen Archive überhaupt ernsthaft über substanzielle Verhandlungsmöglichkeiten zwischen 1945 und 1970 diskutiert werde, wie Hübsch das im vorliegenden Fall wohl tut, findet der Rezensent "geradezu bizarr".
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.09.2002Vernebelung
SPD UND SED. Wäre es sinnvoll gewesen, wenn die westdeutschen Sozialdemokraten in den fünfziger und sechziger Jahren einen Dialog mit den ostdeutschen Sozialisten geführt hätten? Der Herausgeber des Sammelbandes, von keinerlei Zweifeln angekränkelt, wirft der SPD nicht nur ein politisches, sondern auch ein "moralisches, humanitäres Versagen" vor, weil sie es versäumt habe, mit der SED in einen Gedankenaustausch zu treten und menschliche Erleichterungen im deutsch-deutschen Verhältnis durchzusetzen. Der Vorwurf von Reinhard Hübsch wirkt nachgerade naiv: Er vernachlässigt, daß die SED in der sowjetisch besetzten Zone schon seit 1947 in eine stalinistische "Partei neuen Typs" umgebaut worden war. Die ostdeutschen Sozialdemokraten waren aus den zentralen und den örtlichen Organen der SED systematisch herausgedrängt worden - und diese wurde, einer Beobachtung Wilhelm Piecks aus dem März 1948 zufolge, vielfach als "offizielle Russen-Partei" angesehen. Die berechtigte Empörung der westdeutschen Sozialdemokraten über die Berlin-Blockade 1948 und den 17. Juni 1953 ging schließlich mit einer parteiübergreifenden Ablehnung einher, mit den Repräsentanten eines Staates zu verhandeln, der freie Wahlen nicht zuließ und aufgrund der eklatanten Verletzungen der Menschenrechte verachtet wurde. Daß nach Öffnung der östlichen Archive überhaupt ernsthaft über substantielle "Verhandlungsmöglichkeiten" zwischen SPD und SED in den fünfziger Jahren diskutiert wird, erscheint daher geradezu bizarr. Die Exponenten der Verhandlungsthese gehen von einem Verständnis aus, das eine "Gesprächskultur", die für die heutige Zeit selbstverständlich erscheinen mag, in die Hochphase des Kalten Krieges rückprojiziert. Demgegenüber vermögen die differenzierten und den damaligen Erfahrungshorizont berücksichtigenden Beiträge des Zeitzeugen Egon Bahr sowie der Wissenschaftler Gerhard Wettig und Manfred Wilke zu zeigen, daß unter den Bedingungen der Systemauseinandersetzung und angesichts der Rolle, die Stalin und Chruschtschow zukam, ein ernsthafter Dialog mit den Machthabern in der DDR schlichtweg illusorisch war. Die Wiedervereinigung rückte damit notgedrungen, wie spätestens in den sechziger Jahren erkennbar wurde, in immer weitere Ferne. Die Gesprächsofferten der DDR in dieser Zeit waren Nebelkerzen. (Reinhard Hübsch [Herausgeber]: "Hört die Signale!" Die Deutschlandpolitik von KPD/SED und SPD 1945-1970. Akademie Verlag, Berlin 2002. 215 Seiten, 64,80 Euro.)
JOACHIM SCHOLTYSECK
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
SPD UND SED. Wäre es sinnvoll gewesen, wenn die westdeutschen Sozialdemokraten in den fünfziger und sechziger Jahren einen Dialog mit den ostdeutschen Sozialisten geführt hätten? Der Herausgeber des Sammelbandes, von keinerlei Zweifeln angekränkelt, wirft der SPD nicht nur ein politisches, sondern auch ein "moralisches, humanitäres Versagen" vor, weil sie es versäumt habe, mit der SED in einen Gedankenaustausch zu treten und menschliche Erleichterungen im deutsch-deutschen Verhältnis durchzusetzen. Der Vorwurf von Reinhard Hübsch wirkt nachgerade naiv: Er vernachlässigt, daß die SED in der sowjetisch besetzten Zone schon seit 1947 in eine stalinistische "Partei neuen Typs" umgebaut worden war. Die ostdeutschen Sozialdemokraten waren aus den zentralen und den örtlichen Organen der SED systematisch herausgedrängt worden - und diese wurde, einer Beobachtung Wilhelm Piecks aus dem März 1948 zufolge, vielfach als "offizielle Russen-Partei" angesehen. Die berechtigte Empörung der westdeutschen Sozialdemokraten über die Berlin-Blockade 1948 und den 17. Juni 1953 ging schließlich mit einer parteiübergreifenden Ablehnung einher, mit den Repräsentanten eines Staates zu verhandeln, der freie Wahlen nicht zuließ und aufgrund der eklatanten Verletzungen der Menschenrechte verachtet wurde. Daß nach Öffnung der östlichen Archive überhaupt ernsthaft über substantielle "Verhandlungsmöglichkeiten" zwischen SPD und SED in den fünfziger Jahren diskutiert wird, erscheint daher geradezu bizarr. Die Exponenten der Verhandlungsthese gehen von einem Verständnis aus, das eine "Gesprächskultur", die für die heutige Zeit selbstverständlich erscheinen mag, in die Hochphase des Kalten Krieges rückprojiziert. Demgegenüber vermögen die differenzierten und den damaligen Erfahrungshorizont berücksichtigenden Beiträge des Zeitzeugen Egon Bahr sowie der Wissenschaftler Gerhard Wettig und Manfred Wilke zu zeigen, daß unter den Bedingungen der Systemauseinandersetzung und angesichts der Rolle, die Stalin und Chruschtschow zukam, ein ernsthafter Dialog mit den Machthabern in der DDR schlichtweg illusorisch war. Die Wiedervereinigung rückte damit notgedrungen, wie spätestens in den sechziger Jahren erkennbar wurde, in immer weitere Ferne. Die Gesprächsofferten der DDR in dieser Zeit waren Nebelkerzen. (Reinhard Hübsch [Herausgeber]: "Hört die Signale!" Die Deutschlandpolitik von KPD/SED und SPD 1945-1970. Akademie Verlag, Berlin 2002. 215 Seiten, 64,80 Euro.)
JOACHIM SCHOLTYSECK
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main