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Berlin 1847/48. Die 15jährige Jette lebt mit ihrer Schwester Guste und deren unehelichem Kind in einem armseligen Loch über dem Haustor. Guste ist Dirne, die "Sternenkiekerguste" (das hört sich wenigstens nach Sehnsucht und Himmel an), und sie verdankt es ihrem außergewöhnlichen Humor, das Leben auf der Straße zu ertragen. Jette ist es, die für Fritzchen sorgt und oft genug verzweifelt ist, wenn sie wieder einmal mit leerem Korb vom Markt kommt. Viel lieber würde sie selbst arbeiten gehen, als Putzmacherin zum Beispiel, das wäre zu schön. Seit sie dem 17jährigen Frieder zum ersten Mal im…mehr

Produktbeschreibung
Berlin 1847/48. Die 15jährige Jette lebt mit ihrer Schwester Guste und deren unehelichem Kind in einem armseligen Loch über dem Haustor. Guste ist Dirne, die "Sternenkiekerguste" (das hört sich wenigstens nach Sehnsucht und Himmel an), und sie verdankt es ihrem außergewöhnlichen Humor, das Leben auf der Straße zu ertragen. Jette ist es, die für Fritzchen sorgt und oft genug verzweifelt ist, wenn sie wieder einmal mit leerem Korb vom Markt kommt. Viel lieber würde sie selbst arbeiten gehen, als Putzmacherin zum Beispiel, das wäre zu schön. Seit sie dem 17jährigen Frieder zum ersten Mal im Treppenhaus begegnet ist, liegen jeden Morgen drei Kartoffeln vor der Tür - es ist der Anfang einer zarten Liebesgeschichte. Frieder ist gerne Zimmermann, er mag seine Kollegen, jeder einzelne ein Original. Der Altgeselle Rackebrandt wird auch zu seinem politischen Lehrmeister, und so denkt Frieder zum ersten Mal über Begriffe wie Freiheit und Gleichheit nach. Beunruhigende Worte, die auch Je tte
versteht, denn "wer Hunger hat, macht manches, was er sonst nicht machen würde." Als die Kartoffelpreise ins Unermeßliche steigen, kommt es zu einem ersten Aufruhr, in dessen Verlauf auch Frieder die Berliner Gefängnisse kennenlernt. Als er nach acht Monaten entlassen wird, hat sich Jette mit der gutherzigen Mutter Jacobi - Frieders Mutter - befreundet, die auch für Jette, Fritzchen und Guste zur Mutter wird. Die Ereignisse überschlagen sich, und im März 1848 steht Frieder hinter den Barrikaden. Es geht um den Traum der Demokratie - und um Leben und Tod. Um ein Haar wären auch Frieder und sein engster Freund Michael niedergemetzelt worden. Doch es gibt andere Opfer, auch in Frieder und Jettes kleiner Familie. Aber es gibt auch Hoffnung. Für Jette vor allem auf ein besseres Leben mit Frieder und Fritzchen.Kordon, der zuletzt den dritten Band der "Trilogie der Wendepunkte" (Gesamtauflage 300.000) veröffentlichte, löst den Begriff Geschichte von seiner Abstraktheit, "hinter seiner N üchternheit leuchtet Wärme, ergreifende Szenen beherrschen den Roman" (DIE ZEIT). Mit diesem packenden Roman erzählt Kordon von einem weiteren Stück vergessener deutscher Geschichte und von einem ersten großen Sieg der kleinen Leute.
Autorenporträt
Klaus Kordon, geb. 1943 in Berlin, war Transport- und Lagerarbeiter. Er studierte Volkswirtschaft und unternahm als Exportkaufmann Reisen nach Afrika und Asien, insbesondere nach Indien. Klaus Kordon ist verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder und lebt heute als freischaffender Schriftsteller in Berlin. Zahlreiche seiner Veröffentlichungen wurden in verschiedene Sprachen übersetzt und mit nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet. Für sein Gesamtwerk erhielt er den "Alex-Wedding-Preis" der Akademie der Künste zu Berlin und Brandenburg und 2013 wurde er mit dem "Großen Verdienstkreuz" der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.10.1997

Das war eine heiße Märzenzeit
Rot ist die Revolution: Klaus Kordon erzählt etwas einfarbig von den Barrikaden in Berlin

Man trägt wieder Bart in Berlin. Als der siebzehnjährige Frieder im Dezember 1847 aus dem Gefängnis entlassen wird, läuft sein Freund Rackebrandt plötzlich mit einem mächtigen Vollbart herum - Zeichen seines Einsatzes für demokratische Reformen in Preußen. Frieder, der bei Straßenunruhen im April verhaftet worden war und unschuldig acht Monate einsitzen mußte, schließt sich sofort der Demokratiebewegung an. Bei den Märzunruhen des Jahres 1848 steht er mit auf den Barrikaden, schießt und wird beschossen, entkommt den Häschern des Königs und begräbt die Leichen seiner Freunde.

Klaus Kordon erzählt in seinem neuesten Werk von der deutschen Revolution. Das Jubiläum im nächsten Jahr und der Handlungsort Berlin versprechen ihm große Aufmerksamkeit. Der Titel beschränkt sich programmatisch auf die plakative Jahreszahl "1848". Etwas kleiner darunter: "Die Geschichte von Jette und Frieder". Die Revolution soll also aus der Sicht der kleinen Leute erzählt werden - subjektiv und doch mit dem Anspruch historischer Genauigkeit. Löst das mehr als fünfhundert Seiten starke Buch diese Erwartungen ein?

Zunächst einmal braucht es bereits die Hälfte seines Umfangs, um überhaupt das Jahr 1848 zu erreichen. Kordon führt seine Figuren behutsam ein. Mal wird aus der Sicht des Waisenmädchens Jette berichtet, die mit ihrer Schwester Guste und deren kleinem Sohn in einer winzigen Mietwohnung in der Mitte Berlins haust. Dann wieder begleiten wir Frieder, der mit seiner kranken Mutter in der Dachwohnung darüber wohnt, auf seinen Streifzügen zur Baustelle oder auf den Markt. Seinen Erlebnissen verdanken wir die Außenperspektive, während die fünfzehn Jahre alte Jette das Zimmer kaum verläßt. Sie muß auf das Kind aufpassen, weil ihre Schwester den Unterhalt durch Prostitution verdient.

Das Buch führt uns also in den Bauch von Berlin, wo sich die Bettler, Dirnen und Waisen ein Stelldichein geben. Das soziale Potpourri wird abgerundet durch Handwerker, Arbeiter, Nachtwächter, Marktfrauen und Handelsherren. Auch Frieder ist als Zimmergeselle schon in Lohn und Brot, doch selbst ihm droht im Winter der Hunger, wenn die Arbeit auf den Baustellen ruht. Dennoch legt er seinem Schwarm Jette jeden Tag drei Kartoffeln vor die Tür. Nach Frieders Verhaftung kann sie sich revanchieren und kümmert sich um seine hilflose Mutter.

So werden wir um hundertfünfzig Jahre zurückversetzt, in eine Epoche ohne soziale Absicherung und Mieterschutz, ohne Pressefreiheit und unabhängige Richter. Kordon kann das Bild nicht schlimm genug zeichnen, das sich in den Elendsquartieren von Berlin oder in den preußischen Gefängnissen und Fabriken bot. Man fiebert als Leser mit Jette und Frieder, hofft auf kleinste Besserungen, und doch geht es bis zum Märzaufstand immer nur bergab: Frieders Verhaftung, die Kündigung von Jettes Wohnung und ihr Umzug in das berüchtigte Vogtland-Viertel, Gustes erneute Schwangerschaft. In der Not des Winters wird der ehrliche Frieder gar zum Dieb. Nach dem blutigen Straßenkampf geht es aufwärts, doch zuvor mußten viele Menschen ihr Leben auf den Barrikaden lassen. Und am Horizont lauert schon die Reaktion, denn das siegreiche Volk ist uneins. Dennoch beschließen Jette und Frieder, nicht dem Beispiel ihres desillusionierten Freundes Michael zu folgen, der nach Amerika auswandert.

Kordon gelingt in seinem Buch ein Doppelporträt: Den aktiven Männern stellt er die gezwungenermaßen passiven Frauen gegenüber. Dennoch sind die Opfer der Frauen die größeren. Sie bleiben zurück, wenn die Männer getötet oder verhaftet werden - ohne andere Aussichten als Prostitution oder schlecht bezahlte Lohnarbeit. Was dem Buch jedoch fehlt, ist eine Variation des Tons. Kordon spricht durchweg pathetisch. Das Elend ist so tief, wie es irgend nur sein kann, die Freuden sind grundsätzlich himmlisch, die Gegner von unbeschreiblicher Perfidie. Für den Höhepunkt, das Blutbad in der Nacht zum 19. März, hat er dann keine Steigerung mehr übrig. Die Schilderung wird monoton. Erst am nächsten Morgen, als die Leichen vor das Schloß getragen werden, um den König zu beschämen, merkt man der Erzählung wieder die Anteilnahme des Autors an, die die erste Hälfte des Buches ausgezeichnet hat.

So bleibt das zentrale Stück der Handlung farblos. Schuld daran trägt aber nicht Kordon allein. Er unterwirft sich vielmehr den Gepflogenheiten seiner Zunft, in der Zwiespältigkeiten nicht erwünscht sind. Der Zwang zur Eindeutigkeit aber kann Darstellungen von Revolution und Bürgerkrieg nicht gerecht werden. Den von Frieder erschossenen Soldaten sieht man nicht: "Kein Mündungsfeuer mehr in diesem Kellerhals", lautet der einzige Hinweis. Dagegen werden wir über den grausigen Tod der Revolutionäre wiederholt unterrichtet. In dieser Parteinahme Kordons liegt das Kernproblem des Buchs: Jette und Frieder sind die besten Menschen, die man sich vorstellen kann. Aber gerade darum sind es nicht die besten Figuren, die man sich vorstellen kann.

ANDREAS PLATTHAUS.

Klaus Kordon: "1848". Die Geschichte von Jette und Frieder. Beltz & Gelberg, Weinheim und Basel 1997. 523 S., geb., 32,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Bleibt nur der Wunsch, er möge uns wieder überraschen mit einem historischen Tafelgemälde, irgendwo zwischen 1848 und 1918? Wieder in Berlin, wieder opulent, mit satten Farben, Nüchternheit und Wärme, Ton in Ton." Reinhard Osteroth, DIE ZEIT

"Ein bewegender Roman, mitreißend von der ersten bis zur letzten Zeile, der nur einen Nachteil hat: Er ist nach gut 500 Seiten zu Ende." Thomas Gallien, Badische Zeitung

"Was für ein spannender Geschichtsunterricht!" Kathi Beier, Neues Deutschland

"Dieses Buch ist im besten Sinne anstößig, ein Geschichtsbuch von unten, das von wahren Geschichten lebt und von Erfahrungen, die nicht in Vergessenheit geraten sollten." Ulrich Karger, Das Sonntagsblatt

"Es ist der Appell, das hart Erkämpfte zu verteidigen, sich einzumischen und gleichzeitig wachsam zu sein gegen Autoritäten." Christine Knödler, Süddeutsche Zeitung

"Einmal mehr ist es Klaus Kordon gelungen, ein dramatisches historisches Ereignis (nicht nur) jungen Lesern als packende Erzählung zu vermitteln." buch aktuell

"...wer dies gelesen hat, braucht kein Geschichtsbuch mehr." Buchmarkt

"Hier wird nichts verniedlicht, Hunger, Mißbrauch und Elend nachvollziehbar beim Namen genannt. Trotz unzähliger Details wirkt das Buch nie bemüht oder gar belehrend, sondern spannend und anrührend von der ersten bis zur letzten Zeile." Das Sonntagsblatt

"Diese Geschichte ist ein Paradigma für Menschenmut und Menschenmögliches." Süddeutsche Zeitung…mehr