Osman arbeitet am Fließband in Halle 4. Doch vor fünf Tagen wurde er von der Polizei festgenommen und saß wegen dringenden Mordverdachts in U-Haft. Nach ein paar Tagen lässt man ihn zwar laufen, nun droht ihm aber und seinen Kollegen die Kündigung. Wie immer im Juni, wenn das Sommerloch bei den
Aufträgen kommt. Na toll, da vergeht Osman das Lachen - erst Knast und dann Hartz IV. Ist ja der…mehrOsman arbeitet am Fließband in Halle 4. Doch vor fünf Tagen wurde er von der Polizei festgenommen und saß wegen dringenden Mordverdachts in U-Haft. Nach ein paar Tagen lässt man ihn zwar laufen, nun droht ihm aber und seinen Kollegen die Kündigung. Wie immer im Juni, wenn das Sommerloch bei den Aufträgen kommt. Na toll, da vergeht Osman das Lachen - erst Knast und dann Hartz IV. Ist ja der absolute Super-GAU.
Als Osman und seine Kollegen gerade die blauen „Abschiedsbriefe“ überreicht bekommen, verplappert er sich und plaudert von den polizeilichen Ermittlungen. Sein Meister Viehtreiber ist von jeher verrückt nach Geschichten, am meisten nach solchen mit Mord und Totschlag. „Los, Osman, nun erzähl schon, wer wurde denn gekillt?“
Da wittert Osman seine Chance: Nach dem berühmten Vorbild der schönen Scheherezade aus Tausendundeiner Nacht erzählt er dem Meister täglich eine neue „Mordstory“. Da er nie die Auflösung mitliefert, spannt er ihn natürlich unheimlich auf die Folter. So darf Osman am nächsten Tag wieder kommen, um den Rest der Geschichte zu erzählen.
Nun muss sich Osman nicht 1001 Geschichten ausdenken, er muss nur den verdammten Juni überstehen, denn im Juli gibt es vier Wochen Betriebsferien … und dann ist das Sommerloch vorbei. Doch jetzt ist erst der 10. Juni - also noch genau zwanzig Foltertage, an denen ihn sein Meister mittels Lautsprecher in sein Büro bittet.
Meister Viehtreiber ist zwar nicht der König Schahriyar von Persien und wird ihn auch nicht gleich hinrichten lassen, sondern ihn nur kündigen. Der Unterschied zwischen heute und vor tausend Jahren ist also nicht so gravierend. Ergo ist Osmans Fantasie gefragt. Die Kriminalgeschichten, die er seinem Meister jeden Tag auftischt, sind zwar nicht ganz bierernst, aber sie bringen ihm immer wieder Aufschub. Da fragt sich der Leser nach jeder Geschichte: Kann Osman seinen Job behalten? Und was ist mit seinem Mordverdacht? Oder bringt er den Mörder etwa selbst zur Strecke?
„1001 Nachtschichten“ ist flott geschrieben, mit witzigen Dialogen und einem garantierten Lacher in jeder grotesken Geschichte. Osman Engin will zum Nachdenken anregen und zugleich die Verhaltensweisen von Deutschen und Türken aufs Korn nehmen. Ein außergewöhnlicher Lesespaß.
Manfred Orlick