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Produktdetails
  • Veröffentlichungen der Frankfurter Historischen Kommission Bd.22
  • Verlag: Kramer, Frankfurt
  • Seitenzahl: 229
  • Unbestimmt
  • Abmessung: 245mm
  • Gewicht: 644g
  • ISBN-13: 9783782905442
  • ISBN-10: 378290544X
  • Artikelnr.: 12863884
Autorenporträt
HERIBERT MÜLLER, geb. 1946, lehrt als Professor für mittelalterliche Geschichte seit 1987 an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.01.2005

Schillerndes Mittelalter in Frankfurt

Noch heute soll es Beispiele dafür geben, daß Politiker, die als Seiteneinsteiger nach Frankfurt kommen, hier nicht reüssieren. Doch schon im Mittelalter blieb die herrschende politische Klasse in der Stadt lieber unter sich. Das hatte einst freilich ganz handfeste Gründe: Die hiesigen Patrizier hatten das benachbarte Mainz als abschreckendes Beispiel vor Augen. Dort war die Oberschicht nämlich derart mit den Fehden der aus der Umgebung angeheirateten Adelsverwandtschaft beschäftigt, daß der Erzbischof kaum auf Widerstand traf, als er sich das freie Mainz zu Beginn des 15. Jahrhunderts wieder unterwarf. Die Frankfurter Patrizier mußten also auf blaues Blut verzichten, ihre Kinder heirateten untereinander - und bewahrten so "Ihrer Bürger Freiheit". Welche Schlußfolgerungen sich aus der historischen Abschottung für das heutige Stadt-Umland-Verhältnis ergeben, soll an dieser Stelle nicht erörtert werden.

Der Aufsatz "Einigkeit und Adelsferne", der die Entwicklung der städtischen Oberschicht im Vergleich mit den rheinischen Bischofsstädten beleuchtet, ist einer von sieben Beiträgen zur Erinnerung an die Frankfurter Mediävistin Elsbeth Orth, die der jüngste Band der Frankfurter Historischen Kommission enthält. Auch ohne den ständigen Blick in den umfangreichen Fußnoten-Apparat sind sie eine lohnende Lektüre, denn die wissenschaftlichen Analysen nehmen stadtgeschichtliche Einzelfragen als Ausgangspunkt für die Darstellung größerer Zusammenhänge.

So entpuppt sich beispielsweise die Kritzelei eines Ratsschreibers, der um 1450 die Judenschutzbulle von 1348 in das städtische Kopialbuch übertrug und dabei an den Rand einen Papst und zwei Juden zeichnete, als nachgerade abgründiger Kommentar zum Verhältnis von Christen und Juden. Die "apokalyptisch aufgeladene Bestechungsszene" fällt noch dazu in eine Zeit, in der über die Abschiebung der Juden in ein noch zu schaffendes Quartier am Rande der Stadt diskutiert wurde: Die Einrichtung der Judengasse folgte 1462. Weniger um historische Vorurteilsforschung oder weltliches und geistliches Regiment geht es bei dem Vergleich der Eidesformeln, die Juden im Mittelalter bei der Aufnahme in eine Stadt schwören mußten. Die Gegenüberstellung der Texte erhellt vielmehr das Alltagsleben der Juden im Mittelalter und den unterschiedlichen Umgang der Mehrheit mit der Minderheit in den Städten. Allmähliche Ausgrenzung und früh einsetzende Verfolgung lassen sich auch an den Spuren des Lebens der Roma im 15. Jahrhundert in Frankfurt ablesen.

Daß das Mittelalter nicht nur finster, sondern gleichzeitig auch glanzvoll war, zeigt neben dem genannten Aufsatz über die Patrizier auch die Abhandlung über die Königspfalzen im Rhein-Main-Gebiet. Und daß es auch in der Frankfurter Geschichte immer schon mal falsche Heilige gab, belegt ein Beitrag, der der Frage nachgeht: "Wo ist der selige Johannes von Frankfurt?" Der Mann aus dem 14. Jahrhundert kommt im Gesangbuch des Bistums Limburg in der Litanei der Heiligen und Seligen der Diözese vor, ist aber in der historischen Wirklichkeit nicht aufzufinden.

ULRICH ADOLPHS

"... Ihrer Bürger Freiheit". Frankfurt am Main im Mittelalter. Beiträge zur Erinnerung an die Frankfurter Mediävistin Elsbeth Orth. Veröffentlichung der Frankfurter Historischen Kommission Band XXII, herausgegeben von Heribert Müller. 240 Seiten mit 30 Abbildungen. Frankfurt am Main: Waldemar Kramer Verlag 2004. 28 Euro.

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