Wenn man durch private Fotoalben aus Ostdeutschland der Jahre 1980 bis 2000 blättert, ändern sich in diesem Zeitraum die Bilder kaum - höchstens die Moden, Frisuren und Autos. Und wer in den 1980ern Urlaub an der Ostsee machte, fuhr in den 1990ern vielleicht nach Mallorca. Dass währenddessen erst ein Staat unterging und sich dann eine ganze Gesellschaft umwälzte, bleibt in den Bildern von Einschulungen, Wochenendausflügen und weihnachtlichen Bescherungen fast unsichtbar. "... irgendwer hat immer fotografiert ..." wertet ein Projekt aus, das seit 2020 die privaten Bildwelten dieser zwei Dekaden in Albensichtungen und anhand von Zeitzeugeninterviews untersucht hat. Die Aufsätze in diesem Band verstehen private Fotografie als soziale Praxis und diskutieren, wie Bilder hergestellt, in Alben geordnet und angesehen wurden und wie sich die politischen Verhältnisse in sie einschrieben.Marie Egger arbeitet als Kuratorin am Institut für Kunst- und Bildgeschichte der Humboldt-Universität Berlin. Marit Herrmann arbeitet als Kuratorin und erstellt das Werkverzeichnis von Ute und Werner Mahler. Judith Riemer forscht als Fotohistorikerin zu Alben von Künstler·innen der 1920er und 1930er Jahre. Friedrich Tietjen lebt in Leipzig. Er arbeitet als Autor, Kurator und Hochschullehrer.