Wussten Sie, dass Thomas Manns Braunbär zum Greifen nah in München steht, dass Michael Jackson für immer an der Isar bleibt und dass es in München neben Hellabrunn einen zweiten Zoo gibt? Haben Sie schon einmal in Fröttmaning Halluzinationen gehabt, in einer Theaterkantine einen tollen Abend verlebt oder köstlich zwischen Fresken gespeist? Dieses Buch führt selbst Münchner an Orte, die sie staunen lassen, und erzählt Geschichten, die noch niemand gehört hat. Und das gleich 111 Mal.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.09.2011Wo sich die Liebespaare treffen
Reich an Kenntnis und Charme – das Buch des Journalisten Rüdiger Liedtke benennt „111 Orte in München, die man gesehen haben muss“
Von Sabine Buchwald
München – Wie gut kennt man eine Stadt, die man gut zu kennen glaubt? Mehr als hundert bemerkenswerte, ja, sehenswürdige Orte zu benennen von einer anerkannt attraktiven Metropole wie München, da muss man selbst als Einheimischer ein Weilchen in sich gehen. Genau das hat Rüdiger Liedtke getan, er hat zudem viele alte Spezl befragt und kräftig in der Literatur gekramt. Schließlich konnte er das Soll von 111 Orten erfüllen und sie zu einem Buch bündeln, das sich schon nach kurzer Zeit als Verkaufsschlager herausstellt. Nur zwei Wochen nach dessen Erscheinen, verkündet der Emons-Verlag, dass die erste Auflage mit 5000 Exemplaren ausgeliefert sei. Mittlerweile liegt die zweite Auflage in den Buchhandlungen, und die Freude bei Verlag wie Autor ist verständlicherweise groß.
Der Band „111 Orte in München, die man gesehen haben muss“ kam als zwölftes Buch der 111-Orte-Reihe in dem Kölner Verlagshaus heraus, das vor allem für Autoren von Regionalkrimis eine bewährte Adresse ist. Immerhin haben sie dort einst Frank Schätzing entdeckt. 2008 wagte man das erste 111-Orte-Buch über Köln, das mittlerweile in der zehnten Auflage im Handel ist. Man verbindet viel mit der Elf in Kölle, erfährt man bei Emons: Am 11.11. beginnt nicht nur der Karneval, es gibt die Legende der 11 000 Jungfrauen und das Kölnisch Wasser 4711. Rüdiger Liedtke hat mit all dem nicht viel am Hut, obwohl er seit nunmehr zehn Jahren in der Domstadt wohnt. Trotzdem fühlt er sich noch immer „münchnerisch“.
35 Jahre hat der Autor und Journalist an der Isar gelebt. Schwabing, wo er studiert hat, ist ihm so vertraut wie die Linien seiner Handflächen. Klar, dass er im Englischen Garten beim Chinesischen Turm, den er insidergemäß „Chinaturm“ nennt, so manche Maß gelenzt hat. Das bekennt er sofort. Dass sein Blick aber bis zu dem alten Biedermeier-Karussell mit seinen 20 Holzfiguren von Josef Erlacher und August Julier reichte, liest man gerne nach. Die Surfer vom Eisbach beim Haus der Kunst, die werden kaum je unbeobachtet ins Wasser gehen. Wie man aber miteinander umgeht dort im Neoprenanzug an der kühlen Welle, auch das macht Spaß, von Liedtke zu erfahren. Und dann findet man einige Seiten, respektive einige Schritte weiter den rauschenden Wasserfall, den Ludwig von Sckell Anfang des 19. Jahrhunderts anlegen ließ. Hier kann jeder seine Gedanken fließen lassen in der teuersten Stadt Deutschlands für null Euro und spüren, was man hat an München.
Liedtke schaut mit dem „Kick des Außenblicks“ auf München. Eine Stadt, die nur ganz schwer zu toppen sei, wie er sagt. Weil es sich hier so gut im Freien leben lasse, weil es so viele schöne Plätze gebe, so viel Kultur und Geschichte. Dennoch biete München Rückzugsorte. Und von denen, die er weiß, verrät er einige in seinem Buch. Er erzählt von dem steinerne Jüngling „Harmlos“ am Ende der Galeriestraße, wo sich Liebespaare treffen. Er beschreibt den Garten des Alpinen Museums, der von einem ewig lesenden Wandersmann bewacht wird. Von der glänzenden Kugel-Skulptur des Bildhauers Christopher Klein im Innenhof des Linde-Konzerns an der Klosterhofstraße hat der Autor selbst erst im Zuge seiner Recherche erfahren.
Liedtke hat jeden Ort aufgesucht, fast alle auch selbst fotografiert. In der Regel beschreibt er auf nur einer Seite die Lage, die Entstehungsgeschichte und erzählt historische Anekdoten des jeweiligen Ortes. So erfährt der Leser etwa von den vergeblichen Versuchen Heinrich Heines, an der Münchner Uni Fuß zu fassen, oder von Franz Xaver Krenkls provokanten Worten an König Ludwig I., als er diesen in seinem Gespann rasant überholte: „Majestät, wer ko, der ko . . .“
Das Buch ist klar aufgebaut – rechts das Bild, links der Text. In einem Info-Balken, stehen Adresse, Öffnungszeiten und – das bringt enormen Mehrwert – Tipps für Sehenswertes ganz in der Nähe. Liedtke ist ein Lesebuch gelungen, das selbst echte Münchner überraschen dürfte. Da diese Spezies in der 1,3-Millionen-Stadt rar ist, eignet sich der Band hervorragend als Geschenk für Neuankömmlinge. Mit ihm kann man sich wunderbar Rätsel-Abende vorstellen: Mögliche Frage: Wo wiehern zwei bronzene Pferde in der Steinwüste? Antwort: im Hof des Kommunalreferats am Roßmarkt unweit des Sendlinger Tors.
Rüdiger Liedtke: „111 Orte in München, die man gesehen haben muss“, Emons-Verlag Köln 2011, 240 Seiten, 12,90 Euro.
Ein Werk, das
selbst Münchner
überraschen dürfte
Der Lichthof der Ludwig-Maximilians-Universität. Fotos (8): Emons-Verlag
Der Wasserfall im Englischen Garten.
Die Barockkirche St. Michael.
Dichtergarten in der Galeriestraße.
Kugel-Skulptur im Lindehof.
Im Garten des Alpinen Museums.
Maurers Lampen, U-Bahn Westfriedhof.
Biergarten im Augustiner-Stammhaus.
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Reich an Kenntnis und Charme – das Buch des Journalisten Rüdiger Liedtke benennt „111 Orte in München, die man gesehen haben muss“
Von Sabine Buchwald
München – Wie gut kennt man eine Stadt, die man gut zu kennen glaubt? Mehr als hundert bemerkenswerte, ja, sehenswürdige Orte zu benennen von einer anerkannt attraktiven Metropole wie München, da muss man selbst als Einheimischer ein Weilchen in sich gehen. Genau das hat Rüdiger Liedtke getan, er hat zudem viele alte Spezl befragt und kräftig in der Literatur gekramt. Schließlich konnte er das Soll von 111 Orten erfüllen und sie zu einem Buch bündeln, das sich schon nach kurzer Zeit als Verkaufsschlager herausstellt. Nur zwei Wochen nach dessen Erscheinen, verkündet der Emons-Verlag, dass die erste Auflage mit 5000 Exemplaren ausgeliefert sei. Mittlerweile liegt die zweite Auflage in den Buchhandlungen, und die Freude bei Verlag wie Autor ist verständlicherweise groß.
Der Band „111 Orte in München, die man gesehen haben muss“ kam als zwölftes Buch der 111-Orte-Reihe in dem Kölner Verlagshaus heraus, das vor allem für Autoren von Regionalkrimis eine bewährte Adresse ist. Immerhin haben sie dort einst Frank Schätzing entdeckt. 2008 wagte man das erste 111-Orte-Buch über Köln, das mittlerweile in der zehnten Auflage im Handel ist. Man verbindet viel mit der Elf in Kölle, erfährt man bei Emons: Am 11.11. beginnt nicht nur der Karneval, es gibt die Legende der 11 000 Jungfrauen und das Kölnisch Wasser 4711. Rüdiger Liedtke hat mit all dem nicht viel am Hut, obwohl er seit nunmehr zehn Jahren in der Domstadt wohnt. Trotzdem fühlt er sich noch immer „münchnerisch“.
35 Jahre hat der Autor und Journalist an der Isar gelebt. Schwabing, wo er studiert hat, ist ihm so vertraut wie die Linien seiner Handflächen. Klar, dass er im Englischen Garten beim Chinesischen Turm, den er insidergemäß „Chinaturm“ nennt, so manche Maß gelenzt hat. Das bekennt er sofort. Dass sein Blick aber bis zu dem alten Biedermeier-Karussell mit seinen 20 Holzfiguren von Josef Erlacher und August Julier reichte, liest man gerne nach. Die Surfer vom Eisbach beim Haus der Kunst, die werden kaum je unbeobachtet ins Wasser gehen. Wie man aber miteinander umgeht dort im Neoprenanzug an der kühlen Welle, auch das macht Spaß, von Liedtke zu erfahren. Und dann findet man einige Seiten, respektive einige Schritte weiter den rauschenden Wasserfall, den Ludwig von Sckell Anfang des 19. Jahrhunderts anlegen ließ. Hier kann jeder seine Gedanken fließen lassen in der teuersten Stadt Deutschlands für null Euro und spüren, was man hat an München.
Liedtke schaut mit dem „Kick des Außenblicks“ auf München. Eine Stadt, die nur ganz schwer zu toppen sei, wie er sagt. Weil es sich hier so gut im Freien leben lasse, weil es so viele schöne Plätze gebe, so viel Kultur und Geschichte. Dennoch biete München Rückzugsorte. Und von denen, die er weiß, verrät er einige in seinem Buch. Er erzählt von dem steinerne Jüngling „Harmlos“ am Ende der Galeriestraße, wo sich Liebespaare treffen. Er beschreibt den Garten des Alpinen Museums, der von einem ewig lesenden Wandersmann bewacht wird. Von der glänzenden Kugel-Skulptur des Bildhauers Christopher Klein im Innenhof des Linde-Konzerns an der Klosterhofstraße hat der Autor selbst erst im Zuge seiner Recherche erfahren.
Liedtke hat jeden Ort aufgesucht, fast alle auch selbst fotografiert. In der Regel beschreibt er auf nur einer Seite die Lage, die Entstehungsgeschichte und erzählt historische Anekdoten des jeweiligen Ortes. So erfährt der Leser etwa von den vergeblichen Versuchen Heinrich Heines, an der Münchner Uni Fuß zu fassen, oder von Franz Xaver Krenkls provokanten Worten an König Ludwig I., als er diesen in seinem Gespann rasant überholte: „Majestät, wer ko, der ko . . .“
Das Buch ist klar aufgebaut – rechts das Bild, links der Text. In einem Info-Balken, stehen Adresse, Öffnungszeiten und – das bringt enormen Mehrwert – Tipps für Sehenswertes ganz in der Nähe. Liedtke ist ein Lesebuch gelungen, das selbst echte Münchner überraschen dürfte. Da diese Spezies in der 1,3-Millionen-Stadt rar ist, eignet sich der Band hervorragend als Geschenk für Neuankömmlinge. Mit ihm kann man sich wunderbar Rätsel-Abende vorstellen: Mögliche Frage: Wo wiehern zwei bronzene Pferde in der Steinwüste? Antwort: im Hof des Kommunalreferats am Roßmarkt unweit des Sendlinger Tors.
Rüdiger Liedtke: „111 Orte in München, die man gesehen haben muss“, Emons-Verlag Köln 2011, 240 Seiten, 12,90 Euro.
Ein Werk, das
selbst Münchner
überraschen dürfte
Der Lichthof der Ludwig-Maximilians-Universität. Fotos (8): Emons-Verlag
Der Wasserfall im Englischen Garten.
Die Barockkirche St. Michael.
Dichtergarten in der Galeriestraße.
Kugel-Skulptur im Lindehof.
Im Garten des Alpinen Museums.
Maurers Lampen, U-Bahn Westfriedhof.
Biergarten im Augustiner-Stammhaus.
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