Im August des Jahres 1619 legt die White Lion an der Küste von Virginia an. An Bord sind die ersten zwanzig Menschen, die aus Afrika verschleppt und auf dem nordamerikanischen Kontinent als Sklav:innen verkauft werden. Viele Millionen werden ihrem Schicksal folgen.
In ihrem preisgekrönten publizistischen Projekt »1619« versammelt Herausgeberin Nikole Hannah-Jones Beiträge renommierter Autor:innen aus unterschiedlichsten Feldern, geschichtswissenschaftlich, soziologisch, dokumentarisch und poetisch, die eines gemeinsam haben: sie zeigen auf, wie grundlegend die Versklavung von Millionen verschleppter Menschen die USA prägte und wie dieses Erbe bis heute fortwirkt. Das Buch hat eine landesweite, inzwischen auch international geführte Debatte nicht nur über die Vergangenheit, sondern vor allem auch über die Gegenwart dieser Nation bewirkt.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
In ihrem preisgekrönten publizistischen Projekt »1619« versammelt Herausgeberin Nikole Hannah-Jones Beiträge renommierter Autor:innen aus unterschiedlichsten Feldern, geschichtswissenschaftlich, soziologisch, dokumentarisch und poetisch, die eines gemeinsam haben: sie zeigen auf, wie grundlegend die Versklavung von Millionen verschleppter Menschen die USA prägte und wie dieses Erbe bis heute fortwirkt. Das Buch hat eine landesweite, inzwischen auch international geführte Debatte nicht nur über die Vergangenheit, sondern vor allem auch über die Gegenwart dieser Nation bewirkt.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Rezensent Carsten Hueck kann von "1619. Eine neue Geschichte der USA" viel lernen: Es handelt sich dabei um ein rund 800 Seiten starkes Buch, das aus einem Projekt der New York Times und der Journalistin und Professorin Nikole Hannah-Jones hervorgegangen ist. Hannah-Jones, erfahren wir, hatte sich zum Ziel gesetzt, die Geschichte der USA unter Einbezug der Sklaverei noch einmal neu zu verhandeln und so kann der Rezensent lernen, dass und inwiefern die Freiheit und Gleichheit versprechende Verfassung noch weit über das Ende der Sklaverei hinaus nicht für alle gilt. Für Hueck wird deutlich, dass und auch warum sich die Diskriminierung von People of Colour bis heute erstreckt. Er lobt den sachlichen und aufschlussreichen Stil des Buches und empfiehlt es gerne weiter.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Für den hier rezensierenden Historiker und Afrikawissenschaftler Andreas Eckert geht der von Nikole Hannah-Jones herausgegebene Sammelband, entstanden im Rahmen des "Projekts 1619", in die richtige Richtung. Weil in den USA außerhalb akademischer Kreise immer noch erschreckende Unkenntnis zur Sklaverei seit 1619 herrsche, will das Projekt hier eine Brücke schlagen und aufklären, rekapituliert Eckert. Nach einer Sonderausgabe der New York Times 2019 und der Zusammenstellung von Schulmaterialien zum Thema versammelt das Buch nun achtzehn Essays von Journalist*innen und Fachleuten, die die Anfänge und Nachwirkungen der Sklaverei in Nordamerika beleuchten, stets ausgehend von einem tagesaktuellen Ereignis wie der Ermordung George Floyds - das erkennt der Kritiker eindeutig als journalistische Herangehensweise. Inhaltlich Neues erfährt der Experte nicht; bemerkenswert findet er aber die "pessimistische" Grundhaltung des Buches gegenüber der Nation. Dies habe wohl zum Vorwurf der Demoralisierung und auch zum Verbot der erwähnten Unterrichtsmaterialien an manchen Schulen geführt, so Eckart, für den dies auf die große "Aktualität" und Relevanz dieses Buches hinweist.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.01.2023Düstere Bilder der amerikanischen Nation
Die Sklaverei als Ausgangspunkt: Aus dem viel debattierten "Projekt 1619" ist ein Buch geworden
Das vielleicht größte Hindernis, die Geschichte der Sklaverei in den Vereinigten Staaten angemessen zu unterrichten, schrieb der Historiker David Blight, sei das tiefe Bedürfnis der Amerikaner, die Historie ihres Landes als "Fortschritt" zu begreifen. Sie sehen sich als ein Volk, dem es immer um die Verbesserung der Menschheit, der Förderung von Freiheit und Gerechtigkeit sowie der Ermöglichung des Strebens nach Glück für alle zu tun war. Und obgleich, fügte Blight hinzu, diese Version der Geschichte durch einige Aspekte wie Einwanderung und Bürgerrechte unterstützt werde, gebe es doch ihre "umfassende, schmutzige Unterseite".
Blight formulierte diese Ansichten in seinem Vorwort zu einer vor knapp fünf Jahren erschienenen, umfassenden Studie des Southern Poverty Law Centers, die etwa herausfand, dass lediglich acht Prozent der Absolventen amerikanischer High Schools Sklaverei als entscheidenden Auslöser des Bürgerkriegs nennen konnten. Weniger als ein Drittel wusste, dass zu ihrer Abschaffung eine Verfassungsänderung notwendig gewesen war. Und der großen Mehrheit der Schüler war weder bekannt, dass der berühmte Abolitionist Frederick Douglass selbst einmal ein Sklavendasein fristen musste, noch wussten sie die "Middle Passage" genauer zu definieren, jene für rund dreizehn Millionen versklavte Afrikanerinnen und Afrikaner traumatische Überfahrt über den Atlantik in die Amerikas.
Die Sklaverei und ihr langer Schatten, diese "schmutzige Unterseite" der Fortschrittsgeschichte der Vereinigten Staaten, ist in der Fachwissenschaft bereits sehr intensiv und differenziert erforscht worden. Doch fällt es ihr bis heute schwer, in das allgemeine Verständnis von amerikanischer Geschichte vorzudringen, welches sich nach wie vor stark dem Mythos der "Gründerväter" als unantastbaren Helden und der Gründung der Nation als gleichsam göttlichem Akt verschrieben hat. Diese Lücke zwischen der akademischen Debatte und den in der breiten Öffentlichkeit vorherrschenden Bildern bildete für die Journalistin Nikole Hannah-Jones ein wichtiges Motiv, zusammen mit weiteren Autorinnen und Autoren der New York Times (NYT) das "1619 Projekt" zu lancieren.
Dieses Vorhaben sollte unter anderem dazu dienen, das Verständnis der nordamerikanischen Geschichte neu auszurichten, indem es 1619 und damit die Sklaverei als Ausgangspunkt des Landes benannte, als Geburtsstunde der Widersprüche, die es bis heute prägen. Den Auftakt machte eine Sonderausgabe des Magazins der NYT im August 2019, genau vierhundert Jahre nach der Ankunft der ersten als Sklaven verschleppten Afrikaner in der damaligen britischen Kolonie Virginia. Es folgten multimedial aufbereitete Online-Artikel und Kurse, speziell auch zur Verwendung im Geschichtsunterricht, eine Podcast-Serie und schließlich ein umfassendes Buch, das nun auch in deutscher Übersetzung vorliegt.
Diese Anthologie ist die erweiterte und überarbeitete Fassung der vor zweieinhalb Jahren publizierten Sondernummer der NYT. Sie umfasst nun achtzehn Essays, geschrieben von Journalisten ebenso wie von ausgewiesenen Fachwissenschaftlern. Flankiert werden diese Texte durch Gedichte und Kurzgeschichten. Bietet der Sammelband tatsächlich "eine neue Geschichte der USA", wie der Untertitel verheißt? Die meisten der im Buch dargelegten Argumente und Fakten werden zumindest Spezialisten nicht überraschen oder besonders irritieren. Bemerkenswert ist freilich die in nahezu allen Beiträgen und besonders in Nikole Hannah-Jones' einleitendem Essay zum Thema "Demokratie" artikulierte düstere Vision der amerikanischen Nation. Demnach haben Amerikaner weit weniger Fortschritte erzielt, als sie selbst glauben, während Schwarze fortwährend für Rechte kämpfen, die sie vielleicht nie in vollem Ausmaß erlangen werden. Dieser Vision inhärent ist eine pessimistische Haltung weniger gegenüber den Kämpfen der Schwarzen als bezüglich der Ernsthaftigkeit und Stringenz des weißen Antirassismus. Auf diese Weise zielt sie zumindest implizit auf liberale Sichtweisen, welche die amerikanische Geschichte als langsamen, unsicheren Marsch zu einer vollkommeneren Einheit deuten und die mit Martin Luther King Jr. die Überzeugung teilen, der Weg der Moral im Universum sei zwar lang, neige sich aber in Richtung Gerechtigkeit.
Viele der Artikel in "1619" sind nach dem gleichen Muster gestrickt, das deutlich auf die journalistischen Ursprünge des Projekts verweist. Als Einstieg wird jeweils ein aktuelles Ereignis aufgerufen: der Tag nach den Präsidentschaftswahlen 2020, die Ermordung George Floyds auf einer Straße in Minneapolis oder Obamas Abschiedsrede, um von dort aus in die Vergangenheit zu schreiten und darzulegen, wie, so Hannah-Jones, "Geschichte uns heute, in der Gegenwart, noch immer formt, beeinflusst und verfolgt". Michelle und Leslie Alexander etwa argumentieren, in der Historie der Vereinigten Staaten habe es "keine Zeit gegeben, zu der eine Schwarze Rebellion bei Weißen etwas anderes ausgelöst hätte als existenzielle Angst, häufig begleitet von gewaltsamen Reaktionen". Die Folter von Versklavten, hebt Linda Villarosa hervor, bereitete den Weg für den gegenwärtigen Rassismus in der Medizin. Und Bryan Stevenson führt die heutige Plage der Masseninhaftierungen auf den Dreizehnten Zusatzartikel der Verfassung der Vereinigten Staaten zurück, dem zwar die Abschaffung der Sklaverei zugeschrieben wird, der verurteilte Straftäter jedoch ausnahm. Diese und andere Beiträge beleuchten wichtige Entwicklungen, lesen sich jedoch ein wenig wie Kurznotizen zu substanzielleren Darstellungen.
In ihrem ausführlichen Vorwort zeichnet Hannah-Jones nicht nur die verschiedenen Etappen und zentralen Anliegen des "1619 Projekts" nach, sondern geht auch auf verschiedene fachliche Kritikpunkte am ursprünglichen Dossier ein. Besonders aufgestoßen war zahlreichen Historikern ihre in der Tat abenteuerliche These, die amerikanische Revolution resultierte nicht zuletzt aus der Angst von Sklavenhaltern wie George Washington und Thomas Jefferson, die Anti-Sklaverei-Bewegung in Großbritannien könnte ein Verbot der Sklaverei in den Kolonien erwirken. Dieses Argument ist im Buch wesentlich abgeschwächt.
Nicht besänftigt werden dadurch sicher jene Kritiker des Projekts, die in "1619" nicht weniger als Propaganda und Gehirnwäsche sehen, die Amerika delegitimiere, demoralisiere und spalte. In einigen von Republikanern beherrschten Bundesstaaten sind das Buch und damit verbundene Unterrichtsmaterialien inzwischen an Schulen verboten. Solche Maßnahmen, wie sie die Ideologen einer weißen Suprematie gegen das 1619 Projekt in Anschlag bringen, verdeutlichen die Aktualität der in diesem Buch dargelegten Thematik. ANDREAS ECKERT
Nikole Hannah-Jones (Hrsg.): "1619". Eine neue Geschichte der USA.
Aus dem Englischen u. a. von Bettina Abarbanell. Karl Blessing Verlag, München 2022. 816 S., Abb., geb., 35,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Sklaverei als Ausgangspunkt: Aus dem viel debattierten "Projekt 1619" ist ein Buch geworden
Das vielleicht größte Hindernis, die Geschichte der Sklaverei in den Vereinigten Staaten angemessen zu unterrichten, schrieb der Historiker David Blight, sei das tiefe Bedürfnis der Amerikaner, die Historie ihres Landes als "Fortschritt" zu begreifen. Sie sehen sich als ein Volk, dem es immer um die Verbesserung der Menschheit, der Förderung von Freiheit und Gerechtigkeit sowie der Ermöglichung des Strebens nach Glück für alle zu tun war. Und obgleich, fügte Blight hinzu, diese Version der Geschichte durch einige Aspekte wie Einwanderung und Bürgerrechte unterstützt werde, gebe es doch ihre "umfassende, schmutzige Unterseite".
Blight formulierte diese Ansichten in seinem Vorwort zu einer vor knapp fünf Jahren erschienenen, umfassenden Studie des Southern Poverty Law Centers, die etwa herausfand, dass lediglich acht Prozent der Absolventen amerikanischer High Schools Sklaverei als entscheidenden Auslöser des Bürgerkriegs nennen konnten. Weniger als ein Drittel wusste, dass zu ihrer Abschaffung eine Verfassungsänderung notwendig gewesen war. Und der großen Mehrheit der Schüler war weder bekannt, dass der berühmte Abolitionist Frederick Douglass selbst einmal ein Sklavendasein fristen musste, noch wussten sie die "Middle Passage" genauer zu definieren, jene für rund dreizehn Millionen versklavte Afrikanerinnen und Afrikaner traumatische Überfahrt über den Atlantik in die Amerikas.
Die Sklaverei und ihr langer Schatten, diese "schmutzige Unterseite" der Fortschrittsgeschichte der Vereinigten Staaten, ist in der Fachwissenschaft bereits sehr intensiv und differenziert erforscht worden. Doch fällt es ihr bis heute schwer, in das allgemeine Verständnis von amerikanischer Geschichte vorzudringen, welches sich nach wie vor stark dem Mythos der "Gründerväter" als unantastbaren Helden und der Gründung der Nation als gleichsam göttlichem Akt verschrieben hat. Diese Lücke zwischen der akademischen Debatte und den in der breiten Öffentlichkeit vorherrschenden Bildern bildete für die Journalistin Nikole Hannah-Jones ein wichtiges Motiv, zusammen mit weiteren Autorinnen und Autoren der New York Times (NYT) das "1619 Projekt" zu lancieren.
Dieses Vorhaben sollte unter anderem dazu dienen, das Verständnis der nordamerikanischen Geschichte neu auszurichten, indem es 1619 und damit die Sklaverei als Ausgangspunkt des Landes benannte, als Geburtsstunde der Widersprüche, die es bis heute prägen. Den Auftakt machte eine Sonderausgabe des Magazins der NYT im August 2019, genau vierhundert Jahre nach der Ankunft der ersten als Sklaven verschleppten Afrikaner in der damaligen britischen Kolonie Virginia. Es folgten multimedial aufbereitete Online-Artikel und Kurse, speziell auch zur Verwendung im Geschichtsunterricht, eine Podcast-Serie und schließlich ein umfassendes Buch, das nun auch in deutscher Übersetzung vorliegt.
Diese Anthologie ist die erweiterte und überarbeitete Fassung der vor zweieinhalb Jahren publizierten Sondernummer der NYT. Sie umfasst nun achtzehn Essays, geschrieben von Journalisten ebenso wie von ausgewiesenen Fachwissenschaftlern. Flankiert werden diese Texte durch Gedichte und Kurzgeschichten. Bietet der Sammelband tatsächlich "eine neue Geschichte der USA", wie der Untertitel verheißt? Die meisten der im Buch dargelegten Argumente und Fakten werden zumindest Spezialisten nicht überraschen oder besonders irritieren. Bemerkenswert ist freilich die in nahezu allen Beiträgen und besonders in Nikole Hannah-Jones' einleitendem Essay zum Thema "Demokratie" artikulierte düstere Vision der amerikanischen Nation. Demnach haben Amerikaner weit weniger Fortschritte erzielt, als sie selbst glauben, während Schwarze fortwährend für Rechte kämpfen, die sie vielleicht nie in vollem Ausmaß erlangen werden. Dieser Vision inhärent ist eine pessimistische Haltung weniger gegenüber den Kämpfen der Schwarzen als bezüglich der Ernsthaftigkeit und Stringenz des weißen Antirassismus. Auf diese Weise zielt sie zumindest implizit auf liberale Sichtweisen, welche die amerikanische Geschichte als langsamen, unsicheren Marsch zu einer vollkommeneren Einheit deuten und die mit Martin Luther King Jr. die Überzeugung teilen, der Weg der Moral im Universum sei zwar lang, neige sich aber in Richtung Gerechtigkeit.
Viele der Artikel in "1619" sind nach dem gleichen Muster gestrickt, das deutlich auf die journalistischen Ursprünge des Projekts verweist. Als Einstieg wird jeweils ein aktuelles Ereignis aufgerufen: der Tag nach den Präsidentschaftswahlen 2020, die Ermordung George Floyds auf einer Straße in Minneapolis oder Obamas Abschiedsrede, um von dort aus in die Vergangenheit zu schreiten und darzulegen, wie, so Hannah-Jones, "Geschichte uns heute, in der Gegenwart, noch immer formt, beeinflusst und verfolgt". Michelle und Leslie Alexander etwa argumentieren, in der Historie der Vereinigten Staaten habe es "keine Zeit gegeben, zu der eine Schwarze Rebellion bei Weißen etwas anderes ausgelöst hätte als existenzielle Angst, häufig begleitet von gewaltsamen Reaktionen". Die Folter von Versklavten, hebt Linda Villarosa hervor, bereitete den Weg für den gegenwärtigen Rassismus in der Medizin. Und Bryan Stevenson führt die heutige Plage der Masseninhaftierungen auf den Dreizehnten Zusatzartikel der Verfassung der Vereinigten Staaten zurück, dem zwar die Abschaffung der Sklaverei zugeschrieben wird, der verurteilte Straftäter jedoch ausnahm. Diese und andere Beiträge beleuchten wichtige Entwicklungen, lesen sich jedoch ein wenig wie Kurznotizen zu substanzielleren Darstellungen.
In ihrem ausführlichen Vorwort zeichnet Hannah-Jones nicht nur die verschiedenen Etappen und zentralen Anliegen des "1619 Projekts" nach, sondern geht auch auf verschiedene fachliche Kritikpunkte am ursprünglichen Dossier ein. Besonders aufgestoßen war zahlreichen Historikern ihre in der Tat abenteuerliche These, die amerikanische Revolution resultierte nicht zuletzt aus der Angst von Sklavenhaltern wie George Washington und Thomas Jefferson, die Anti-Sklaverei-Bewegung in Großbritannien könnte ein Verbot der Sklaverei in den Kolonien erwirken. Dieses Argument ist im Buch wesentlich abgeschwächt.
Nicht besänftigt werden dadurch sicher jene Kritiker des Projekts, die in "1619" nicht weniger als Propaganda und Gehirnwäsche sehen, die Amerika delegitimiere, demoralisiere und spalte. In einigen von Republikanern beherrschten Bundesstaaten sind das Buch und damit verbundene Unterrichtsmaterialien inzwischen an Schulen verboten. Solche Maßnahmen, wie sie die Ideologen einer weißen Suprematie gegen das 1619 Projekt in Anschlag bringen, verdeutlichen die Aktualität der in diesem Buch dargelegten Thematik. ANDREAS ECKERT
Nikole Hannah-Jones (Hrsg.): "1619". Eine neue Geschichte der USA.
Aus dem Englischen u. a. von Bettina Abarbanell. Karl Blessing Verlag, München 2022. 816 S., Abb., geb., 35,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main