Im Juli 1870 ziehen Hunderttausende in einen Krieg, der die Landkarte Europas verändern wird. Manche von ihnen erwarten ein Abenteuer, andere haben Sorge um ihr Leben oder die Zukunft ihrer Familie, doch die meisten Männer auf beiden Seiten tun einfach nur das, was sie für ihre Pflicht halten.
Der Deutsch-Französische Krieg von 1870 bis 1871 rundet als letzter der drei sogenannten "Einigungskriege" den blutigen Weg zur Gründung des deutschen Nationalstaats ab. Bewusst von Otto von Bismarck provoziert, erklärt das Second Empire Napoleons III. Preußen den Krieg. Doch die preußische Militärmacht besiegt gemeinsam mit den Verbündeten - u. a. aus Bayern, Württemberg und Baden - in großen Schlachten die Truppen des Kaiserreichs. Dieser Krieg wird von beiden Seiten mit äußerster Brutalität geführt und in vielen Punkten verweist er schon auf den technisierten und nationalistisch aufgeladenen Horror des Ersten Weltkriegs. Für die Gründung des Deutschen Reichs und die Kaiserproklamationim Spiegelsaal von Versailles sterben bis Ende des Krieges fast 200 000 Menschen.
Im kollektiven historischen Gedächtnis der Deutschen ist der Krieg von 70/71 von der Erinnerung an die Weltkriege beinah vollständig überlagert worden. Dabei prägen bis heute Bismarckstatuen, Weißenburgstraßen, Sedanplätze, Denkmäler mit brüllenden Löwen, Lorbeerkränzen, "Eisernen Kreuzen" den öffentlichen Raum vieler deutscher Städte und Dörfer.
Das Buch zeichnet ein Panorama des Krieges aus Sicht der "kleinen Leute" und der "großen Lenker". Es macht komplizierte Zusammenhänge verständlich und lässt vor allem Menschen und ihre Geschichte wieder lebendig werden. So begleiten den Leser viele Zeitzeugen: Könige, hohe Militärs, einfache Soldaten, Krankenschwestern, Maler, Geistliche, Diplomaten, Gesellschaftstheoretiker, Journalisten und Literaten.
Der Deutsch-Französische Krieg von 1870 bis 1871 rundet als letzter der drei sogenannten "Einigungskriege" den blutigen Weg zur Gründung des deutschen Nationalstaats ab. Bewusst von Otto von Bismarck provoziert, erklärt das Second Empire Napoleons III. Preußen den Krieg. Doch die preußische Militärmacht besiegt gemeinsam mit den Verbündeten - u. a. aus Bayern, Württemberg und Baden - in großen Schlachten die Truppen des Kaiserreichs. Dieser Krieg wird von beiden Seiten mit äußerster Brutalität geführt und in vielen Punkten verweist er schon auf den technisierten und nationalistisch aufgeladenen Horror des Ersten Weltkriegs. Für die Gründung des Deutschen Reichs und die Kaiserproklamationim Spiegelsaal von Versailles sterben bis Ende des Krieges fast 200 000 Menschen.
Im kollektiven historischen Gedächtnis der Deutschen ist der Krieg von 70/71 von der Erinnerung an die Weltkriege beinah vollständig überlagert worden. Dabei prägen bis heute Bismarckstatuen, Weißenburgstraßen, Sedanplätze, Denkmäler mit brüllenden Löwen, Lorbeerkränzen, "Eisernen Kreuzen" den öffentlichen Raum vieler deutscher Städte und Dörfer.
Das Buch zeichnet ein Panorama des Krieges aus Sicht der "kleinen Leute" und der "großen Lenker". Es macht komplizierte Zusammenhänge verständlich und lässt vor allem Menschen und ihre Geschichte wieder lebendig werden. So begleiten den Leser viele Zeitzeugen: Könige, hohe Militärs, einfache Soldaten, Krankenschwestern, Maler, Geistliche, Diplomaten, Gesellschaftstheoretiker, Journalisten und Literaten.
Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Peter Kapern gelangt mit dem Buch des Historikers Tobias Arand direkt auf die Schlachtfelder des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71. Multiperspektivisch, umfassend, mitunter fast zu detailreich, meint er, schreibt Arand politische Geschichte und Militärgeschichte in einem. Er lässt Beteiligte, Opfer, Könige und Kaiser, Pfarrer und Soldaten via Briefen und Artikeln berichten und zieht mit Schlachtenbummlern ins Gemetzel. Die deutsch-französische "Erbfeindschaft" wird dem Kritiker Kapern dabei gegenwärtig und auch das aktuelle Spiel mit Ressentiments auf beiden Seiten. Mehr Karten und Bildmaterial im Band hätten ihm gut gefallen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.02.2019Der Fortschritt zur nationalen Barbarei
Als der Patriotismus in Hass und grimmige Feindbilder vom Nachbarn ausartete: Tobias Arand führt den Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 in biographischen Einzelaufnahmen vor Augen
Der Deutsch-Französische Krieg 1870/71 erscheint oft wie ein letzter vormoderner Krieg. Womöglich auch deshalb hat er in den letzten Jahren, sieht man von einer Pariser Ausstellung im Sommer 2017 ab (F.A.Z. vom 6. Juni 2017), wenig allgemeine Aufmerksamkeit gefunden. Der Erste Weltkrieg hat schon alle Zeichen einer neuen Zeit. Dagegen scheint uns der Krieg von 1870/71 wie ein kurzes Gewitter. Nicht einmal zehn Monate vergingen zwischen der Kriegserklärung am 19. Juli 1870 und dem Friedenschluss am 10. Mai 1871. Dazwischen lagen Schlachten, die wie in ältesten Zeiten in einem Tag geschlagen waren: Wörth und Spichern, Gravelotte, Mars-la-Tour und zuletzt Sedan. Das Bild in der deutschen Erinnerung ist das eines schnellen, glänzenden Erfolgs. Doch nach Sedan und der Gefangennahme Napoleons III. war zwar das französische Zweite Kaiserreich geschlagen, nicht aber Frankreich. Es folgten Monate verlustreicher Kämpfe zwischen deutschen Armeen und Truppen der französischen Republik in einem "Volkskrieg".
Den vor allem will Tobias Arand, Professor für Geschichte und ihre Didaktik an der PH Ludwigsburg, ins Licht rücken mit seinem Buch "1870/71. Die Geschichte des Deutsch-Französischen Krieges erzählt in Einzelschicksalen". Der Autor hat sich dabei "weniger ein wissenschaftliches Werk" vorgenommen als ein "Lesebuch im Wortsinne". Die "Einzelschicksale" sind aus der Spitze der Hierarchie genauso wie aus dem Gros der Bevölkerung genommen, von Deutschen und Franzosen, wobei Letztere allerdings nur etwa ein Viertel ausmachen. Dabei arbeitet der Autor nicht allein mit Auszügen aus Briefen, Tagebüchern und dergleichen. Vielmehr schildert er auch, was die von ihm ausgewählten Akteure tun und leiden, und skizziert den Fortgang des historischen Prozesses. Quellenzitate sind immer nur ein Teil seiner Darstellung.
Die Orientierung an einzelnen Personen ist zunächst ein Trick, das Interesse des Lesers zu wecken; Biographisches ist gängig. Aber es liegt in dieser Darstellung auch die Möglichkeit, die Komplexität und Widersprüchlichkeit des Geschehens zu zeigen. Und so macht der Leser doch erhebliche Erkenntnisgewinne. Dass der Krieg schrecklich ist, das hat man auch früher schon gewusst. Aber was es heißt, dass es bei der Versorgung der Verwundeten an Narkose- und Schmerzmitteln fehlt, das will genauer beschrieben sein. Auch die Gesunden litten, an Hunger vor allem. Der frühe Sommer 1870 war extrem trocken gewesen und die Ernte schlecht. Weil ein Krieg kaum zu planen ist, auch nicht für den so systematisch vorgehenden preußischen Generalstab - was dessen Chef Helmuth von Moltke von vornherein klar ist -, konnte die Versorgung der Truppen nicht reibungslos funktionieren. Die Requirierung von Lebensmitteln durch die deutschen Armeen sollte streng rechtmäßig vonstattengehen, doch die ruppige Art vieler Heeresbeamten sorgte für böses Blut.
Oft werden die deutschen Siege vor allem auf die überlegene Planung zurückgeführt, aber die bessere Führung hatte nicht allein damit zu tun. Die "Auftragstaktik", die Art der Führung, die den örtlichen Offizieren die Aufgaben nennt und ihnen freie Hand in der Wahl der Mittel lässt, ermöglichte die notwendige Flexibilität und Initiative, begünstigte aber auch eine besondere Bravour, die immer wieder mit großen, ja schrecklichen Verlusten einherging. Die Kämpfe, so bei Saint-Privat, gehen bis in die persönliche Raserei. Ein Zeuge spricht von dem Moment, "wo das Menschenherz nur noch das Elementare will, den Stein, die Keule, und Zündnadel und Chassepot (preußisches und französisches Infanteriegewehr) wie bloße Nippsachen beiseite wirft". Französische Zivilisten vergreifen sich nach der Schlacht an wehrlosen Verwundeten, das preußische Militär rächt das schrecklich. Das tastet auch das Selbstgefühl der Offiziere an, die sich für Vertreter einer zivilisierten Nation halten. Der preußische König Wilhelm I. und sein Sohn sind schockiert.
Es ist ein Vorzug Arands, dass er den Krieg auch von dessen moralisch schäbiger Seite zeigt, ohne es sich zu einfach mit der Verurteilung der Beteiligten zu machen. Merkwürdig allerdings, dass er immer mal wieder davon redet, dass auf den Schlachtfelder die einfachen Soldaten für die Interessen der Elite verbluten, obwohl er nicht weniger oft betont, dass die Verluste unter den Offizieren ähnlich hoch sind. Der Sohn des preußischen Kriegsministers Roon fällt, und Bismarck kommt aus der Angst um seine Söhne nicht heraus; dass einer von ihnen eine schwere Verwundung überlebt, ist ein Glücksfall.
Mit dem Revolutionszeitalter hat die ideologische Aufladung der Kriege begonnen, 1870/71 macht da keine Ausnahme. Auch wo es Reserven gibt wie in Bayern, entwickelt sich rasch ein gemeinsames Nationalgefühl. Die Überquerung des Rheins, meist mit der Eisenbahn, löst bei den Truppen regelmäßig patriotische Empfindungen aus. Entsprechendes gilt für die französische Seite. Dazu gehört die weitere Steigerung der Feindseligkeit. Die Entlassung von Offizieren auf Ehrenwort - dem Versprechen, sich nicht mehr an Kampfhandlungen zu beteiligen - ist eigentlich überholt, die Offiziere fühlen sich mehr der Nation verpflichtet als ihrem gegebenen Wort.
Vor allem in der zweiten Phase des Kriegs nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs bei Sedan zeigt sich die Stärke der nationalen Empfindung. Der Volkskrieg der Franzosen mitsamt den Aktivitäten der Freischärler (Franctireurs) setzt ein, erfolglos, auch erkennbar sinnlos, aber nicht einfach aufzugeben. Die deutschen Soldaten reagieren verbittert auf diese Verlängerung des Kriegs. Sie halten die Sache für entschieden, und nun geht es doch weiter, in Kälte, Nässe, Schnee. Moltke sieht in diesem Versuch, die nationale Ehre um jeden Preis zu verteidigen, nur unnötige Opfer, der Krieg nehme "einen immer gehässigeren Charakter an. Schlimm genug, wenn sich die Armeen zerfleischen müssen; man führe doch nicht die Völker gegeneinander, das ist kein Fortschritt, sondern ein Rückschritt zur Barbarei." Dem sind wir heute geneigt zuzustimmen. Aber dass es Angehörige der Elite waren, die so dachten, Moltke und Bismarck, der König und der Kronprinz, das hat etwas Irritierendes.
STEPHAN SPEICHER
Tobias Arand: "1870/71". Die Geschichte des Deutsch-Französischen Krieges erzählt in Einzelschicksalen.
Osburg Verlag, Hamburg 2018. 693 S., geb., 30,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Als der Patriotismus in Hass und grimmige Feindbilder vom Nachbarn ausartete: Tobias Arand führt den Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 in biographischen Einzelaufnahmen vor Augen
Der Deutsch-Französische Krieg 1870/71 erscheint oft wie ein letzter vormoderner Krieg. Womöglich auch deshalb hat er in den letzten Jahren, sieht man von einer Pariser Ausstellung im Sommer 2017 ab (F.A.Z. vom 6. Juni 2017), wenig allgemeine Aufmerksamkeit gefunden. Der Erste Weltkrieg hat schon alle Zeichen einer neuen Zeit. Dagegen scheint uns der Krieg von 1870/71 wie ein kurzes Gewitter. Nicht einmal zehn Monate vergingen zwischen der Kriegserklärung am 19. Juli 1870 und dem Friedenschluss am 10. Mai 1871. Dazwischen lagen Schlachten, die wie in ältesten Zeiten in einem Tag geschlagen waren: Wörth und Spichern, Gravelotte, Mars-la-Tour und zuletzt Sedan. Das Bild in der deutschen Erinnerung ist das eines schnellen, glänzenden Erfolgs. Doch nach Sedan und der Gefangennahme Napoleons III. war zwar das französische Zweite Kaiserreich geschlagen, nicht aber Frankreich. Es folgten Monate verlustreicher Kämpfe zwischen deutschen Armeen und Truppen der französischen Republik in einem "Volkskrieg".
Den vor allem will Tobias Arand, Professor für Geschichte und ihre Didaktik an der PH Ludwigsburg, ins Licht rücken mit seinem Buch "1870/71. Die Geschichte des Deutsch-Französischen Krieges erzählt in Einzelschicksalen". Der Autor hat sich dabei "weniger ein wissenschaftliches Werk" vorgenommen als ein "Lesebuch im Wortsinne". Die "Einzelschicksale" sind aus der Spitze der Hierarchie genauso wie aus dem Gros der Bevölkerung genommen, von Deutschen und Franzosen, wobei Letztere allerdings nur etwa ein Viertel ausmachen. Dabei arbeitet der Autor nicht allein mit Auszügen aus Briefen, Tagebüchern und dergleichen. Vielmehr schildert er auch, was die von ihm ausgewählten Akteure tun und leiden, und skizziert den Fortgang des historischen Prozesses. Quellenzitate sind immer nur ein Teil seiner Darstellung.
Die Orientierung an einzelnen Personen ist zunächst ein Trick, das Interesse des Lesers zu wecken; Biographisches ist gängig. Aber es liegt in dieser Darstellung auch die Möglichkeit, die Komplexität und Widersprüchlichkeit des Geschehens zu zeigen. Und so macht der Leser doch erhebliche Erkenntnisgewinne. Dass der Krieg schrecklich ist, das hat man auch früher schon gewusst. Aber was es heißt, dass es bei der Versorgung der Verwundeten an Narkose- und Schmerzmitteln fehlt, das will genauer beschrieben sein. Auch die Gesunden litten, an Hunger vor allem. Der frühe Sommer 1870 war extrem trocken gewesen und die Ernte schlecht. Weil ein Krieg kaum zu planen ist, auch nicht für den so systematisch vorgehenden preußischen Generalstab - was dessen Chef Helmuth von Moltke von vornherein klar ist -, konnte die Versorgung der Truppen nicht reibungslos funktionieren. Die Requirierung von Lebensmitteln durch die deutschen Armeen sollte streng rechtmäßig vonstattengehen, doch die ruppige Art vieler Heeresbeamten sorgte für böses Blut.
Oft werden die deutschen Siege vor allem auf die überlegene Planung zurückgeführt, aber die bessere Führung hatte nicht allein damit zu tun. Die "Auftragstaktik", die Art der Führung, die den örtlichen Offizieren die Aufgaben nennt und ihnen freie Hand in der Wahl der Mittel lässt, ermöglichte die notwendige Flexibilität und Initiative, begünstigte aber auch eine besondere Bravour, die immer wieder mit großen, ja schrecklichen Verlusten einherging. Die Kämpfe, so bei Saint-Privat, gehen bis in die persönliche Raserei. Ein Zeuge spricht von dem Moment, "wo das Menschenherz nur noch das Elementare will, den Stein, die Keule, und Zündnadel und Chassepot (preußisches und französisches Infanteriegewehr) wie bloße Nippsachen beiseite wirft". Französische Zivilisten vergreifen sich nach der Schlacht an wehrlosen Verwundeten, das preußische Militär rächt das schrecklich. Das tastet auch das Selbstgefühl der Offiziere an, die sich für Vertreter einer zivilisierten Nation halten. Der preußische König Wilhelm I. und sein Sohn sind schockiert.
Es ist ein Vorzug Arands, dass er den Krieg auch von dessen moralisch schäbiger Seite zeigt, ohne es sich zu einfach mit der Verurteilung der Beteiligten zu machen. Merkwürdig allerdings, dass er immer mal wieder davon redet, dass auf den Schlachtfelder die einfachen Soldaten für die Interessen der Elite verbluten, obwohl er nicht weniger oft betont, dass die Verluste unter den Offizieren ähnlich hoch sind. Der Sohn des preußischen Kriegsministers Roon fällt, und Bismarck kommt aus der Angst um seine Söhne nicht heraus; dass einer von ihnen eine schwere Verwundung überlebt, ist ein Glücksfall.
Mit dem Revolutionszeitalter hat die ideologische Aufladung der Kriege begonnen, 1870/71 macht da keine Ausnahme. Auch wo es Reserven gibt wie in Bayern, entwickelt sich rasch ein gemeinsames Nationalgefühl. Die Überquerung des Rheins, meist mit der Eisenbahn, löst bei den Truppen regelmäßig patriotische Empfindungen aus. Entsprechendes gilt für die französische Seite. Dazu gehört die weitere Steigerung der Feindseligkeit. Die Entlassung von Offizieren auf Ehrenwort - dem Versprechen, sich nicht mehr an Kampfhandlungen zu beteiligen - ist eigentlich überholt, die Offiziere fühlen sich mehr der Nation verpflichtet als ihrem gegebenen Wort.
Vor allem in der zweiten Phase des Kriegs nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs bei Sedan zeigt sich die Stärke der nationalen Empfindung. Der Volkskrieg der Franzosen mitsamt den Aktivitäten der Freischärler (Franctireurs) setzt ein, erfolglos, auch erkennbar sinnlos, aber nicht einfach aufzugeben. Die deutschen Soldaten reagieren verbittert auf diese Verlängerung des Kriegs. Sie halten die Sache für entschieden, und nun geht es doch weiter, in Kälte, Nässe, Schnee. Moltke sieht in diesem Versuch, die nationale Ehre um jeden Preis zu verteidigen, nur unnötige Opfer, der Krieg nehme "einen immer gehässigeren Charakter an. Schlimm genug, wenn sich die Armeen zerfleischen müssen; man führe doch nicht die Völker gegeneinander, das ist kein Fortschritt, sondern ein Rückschritt zur Barbarei." Dem sind wir heute geneigt zuzustimmen. Aber dass es Angehörige der Elite waren, die so dachten, Moltke und Bismarck, der König und der Kronprinz, das hat etwas Irritierendes.
STEPHAN SPEICHER
Tobias Arand: "1870/71". Die Geschichte des Deutsch-Französischen Krieges erzählt in Einzelschicksalen.
Osburg Verlag, Hamburg 2018. 693 S., geb., 30,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main