100 Orte in Lüttich: das sind 100 Tipps und Empfehlungen für einen Aufenthalt in der "feurigen" Stadt an der Maas. Lüttich hat in den letzten Jahren eine beachtlich positive Entwicklung genommen. Der neue Bahnhof Guillemins und das Museum La Boverie sind Aushängeschilder der Stadt geworden. Aber auch viele anderen spannende - teilweise unbekannte - Orte prägen das Stadtbild. Ein Buch für Entdecker und ... Genießer!
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.09.2020Zum Kaffee mit dem Kommissar
Lüttich, Luik und Liège heißt die Stadt im deutsch-niederländisch-belgischen Länderdreieck, je nach Grenzseite. Aber wer weiß das schon? Wie die Stadt ja überhaupt die große Unbekannte ist. Man kennt ihren größten Sohn, Georges Simenon, der dort zur Welt kam und seine Konditorlehre abbrach, um seinen ersten Kriminalroman zu schreiben. Aber man täuscht sich schon, wenn man glaubt, der Café liégeois sei in Lüttich erfunden worden. Weit gefehlt! Café liégeois heißt der aus hell gerösteten Bohnen aufgebrühte doppelte Espresso mit viel geschäumter Milch, Schlagsahne und Schokoladenbohnen obendrauf erst seit dem Ersten Weltkrieg. Zuvor wurde die Spezialität auf Pariser Terrassen als Café viennois, als Wiener Kaffee, angeboten - ein angesichts der großpolitischen Lage unhaltbarer Zustand. Lüttich aber hatte sich im August 1914 wacker gegen den deutschen Feind verteidigt, was der Stadt die Aufnahme in die französische Ehrenlegion und den Namen der Kaffeespezialität einbrachte. Nachzulesen unter Nummer 63 von hundert in Lüttich vorgestellten Orten, die Belgienexperte Rolf Minderjahn zusammengestellt hat, darunter einige Lokale, in denen man dank des Qualitätslabels "Véritable Café liégeois" sicher sein kann, die Kaffeespezialität nicht aus der Instanttüte serviert zu bekommen. Ansonsten viel große Geschichte und noch mehr Aufbruch. Von der fürstbischöflichen Residenz am Zusammenfluss von Sambre und Maas über die Industriemetropole des neunzehnten Jahrhunderts geht es in die urbane Zukunft der Stadt. Die begann vor gut einem Jahrzehnt unter dem lichtdurchfluteten Flügeldach des von Santiago Calatrava entworfenen Bahnhofs Guillemins für Hochgeschwindigkeitszüge, führt über eine ebenfalls von Calatrava konzipierte Stadtachse vorbei an der die Uferlinie überragenden Tour Paradis und dem wallonischen Design Center zum Einkaufszentrum Médiacité von Ron Arad, weiter über die neue Maasbrücke La Belle Liégeoise in den Parc de la Boverie auf einer Flussinsel. Der ganz große Wurf, fürwahr. Dazu ein Tipp für den Zwischenstopp: Die Villa Consulaire, ein weißes Art-Déco-Gebäude am Ufer des Parks, ist nicht nur Konsulat, sondern auch eine schicke Brasserie mit umwerfender Aussicht. Macht Ort Nummer 47.
ksi.
"100 Orte in Lüttich" von Rolf Minderjahn. Grenz-Echo Verlag, Eupen 2020. 216 Seiten, zahlreiche Fotos, Broschiert, 15 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Lüttich, Luik und Liège heißt die Stadt im deutsch-niederländisch-belgischen Länderdreieck, je nach Grenzseite. Aber wer weiß das schon? Wie die Stadt ja überhaupt die große Unbekannte ist. Man kennt ihren größten Sohn, Georges Simenon, der dort zur Welt kam und seine Konditorlehre abbrach, um seinen ersten Kriminalroman zu schreiben. Aber man täuscht sich schon, wenn man glaubt, der Café liégeois sei in Lüttich erfunden worden. Weit gefehlt! Café liégeois heißt der aus hell gerösteten Bohnen aufgebrühte doppelte Espresso mit viel geschäumter Milch, Schlagsahne und Schokoladenbohnen obendrauf erst seit dem Ersten Weltkrieg. Zuvor wurde die Spezialität auf Pariser Terrassen als Café viennois, als Wiener Kaffee, angeboten - ein angesichts der großpolitischen Lage unhaltbarer Zustand. Lüttich aber hatte sich im August 1914 wacker gegen den deutschen Feind verteidigt, was der Stadt die Aufnahme in die französische Ehrenlegion und den Namen der Kaffeespezialität einbrachte. Nachzulesen unter Nummer 63 von hundert in Lüttich vorgestellten Orten, die Belgienexperte Rolf Minderjahn zusammengestellt hat, darunter einige Lokale, in denen man dank des Qualitätslabels "Véritable Café liégeois" sicher sein kann, die Kaffeespezialität nicht aus der Instanttüte serviert zu bekommen. Ansonsten viel große Geschichte und noch mehr Aufbruch. Von der fürstbischöflichen Residenz am Zusammenfluss von Sambre und Maas über die Industriemetropole des neunzehnten Jahrhunderts geht es in die urbane Zukunft der Stadt. Die begann vor gut einem Jahrzehnt unter dem lichtdurchfluteten Flügeldach des von Santiago Calatrava entworfenen Bahnhofs Guillemins für Hochgeschwindigkeitszüge, führt über eine ebenfalls von Calatrava konzipierte Stadtachse vorbei an der die Uferlinie überragenden Tour Paradis und dem wallonischen Design Center zum Einkaufszentrum Médiacité von Ron Arad, weiter über die neue Maasbrücke La Belle Liégeoise in den Parc de la Boverie auf einer Flussinsel. Der ganz große Wurf, fürwahr. Dazu ein Tipp für den Zwischenstopp: Die Villa Consulaire, ein weißes Art-Déco-Gebäude am Ufer des Parks, ist nicht nur Konsulat, sondern auch eine schicke Brasserie mit umwerfender Aussicht. Macht Ort Nummer 47.
ksi.
"100 Orte in Lüttich" von Rolf Minderjahn. Grenz-Echo Verlag, Eupen 2020. 216 Seiten, zahlreiche Fotos, Broschiert, 15 Euro.
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