In diesem reich illustrierten Band werden der Mauerbau und seine Folgen erstmals aus dem Blickwinkel der Stasi beleuchtet. Bisher unveröffentlichte Fotos und Dokumente aus der Hinterlassenschaft der Staatssicherheit ermöglichen einen ganz neuen Zugang zu den historischen Ereignissen. Das Buch enthält eine kompakte Darstellung der politischen Vorgänge vom Beginn der Berlin-Krise bis hin zum Fall der Mauer. Dabei stützt es sich auf den neuesten Forschungsstand. Es beleuchtet zudem Aspekte des Alltagslebens hinter dem eisernen Vorhang und spiegelt die Stimmung in der Bevölkerung wider. Zahlreiche Aktenauszüge belegen die von der Staatssicherheit registrierten Protestbewegungen und Widerstandsaktionen sowie die daraufhin ergriffenen Repressionsmaßnahmen. Nicht zuletzt werden dramatische Fluchtfälle nachgezeichnet.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.01.2002Zeit der Wärter
MAUERBAU. Es gehöre zu den "bitteren Aporien" Nachkriegsdeutschlands, daß erst der Mauerbau einen mühsamen innerstaatlichen Konsolidierungskurs der DDR einleitete und auf dieser Basis sich eine zwischenstaatliche Normalisierung entwickelte. So analysierte Christoph Kleßmann ein Jahr vor Öffnung der Mauer die Situation nach dem August 1961. Ganz aus der Sicht des Zusammenbruchs der DDR geschrieben und auf das unmittelbare Umfeld des Mauerbaus konzentriert, bleiben diese Aspekte bei Bernd Eisenfeld und Roger Engelmann leider unterbelichtet. Ihr Buch beschreibt nüchtern die entscheidenden Schritte, die dem Mauerbau vorausgingen. Berücksichtigt werden Massenflucht und Vier-Mächte-Status ebenso wie die Berlin-Krise von 1958 und Präsident Kennedys drei "Essentials" vom 25. Juli 1961, in denen er die Lebensfähigkeit des westlichen Teils von Berlins durch Unterstützung der Vereinigten Staaten garantierte, dabei aber nicht die Freizügigkeit zwischen den beiden Stadthälften einbezog. Kompakt werden die diplomatischen, organisatorischen und militärischen Schritte beschrieben, die Anfang August "abliefen" und schließlich am 13. August zur Absperrung West-Berlins führten. Danach stehen vor allem Fluchtschicksale, die Reaktionen im Westen sowie die Stimmung in der Bevölkerung Ost-Berlins im Mittelpunkt. Hatte es unmittelbar nach dem Mauerbau noch zahlreiche Protest- und Widerstandsaktionen gegen die Absperrung West-Berlins gegeben, flauten die Proteste 1962 schnell ab. Darin kam eine "verständliche Resignation" zum Ausdruck, verstärkte sich doch von Tag zu Tag das Gefühl, "gleichsam in einem Gefängnis zu leben und seinen Wärtern ausgeliefert zu sein". Das Buch ist eine solide Zusammenfassung der Ereignisse, ohne den Anspruch zu erheben, eine grundsätzliche Analyse des Mauerbaus und seiner Folgen zu liefern. Es lebt von zahlreichen Fotografien und Dokumenten aus dem Bestand der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR. In einem Vorwort beschreibt Marianne Birthler sowohl die Konsequenzen der Mauer für sich und ihre Berliner Familie als auch für die DDR und das deutsch-deutsche Miteinander. (Bernd Eisenfeld/Roger Engelmann: 13. 8. 1961: Mauerbau. Fluchtbewegung und Machtsicherung. Edition Temmen, Bremen 2001. 120 Seiten, 13,- Euro.)
JÜRGEN SCHMIDT
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
MAUERBAU. Es gehöre zu den "bitteren Aporien" Nachkriegsdeutschlands, daß erst der Mauerbau einen mühsamen innerstaatlichen Konsolidierungskurs der DDR einleitete und auf dieser Basis sich eine zwischenstaatliche Normalisierung entwickelte. So analysierte Christoph Kleßmann ein Jahr vor Öffnung der Mauer die Situation nach dem August 1961. Ganz aus der Sicht des Zusammenbruchs der DDR geschrieben und auf das unmittelbare Umfeld des Mauerbaus konzentriert, bleiben diese Aspekte bei Bernd Eisenfeld und Roger Engelmann leider unterbelichtet. Ihr Buch beschreibt nüchtern die entscheidenden Schritte, die dem Mauerbau vorausgingen. Berücksichtigt werden Massenflucht und Vier-Mächte-Status ebenso wie die Berlin-Krise von 1958 und Präsident Kennedys drei "Essentials" vom 25. Juli 1961, in denen er die Lebensfähigkeit des westlichen Teils von Berlins durch Unterstützung der Vereinigten Staaten garantierte, dabei aber nicht die Freizügigkeit zwischen den beiden Stadthälften einbezog. Kompakt werden die diplomatischen, organisatorischen und militärischen Schritte beschrieben, die Anfang August "abliefen" und schließlich am 13. August zur Absperrung West-Berlins führten. Danach stehen vor allem Fluchtschicksale, die Reaktionen im Westen sowie die Stimmung in der Bevölkerung Ost-Berlins im Mittelpunkt. Hatte es unmittelbar nach dem Mauerbau noch zahlreiche Protest- und Widerstandsaktionen gegen die Absperrung West-Berlins gegeben, flauten die Proteste 1962 schnell ab. Darin kam eine "verständliche Resignation" zum Ausdruck, verstärkte sich doch von Tag zu Tag das Gefühl, "gleichsam in einem Gefängnis zu leben und seinen Wärtern ausgeliefert zu sein". Das Buch ist eine solide Zusammenfassung der Ereignisse, ohne den Anspruch zu erheben, eine grundsätzliche Analyse des Mauerbaus und seiner Folgen zu liefern. Es lebt von zahlreichen Fotografien und Dokumenten aus dem Bestand der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR. In einem Vorwort beschreibt Marianne Birthler sowohl die Konsequenzen der Mauer für sich und ihre Berliner Familie als auch für die DDR und das deutsch-deutsche Miteinander. (Bernd Eisenfeld/Roger Engelmann: 13. 8. 1961: Mauerbau. Fluchtbewegung und Machtsicherung. Edition Temmen, Bremen 2001. 120 Seiten, 13,- Euro.)
JÜRGEN SCHMIDT
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Eine solide Bestandsaufnahme nennt Jürgen Schmidt diesen Band über den Mauerbau, wobei sich die Autoren, wie Schmidt etwas bedauert, strikt an Ereignisse oder Phänomene (wie Massenflucht, Vier-Mächte-Status, Berlin-Krise u.a.) halten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Mauerbau selbst standen. Weiter ausholende und weitergreifende politische Analysen seien hier nicht zu finden. Dafür lebt das Buch, so Schmidt, von den vielen Fotografien und Dokumenten aus dem Bestand der einstigen Gauck-Behörde, wo die Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes der DDR gesammelt werden, und dem sehr persönlichen Vorwort, das Marianne Birthler, die Nachfolgerin Gaucks, beigesteuert hat.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH