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Die Frankfurter Gesellschaft für Handel, Industrie und Wissenschaft legt Zeugnis ab über ihre 100jährige Geschichte. Nach den vorangegangenen Jubiläumsbänden zum 75. und zum 90. Bestehen, verfolgt diese Festschrift einen anderen Ansatz. Mit Professor Dr. Ralf Roth, der das Archiv unserer Gesellschaft vor mehr als 25 Jahren aufgebaut und seitdem betreut und der auch an den beiden Vorbänden mit den Mitgliedern der Gesellschaft mitgearbeitet hat, gibt es dieses Mal nur ihn als Autor. Wie kein zweiter kennt Ralf Roth unsere Geschichte, die ein Spiegelbild ihrer Zeit ist. Er hatte den besonderen…mehr

Produktbeschreibung
Die Frankfurter Gesellschaft für Handel, Industrie und Wissenschaft legt Zeugnis ab über ihre 100jährige Geschichte. Nach den vorangegangenen Jubiläumsbänden zum 75. und zum 90. Bestehen, verfolgt diese Festschrift einen anderen Ansatz. Mit Professor Dr. Ralf Roth, der das Archiv unserer Gesellschaft vor mehr als 25 Jahren aufgebaut und seitdem betreut und der auch an den beiden Vorbänden mit den Mitgliedern der Gesellschaft mitgearbeitet hat, gibt es dieses Mal nur ihn als Autor. Wie kein zweiter kennt Ralf Roth unsere Geschichte, die ein Spiegelbild ihrer Zeit ist. Er hatte den besonderen Auftrag, diese 100 Jahre einzubetten in die allgemeinen politischen und gesellschaftlichen Zusammenhänge sowie wichtige Ereignisse und Persönlichkeiten unter unseren Mitgliedern darzustellen. Insbesondere sollte er auch an solche erinnern, mit denen die Frankfurter Gesellschaft 1933 und insbesondere 1935 schändlich umgegangen ist. Gerade diese Mitglieder vor dem Vergessen zu bewahren, ist das mindeste, was wir heute für sie tun können. Es gehört allerdings auch zu dem an Irrungen und Wirrungen reichen "Zeitalters der Extreme", wie es der Historiker Eric Hobsbawn bezeichnete, dass viele Mitglieder der Frankfurter Gesellschaft mit den Füßen abgestimmt und aus Protest gegen den ideologischen Wahn des Nationalsozialismus ihre Mitgliedschaft persönlich beendet haben. Es gehört auch dazu, dass alle Beschlüsse, die zu einem Ausschluss von Mitgliedern geführt haben, von Präsidium und Mitgliederversammlung 1988 für nichtig erklärt wurden.
Autorenporträt
Roth, RalfRalf Roth (geboren 1957) absolvierte ein Studium der Mittleren und Neueren Geschichte, Germanistik und Philosophie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main. 1996 wurde er mit dem Thema "Stadt und Bürgertum in Frankfurt am Main 1760-1914. Ein besonderer Weg von der ständischen zur modernen Bürgergesellschaft" bei Lothar Gall promoviert. 2003 erfolgte die Habilitation am Fachbereich Philosophie und Geschichte. Seit 2009 ist er außerplanmäßiger Professor am Historischen Seminar der Goethe-Universität.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.02.2020

Im Guten wie im Bösen der Zeit voraus
In 100 Jahren Geschichte der Frankfurter Gesellschaft steckt viel Prominenz

ing. FRANKFURT. 910 Buchseiten, die einhundert Jahre Geschichte zusammentragen: Über diesen Umfang der von ihm verfassten Jubiläumsschrift der "Frankfurter Gesellschaft für Handel, Industrie und Wissenschaft" staunt der Autor Ralf Roth auch noch, nachdem das Buch im Handel ist. Er hatte gar nicht geplant, ein solches Mammutwerk zu schreiben. Doch im Zuge seiner Recherchen las sich der Historiker immer tiefer hinein in die Lebensläufe, Schicksalsschläge und Verdienste von Hunderten Menschen, deren Biographien sich alle in diesem Frankfurter Netzwerk kreuzen. "Im Mittelpunkt einer Gesellschaft stehen ihre Mitglieder. Sie machen die Geschichte", sagte Roth bei einer Buchvorstellung im Sitz der Gesellschaft, der Villa Bonn im Westend.

Wobei der Wissenschaftler der Goethe-Universität, der schon seit Jahren auch der Archivar der Gesellschaft ist, damit nicht nur die Vereinschronik meint. "Die Geschichte der Frankfurter Gesellschaft spiegelt die lokale, die deutsche, die europäische, teilweise die globale Geschichte wider", sagte Roth. An deren Trends wollten sich die Gründungsväter der Gesellschaft nach dem Ersten Weltkrieg nicht halten. Während überall in der noch jungen Weimarer Republik Rechts und Links, Konservative und Modernisierer gegeneinander Sturm liefen und auch mit Gewalt um die Meinungsführerschaft kämpften, wollten Frankfurter Bürger um den Kaufmann Karl Kotzenberg einen Ort des Ideenaustausches schaffen. Internationalität war ihnen wichtig, generell eine Offenheit gegenüber den Ideen für eine neue bürgerliche Gesellschaftsordnung. Der Austausch darüber sollte vor allem an Vortragsabenden mit den entscheidenden Köpfen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Kultur stattfinden. Sie sind bis heute die wichtigsten Termine für die rund 600 Mitglieder. 2000 Vortragsveranstaltungen hat es seit Ende 1919 gegeben. Die Liste der Redner reicht von Albert Einstein über Thomas Mann und Ludwig Erhard bis hin zu Angela Merkel.

An manchen Abenden waren die Diskutanten ihrer Zeit weit voraus. Sogar die Digitalisierung, so hat es Roth herausgearbeitet, beschäftigte die Mitglieder der Frankfurter Gesellschaft bereits lange bevor es diesen Begriff überhaupt gab. Der Vordenker hier war Friedrich Pollock, Mitglied der Gesellschaft, enger Freund des Sozialphilosophen Max Horkheimer (auch er war Mitglied) und gemeinsam mit diesem und Theodor Adorno einer der Mitbegründer des 1924 eröffneten Frankfurter Instituts für Sozialforschung. Genau wie seine Freunde musste Pollock nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten in die Vereinigten Staaten emigrieren. Dort war er auf eine völlig neue Technologie gestoßen, Rechenautomaten nämlich, die Vorläufer von Computern - und obwohl diese noch kaum im Einsatz waren, verstand Pollock, welchen Fortschritt bei der Automatisierung der Produktion sie eines Tages möglich machen würden. Welche Folgen das für die Arbeiter haben würde, war von nun an sein Hauptthema.

Die Namen Pollock und Horkheimer finden sich allerdings auch in einem anderen, dem längsten Kapitel in Roths Buch. Der Historiker hat so gründlich wie noch keiner vor ihm die Geschichte der Frankfurter Gesellschaft in den Jahren des Nationalsozialismus durchleuchtet, ist auch für diese Zeit einzelnen Biographien nachgegangen und konnte dabei Täter und Opfer nicht immer auseinanderhalten.

So unterstützte der Frankfurter Industrielle, Mäzen und Vizepräsident der Gesellschaft, dass der Club bereits von 1933 an seine "nichtarischen" Mitglieder hinauswarf, einige Jahre später wurde er selbst Opfer der NS-Gesetze, verlor all sein Vermögen und starb 1943 im Konzentrationslager Theresienstadt. Mehr als einhundert Mitglieder drängte die Gesellschaft aus ihren Reihen, teilweise noch bevor die Rassegesetze der Nationalsozialisten in Kraft traten. Verloren hat der Verein in dieser Zeit noch weit mehr Mitglieder. "Vier Fünftel der Mitglieder traten damals aus, sie wollten diesen Kurs nicht mittragen", sagt Roth. Nach der Wiederbelebung 1950 habe es allerdings noch Jahre gedauert, bis sich die Gesellschaft ihrer Geschichte des "Versagens" mit aller Offenheit gestellt habe. Indem Roth in seinem Buch viele Lebensläufe derjenigen nachzeichnete, die damals schmählich hinausgeworfen wurden, habe er ihnen wieder ein Gesicht gegeben, ergänzte Rüdiger von Rosen, heutiger Präsident der Frankfurter Gesellschaft.

100 Jahre Frankfurter Gesellschaft für Handel, Industrie und Wissenschaft, Ralf Roth, Societäts-Verlag, Frankfurt 2019, 38 Euro.

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