In seiner Monografie "1948. Der erste arabisch-israelische Krieg" beleuchtet Benny Morris die Hintergründe und Ereignisse, die zum Ende des Britischen Mandats in Palästina, zur Zersplitterung der arabisch-palästinensischen Gesellschaft und schließlich zur Geburt des Staates Israel führten. Im Fokus der Betrachtung steht dabei die unmittelbare Reaktion auf die Staatsgründung: der panarabische Angriffskrieg.Morris' akribische Auswertung der seit den 1980er Jahren zugänglichen israelischen und internationalen Archive ermöglicht einen klaren, dokumentarischen Blick auf die vielfach mythologisierte Geschichte des Krieges von 1948 und seine politischen wie militärischen Akteure. Gegen die mithin geschichtsvergessenen und ressentimentgeladenen Debatten um Israel und Palästina, um Zionismus und Vertreibung liefert dieses erstmals in deutscher Sprache erscheinende Buch somit die dringend benötigte historische Aufklärung.
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"Eine beeindruckende, hervorragend dokumentierte und faire Studie über die Ereignisse, die im Gefolge des Holocaust einem Volk eine souveräne Heimat gaben und ein anderes enteigneten. [...] Was an Morris' Arbeit als Historiker so bemerkenswert ist: dass sie niemandes Vorurteilen schmeichelt, am wenigsten seinen eigenen." David Remnick, New Yorker "Morris erzählt die Geschichte seines neuen Buches nüchtern und düster, unparteiisch und erschöpfend. [...] Ein maßgeblicher und fairer Bericht über ein epochales und brisantes Ereignis. Er hat dieses Ereignis mit schonungsloser Genauigkeit rekonstruiert." David Margolick, New York Times Book Review "Morris' Bericht erscheint bewundernswert, weil er keine Angst hat, beide Lager zu verärgern. [...] Sein Engagement für die Suche nach der historischen Wahrheit verdient ebenso viel Bewunderung wie seine Bestürzung über die arabische Unnachgiebigkeit Sympathie hervorruft. [...] Morris' Buch ist keine bloße militärische Erzählung, sondern eine knackige, lebendige Einführung in die historische Tragödie Palästinas." Max Hastings, Sunday Times "Wenn es darum geht, die Geschichte zu interpretieren, die sie 1947-49 gemeinsam erlebt haben, folgen Araber und Israelis zwei radikal unterschiedlichen Narrativen. [...] Eine der vielen Errungenschaften dieses bewundernswerten Buches besteht darin, dass es den Lesern zu verstehen hilft, warum jedes Narrativ eine solche Autorität besitzt und warum sie so hartnäckig unversöhnlich bleiben." Andrew Bacevich, Boston Globe
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Eine wichtige Studie über die Anfänge des heutigen Nahostkonflikts ist dieses Buch Benny Morris' laut Rezensentin Jenny Hestermann. Das ursprünglich 2008 erschienene Werk zeichnet Morris, lernen wir, die Ursprünge des Konflikts nach, es geht um Spannungen zwischen Juden, die bereits seit dem 19. Jahrhundert vermehrt im damaligen britischen Mandatsgebiet Palästinas siedelten, und Arabern, die erst im Widerstand gegen zionistische Bestrebungen eigene nationalistische Bewegungen etablierten. Die arabischen Eliten bekämpften, so Hestermann mit Morris, jeden Kompromiss, der auf jüdische Staatlichkeit hinauslaufen würde, außerdem weist der Autor auf antijüdische Pogrome bereits vor der israelischen Staatsgründung hin. Freilich gesteht der dem zionistischen Projekt insgesamt zugetane Morris ein, erfahren wir, dass es während des Bürgerkriegs 1947-48 von jüdischer Seite zu ethnischen Säuberungen kam. Insgesamt stellt Morris laut Hestermann den Konflikt als einen zwischen überlegener jüdisch-israelischer Planung und politisch schlecht organisierten, emotionalisierten Arabern dar. Komplett einverstanden ist die Rezensentin damit nicht, insgesamt jedoch hält sie das Buch für eine wichtige Darstellung der Hintergründe des aktuellen Konflikts.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.05.2024Der Wendepunkt
Der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern erscheint gerade unlösbarer denn je. Angesichts dessen ist ein Buch über die Anfänge sehr wichtig.
Das Jahr 1948 war ein Wendepunkt in der langen Geschichte des arabisch-zionistischen Konflikts. Die unterschiedlichen Narrative über die jüdische Staatsgründung und die Flucht und Vertreibung der Palästinenser sind derzeit umstrittener denn je. Benny Morris war einer der ersten israelischen sogenannten Neuen Historiker, die in den 1980er- Jahren die Aufarbeitung der Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948 als kritische Geschichtsschreibung begonnen haben. Er selbst hatte 1969 während seines Militärdienstes im Abnutzungskrieg zwischen Israel und Ägypten eine Verletzung erlitten, hielt Ende der 1980er-Jahre die erste Intifada für einen legitimen Kampf gegen die Besatzung und ging für seine Verweigerung zu dienen sogar kurzzeitig ins Gefängnis.
Nach dem Scheitern des Osloer Friedensprozesses in den 1990er-Jahren und der Zweiten Intifada hat Morris 2008 ein neues Buch vorgelegt, das nun erstmals ins Deutsche übersetzt wurde. Diesem liegt unverkennbar ein historisch-zionistisches Motiv zugrunde, verstanden als die Anerkennung des Anspruchs des jüdischen Volkes auf seinen eigenen Staat.
Auf knapp 600 Seiten analysiert Morris zunächst die Vorgeschichte des Konflikts um den Landstreifen in der Levante seit dem späten 19. Jahrhundert und die Rolle der britischen Mandatsherren bis 1948. In sechs Kapiteln untersucht er den Bürgerkrieg im Mandatsgebiet Palästina (November 1947 - Mai 1948) und den Zeitraum nach der arabischen Invasion ab dem 15. Mai 1948 mit allen Militäroperationen und Waffenstillständen.
So sieht er den Krieg von 1948 als fast unvermeidliches Resultat von über einem halben Jahrhundert arabisch-jüdischer Zusammenstöße und Konflikte. Seit dem späten 19. Jahrhundert hatten die Juden Europas ihr angestammtes Land wieder besiedelt - und damit gleichzeitig den arabischen Einwohnern weggenommen, wie Morris die Einsicht von Ministerpräsident David Ben Gurion paraphrasiert.
Die Idee einer eigenständigen palästinensischen Nation formte sich erst als Idee zur Abgrenzung von der Idee jüdischer Eigenstaatlichkeit. Der palästinensisch-arabische Nationalismus sei so vor allem von muslimisch-religiöser Rhetorik und Angst vor dem Zionismus getrieben, während bis 1948 die Loyalitäten entlang von Familien-, Clan- und Regionalgrenzen verlaufen seien. Ein Großteil des Landes im osmanischen Palästina sowie im britischen Mandatsgebiet wurde freiwillig an die jüdischen Einwanderer verkauft, nicht zwangsenteignet. Auch hätten die zionistischen Führer immer wieder versucht, Kompromisse zur Landaufteilung zu finden - was unmöglich blieb wegen der "alles oder nichts" Haltung der arabischen Elite. Über einen Zeitraum von etwa fünf Jahrzehnten baute sich der Jischuv dennoch unbeirrbar Infrastruktur auf - ein Gesundheitssystem, Gewerkschaften, Universitäten, international agierende Institutionen.
Auch den Teilungsplan der britischen Peel-Kommission 1937, demzufolge die Juden 20 Prozent und die Araber mehr als 70 Prozent bekommen sollten, während weniger als zehn Prozent bei den Briten verbleiben sollten, lehnte die palästinensische Führung ab. Sie forderte, "ganz Palästina müsse ihnen gehören". Von da an gab auch Großbritannien seine Vermittlungsversuche auf und überließ das Problem nach dem Zweiten Weltkrieg den Vereinten Nationen. Im Schatten des Holocaust unterstützte die internationale Öffentlichkeit weitgehend einen jüdischen Staat. Zudem organisierte effiziente jüdisch-zionistische Lobbyarbeit Waffen und Finanzmittel in aller Welt, vorrangig in den USA. Mit Ausnahme Jordaniens versäumten es hingegen die arabischen Staaten, Vorräte an Waffen, Munition und Ersatzteilen anzulegen und waren im Mai 1948 von der Schlagkraft der jüdischen Armee überrascht.
Auch der Idee einer panarabischen Einheit widerspricht Morris: Der Arabische Nahe Osten war nach dem Krieg in zwei antagonistische Blöcke geteilt: Ägypten, Syrien und Saudi-Arabien versus Jordanien und Irak. Statt Kooperation herrschten Inkompetenz, Armut und Misstrauen. Jordanien wollte den jüdischen Staat akzeptieren, sich aber die Westbank und Ostjerusalem sichern.
Der unmittelbare Auslöser für den Krieg war der Teilungsplan der UN-Generalversammlung vom November 1947. Die zionistische Bewegung akzeptierte den Vorschlag, obwohl das historische Kernland des jüdischen Volkes fehlte (das judäische Bergland, also das heutige Westjordanland). Die arabische Welt lehnte wie 1937 ab und prangerte die Methoden der Zionisten an, die mit "Versprechungen, Drohungen und Täuschungen" die Zweidrittelmehrheit in der UN-Abstimmung 1947 erreicht hätten.
Bereits während des folgenden Bürgerkrieges 1947/1948 wurden 75.000 bis 100.000 Araber vertrieben, mehrere Tausend kamen ums Leben. Ein Großteil sei aber auch von ihren Führern zur Flucht ermutigt worden, um nicht unter jüdischer Herrschaft zu leben. Morris widerspricht damit einem oft postulierten zionistischen Masterplan einer Vertreibung aller Araber. Er sieht eher eine kumulative Entwicklung, wo Entscheidungen über einzelne Dörfer getroffen wurden. Er verschweigt allerdings auch nicht, dass es tatsächlich ethnische Säuberungsaktionen gab, die genau so genannt wurden (Mivza Nikajon). So hatte Ben Gurion der Armee den Auftrag gegeben, für eine möglichst schnelle ethnische Reinigung (Tihur) der eroberten Gebiete zu sorgen. Kibbuzim im Süden und Norden wurden als Grenzsicherung gebaut.
Ausschlaggebend für den Ausgang des 1948-er Krieges war laut Morris, dass die arabische Seite demoralisiert und unorganisiert war, während eine hochmotivierte jüdische Armee um Leben und Tod kämpfte. Überbordende Wut und Emotionen in den arabischen Gesellschaften über das zionistische Projekt brachten die Staatsoberhäupter erst zum Kriegseintritt, obwohl sie keine funktionsfähigen Armeen hatten. Wenig kriegswillige arabische Regierungen kapitulierten so vor dem Druck ihrer jeweiligen "Straße".
Auch die Geschichte der Vertreibung der alteingesessenen jüdischen Gemeinden in Nordafrika und dem Nahen Osten infolge der jüdischen Eigenstaatlichkeit findet Erwähnung, darunter das Farhud-Massaker an den irakischen Juden (1941), die in der Geschichtsschreibung um 1948 leider oft unterschlagen werden.
Morris gelingen immer wieder die Perspektivwechsel von sehr detaillierter Beschreibung der militärischen Vorgänge zur Rolle und dem Engagement internationaler Akteure. Seine Grundthese ist dabei allerdings bisweilen die Vorstellung einer rationalen Überlegenheit der jüdisch-zionistischen Seite gegenüber allzu emotionalen Arabern.
Dennoch ist Morris' Buch ein Standardwerk für die tatsächlichen Geschehnisse um das von beiden Seiten mit starker Emotionalität belegte Jahr 1947/1948. Es hat seit seiner Ersterscheinung nicht an Forschungsstand und Aktualität eingebüßt. JENNY HESTERMANN
Benny Morris: 1948. Der erste arabisch- israelische Krieg.
Hentrich & Hentrich Verlag, Leipzig 2023. 646 S., 32,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern erscheint gerade unlösbarer denn je. Angesichts dessen ist ein Buch über die Anfänge sehr wichtig.
Das Jahr 1948 war ein Wendepunkt in der langen Geschichte des arabisch-zionistischen Konflikts. Die unterschiedlichen Narrative über die jüdische Staatsgründung und die Flucht und Vertreibung der Palästinenser sind derzeit umstrittener denn je. Benny Morris war einer der ersten israelischen sogenannten Neuen Historiker, die in den 1980er- Jahren die Aufarbeitung der Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948 als kritische Geschichtsschreibung begonnen haben. Er selbst hatte 1969 während seines Militärdienstes im Abnutzungskrieg zwischen Israel und Ägypten eine Verletzung erlitten, hielt Ende der 1980er-Jahre die erste Intifada für einen legitimen Kampf gegen die Besatzung und ging für seine Verweigerung zu dienen sogar kurzzeitig ins Gefängnis.
Nach dem Scheitern des Osloer Friedensprozesses in den 1990er-Jahren und der Zweiten Intifada hat Morris 2008 ein neues Buch vorgelegt, das nun erstmals ins Deutsche übersetzt wurde. Diesem liegt unverkennbar ein historisch-zionistisches Motiv zugrunde, verstanden als die Anerkennung des Anspruchs des jüdischen Volkes auf seinen eigenen Staat.
Auf knapp 600 Seiten analysiert Morris zunächst die Vorgeschichte des Konflikts um den Landstreifen in der Levante seit dem späten 19. Jahrhundert und die Rolle der britischen Mandatsherren bis 1948. In sechs Kapiteln untersucht er den Bürgerkrieg im Mandatsgebiet Palästina (November 1947 - Mai 1948) und den Zeitraum nach der arabischen Invasion ab dem 15. Mai 1948 mit allen Militäroperationen und Waffenstillständen.
So sieht er den Krieg von 1948 als fast unvermeidliches Resultat von über einem halben Jahrhundert arabisch-jüdischer Zusammenstöße und Konflikte. Seit dem späten 19. Jahrhundert hatten die Juden Europas ihr angestammtes Land wieder besiedelt - und damit gleichzeitig den arabischen Einwohnern weggenommen, wie Morris die Einsicht von Ministerpräsident David Ben Gurion paraphrasiert.
Die Idee einer eigenständigen palästinensischen Nation formte sich erst als Idee zur Abgrenzung von der Idee jüdischer Eigenstaatlichkeit. Der palästinensisch-arabische Nationalismus sei so vor allem von muslimisch-religiöser Rhetorik und Angst vor dem Zionismus getrieben, während bis 1948 die Loyalitäten entlang von Familien-, Clan- und Regionalgrenzen verlaufen seien. Ein Großteil des Landes im osmanischen Palästina sowie im britischen Mandatsgebiet wurde freiwillig an die jüdischen Einwanderer verkauft, nicht zwangsenteignet. Auch hätten die zionistischen Führer immer wieder versucht, Kompromisse zur Landaufteilung zu finden - was unmöglich blieb wegen der "alles oder nichts" Haltung der arabischen Elite. Über einen Zeitraum von etwa fünf Jahrzehnten baute sich der Jischuv dennoch unbeirrbar Infrastruktur auf - ein Gesundheitssystem, Gewerkschaften, Universitäten, international agierende Institutionen.
Auch den Teilungsplan der britischen Peel-Kommission 1937, demzufolge die Juden 20 Prozent und die Araber mehr als 70 Prozent bekommen sollten, während weniger als zehn Prozent bei den Briten verbleiben sollten, lehnte die palästinensische Führung ab. Sie forderte, "ganz Palästina müsse ihnen gehören". Von da an gab auch Großbritannien seine Vermittlungsversuche auf und überließ das Problem nach dem Zweiten Weltkrieg den Vereinten Nationen. Im Schatten des Holocaust unterstützte die internationale Öffentlichkeit weitgehend einen jüdischen Staat. Zudem organisierte effiziente jüdisch-zionistische Lobbyarbeit Waffen und Finanzmittel in aller Welt, vorrangig in den USA. Mit Ausnahme Jordaniens versäumten es hingegen die arabischen Staaten, Vorräte an Waffen, Munition und Ersatzteilen anzulegen und waren im Mai 1948 von der Schlagkraft der jüdischen Armee überrascht.
Auch der Idee einer panarabischen Einheit widerspricht Morris: Der Arabische Nahe Osten war nach dem Krieg in zwei antagonistische Blöcke geteilt: Ägypten, Syrien und Saudi-Arabien versus Jordanien und Irak. Statt Kooperation herrschten Inkompetenz, Armut und Misstrauen. Jordanien wollte den jüdischen Staat akzeptieren, sich aber die Westbank und Ostjerusalem sichern.
Der unmittelbare Auslöser für den Krieg war der Teilungsplan der UN-Generalversammlung vom November 1947. Die zionistische Bewegung akzeptierte den Vorschlag, obwohl das historische Kernland des jüdischen Volkes fehlte (das judäische Bergland, also das heutige Westjordanland). Die arabische Welt lehnte wie 1937 ab und prangerte die Methoden der Zionisten an, die mit "Versprechungen, Drohungen und Täuschungen" die Zweidrittelmehrheit in der UN-Abstimmung 1947 erreicht hätten.
Bereits während des folgenden Bürgerkrieges 1947/1948 wurden 75.000 bis 100.000 Araber vertrieben, mehrere Tausend kamen ums Leben. Ein Großteil sei aber auch von ihren Führern zur Flucht ermutigt worden, um nicht unter jüdischer Herrschaft zu leben. Morris widerspricht damit einem oft postulierten zionistischen Masterplan einer Vertreibung aller Araber. Er sieht eher eine kumulative Entwicklung, wo Entscheidungen über einzelne Dörfer getroffen wurden. Er verschweigt allerdings auch nicht, dass es tatsächlich ethnische Säuberungsaktionen gab, die genau so genannt wurden (Mivza Nikajon). So hatte Ben Gurion der Armee den Auftrag gegeben, für eine möglichst schnelle ethnische Reinigung (Tihur) der eroberten Gebiete zu sorgen. Kibbuzim im Süden und Norden wurden als Grenzsicherung gebaut.
Ausschlaggebend für den Ausgang des 1948-er Krieges war laut Morris, dass die arabische Seite demoralisiert und unorganisiert war, während eine hochmotivierte jüdische Armee um Leben und Tod kämpfte. Überbordende Wut und Emotionen in den arabischen Gesellschaften über das zionistische Projekt brachten die Staatsoberhäupter erst zum Kriegseintritt, obwohl sie keine funktionsfähigen Armeen hatten. Wenig kriegswillige arabische Regierungen kapitulierten so vor dem Druck ihrer jeweiligen "Straße".
Auch die Geschichte der Vertreibung der alteingesessenen jüdischen Gemeinden in Nordafrika und dem Nahen Osten infolge der jüdischen Eigenstaatlichkeit findet Erwähnung, darunter das Farhud-Massaker an den irakischen Juden (1941), die in der Geschichtsschreibung um 1948 leider oft unterschlagen werden.
Morris gelingen immer wieder die Perspektivwechsel von sehr detaillierter Beschreibung der militärischen Vorgänge zur Rolle und dem Engagement internationaler Akteure. Seine Grundthese ist dabei allerdings bisweilen die Vorstellung einer rationalen Überlegenheit der jüdisch-zionistischen Seite gegenüber allzu emotionalen Arabern.
Dennoch ist Morris' Buch ein Standardwerk für die tatsächlichen Geschehnisse um das von beiden Seiten mit starker Emotionalität belegte Jahr 1947/1948. Es hat seit seiner Ersterscheinung nicht an Forschungsstand und Aktualität eingebüßt. JENNY HESTERMANN
Benny Morris: 1948. Der erste arabisch- israelische Krieg.
Hentrich & Hentrich Verlag, Leipzig 2023. 646 S., 32,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.03.2024Nakba und Frohlocken
Benny Morris entlarvt mit seiner schonungslosen Schilderung des Krieges von 1948 einige Mythen der zionistischen Geschichtsschreibung.
Am späten Abend des 14. Mai 1948 notierte David Ben Gurion in sein Tagebuch: „Jubel und Freude im Lande. Wieder, wie am 29. November 1947, ich bin ein Trauernder unter Frohlockenden.“ Die Trauer, von der er hier sprach, bezog sich auf die bereits Gefallenen des Krieges; die Freude mag auch seinem Bonmot geschuldet sein, das er einmal von sich gegeben hatte und lautet: „Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.“ Dieses prophetische „Wunder“ war an diesem 14. Mai 1948 für die jüdische Welt Wirklichkeit geworden – Ben Gurion hatte am Nachmittag den Medinat Jisrael, den Judenstaat Israel, proklamiert.
Am 29. November 1947 hatte die UN-Vollversammlung mit einer Majorität von mehr als zwei Dritteln der Mitgliedsstaaten beschlossen, Palästina in einen arabisch-palästinensischen und einen jüdischen Staat zu teilen. Arabische Sprecher betonten, „nicht für den Holocaust bezahlen“ zu wollen, und kündigten an: „Es ist der feste und eindeutige Wille der Araber, keine Lösung in Betracht zu ziehen, die den Verlust ihrer Souveränität auch nur über irgendeinen Teil ihres Landes bedeuten würde.“ Für die Juden indes bedeutete der UN-Beschluss 181, dass ihnen ebendieses Recht auf die Erneuerung ihrer Souveränität endlich zuerkannt worden war. Schon am Tag nach dem Teilungsbeschluss begannen die antijüdische Unruhen in der gesamten arabischen Welt, die alles bis dahin Gewesene in den Schatten stellten. Dem Mob war die Straße überlassen, die Pogrome in Kairo, Aden und Aleppo sind nur die bekanntesten.
Die arabische Antwort auf die israelische Unabhängigkeitserklärung ließ ebenfalls nicht lange auf sich warten. Radio London meldete in seiner Spätsendung am 14. Mai 1948, die arabischen Staaten seien im Begriff, von allen Seiten in Palästina einzudringen. Ein großer Teil der Arabischen Legion, ausgestattet mit Waffen, die die Engländer geliefert hatten, stehe bereits auf palästinensischem Boden. Im Norden begannen syrisch-libanesische Truppen gleichfalls ihren Vormarsch über die Grenze. Fünf arabische Staaten führten unter Missachtung der UN-Resolution einen Angriffskrieg gegen das jüdische Gemeinwesen in Palästina.
An Schabbatmorgen, 15. Mai 1948, fielen Bomben auf Tel Aviv. Mehrere Spitfires kreisten über der Stadt. Überall im Lande kam es zu Bombenanschlägen und Überfällen auf jüdische Siedlungen. Abdel Rahman Azzam, Generalsekretär der Arabischen Liga, verkündete: „Dies wird ein Krieg der Vernichtung sein und ein enormes Massaker, von dem man noch ähnlich sprechen wird wie von den Massakern der Mongolen.“ Rufe wie „Idbah al Yahud“ („Schlachtet die Juden“!) waren allenthalben auf Straßendemonstrationen in Jaffa, Kairo, Damaskus und Bagdad und selbst in Pakistan zu hören.
Der erste arabisch-israelische Krieg, so der Untertitel von Benny Morris’ 2008 im Original und nun in deutscher Erstausgabe erschienenem Buch, ist für das Verständnis des aktuellen Kriegs der Israelis gegen die Hamas im Gazastreifen von fundamentaler Bedeutung.
Morris, Emeritus der Ben-Gurion-Universität in Beer Sheva, ist einer der „Neuen Historiker“, die seit den 1980er-Jahren die Historiografie Israels mitbestimmen. Ihr gemeinsames Ziel ist es, die gängige Geschichte Israels und des Zionismus einer Revision zu unterziehen. „Neu“ bedeutet auch, bislang nicht frei zugängliche Archivalien heranzuziehen – auch britische und amerikanische. Morris’ prall mit 644 Seiten Geschichte gefüllte Studie ist eine schonungslose Analyse, die für beide Seiten schmerzhaft ist. Er widerspricht dem traditionellen zionistischen Narrativ, beschönigt nichts, hinterfragt wohlbekannte Mythen, die hierzulande auch einer antisemitisch motivierte Täter-Opfer-Umkehr dienen, in der Absicht, aus Israelis in ihrem Umgang mit den Palästinensern die Nazis von heute zu machen. Nach 1947/48 neigten die Israelis dazu, die „Unschuld der Waffen“ ihrer Soldaten und Milizionäre zu loben und sie der arabischen Barbarei gegenüberzustellen, die sich gelegentlich in der Verstümmelung der Leichen jüdischer Gefangener Bahn gebrochen hatte.
Im Laufe ihres Unabhängigkeitskrieges sahen sich die Israelis militärisch gezwungen, schreibt Benny Morris, Araber aus Dörfern zu vertreiben, für die Araber ein nationales Unglück, was die Palästinenser in ihrem Sprachgebrauch „Nakba“ nennen. Den Archivalien entnahm er, dass der Prozess von Flucht und Vertreibung nicht ideologisch motiviert, nicht dogmatisch festgelegt war, sondern sich „evolutionär entlang des Kriegsgeschehens“ entwickelt habe. Die staatspolitisch unterstützte israelische Geschichtsschreibung sagt, dass alle 700 000 Palästinenser im Krieg 1948 ihre Häuser freiwillig verlassen hätten. Die sich „neue“ Historiker nennenden israelischen Geschichtswissenschaftler sagen, dass ein Teil als Flüchtlinge gewaltsam von israelischen Milizen vertrieben wurde. Und als arabische Führer begannen, die Flüchtlinge zur Rückkehr in ihre Häuser zu drängen, und gleichzeitig drohten, die jüdische Gemeinschaft zu zerstören, so Morris, ließ es den Israelis wenig Spielraum für Fehler oder humanitäre Bedenken. In Morris’ Worten: Der arabische „Vertreibungswahn“ schürte das zionistische „Vertreibungsdenken“. Eine „beträchtliche muslimisch-arabische“ Minderheit sei an ihrem Platz geblieben, eine Minderheit, die in der Gegenwart 20 Prozent der israelischen Bevölkerung ausmache.
Die arabischen Staaten weigerten sich indes, die Flüchtlinge aufzunehmen. Dabei war ihnen klar, dass sie durch die Aufrechterhaltung des Flüchtlingsstatus eine verbitterte, verarmte palästinensische Gemeinschaft verstetigten. Die Existenz von Flüchtlingslagern war und ist ein probates Propagandawerkzeug, das am humanen Image Israels kratzt. Andererseits schuf der 1948er-Krieg ein zweites großes Flüchtlingsproblem: Etwa 600 000 in der arabischen Welt lebende Juden mussten unter Zurücklassung ihres Eigentums vor entfesselten Gewaltausbrüchen ihre Heimat verlassen, wurden vertrieben, der Großteil gelangte nach Israel.
Der Krieg 1948 endete mit Waffenstillstandsabkommen, von denen kein einziges das Ziel „Frieden“ zum Thema hatte. Die Araber zeigten sich angesichts der Demütigungen der Niederlage unwillig, mit dem in ihrer Mitte entstandenen Staat Israel Frieden zu schließen. Die einzigen arabischen Führer, die ernsthaft Friedensverhandlungen geführt haben – König Abdallah von Jordanien und Ägyptens Anwar al-Sadat – wurden ermordet. Zwar unterzeichneten Ägypten und Jordanien Friedensverträge mit Israel, doch die arabische Welt – der Mann auf der Straße, der Intellektuelle in seinem Turm, der Soldat in seinem Unterstand – weigerte sich, die Existenz Israels zu akzeptieren. Die Araber sind nie von der Maximalforderung, einen palästinensischen Staat vom Jordan bis zum Mittelmeer zu errichten, abgerückt.
Obwohl nur teilweise verwirklicht, gilt die UN-Resolution von 1947 bis heute als völkerrechtliche Legitimation sowohl des Staates Israel als auch des palästinensischen Rechtsanspruchs auf einen eigenen Staat. Die Ansprüche der beiden Völker besitzen Gültigkeit und sind doch völlig unvereinbar. Ohne Rücksicht auf die historischen Ursachen des Konflikts, das Recht und das Unrecht, die Versprechen und Gegenversprechen ist es Realität, dass Juden und Araber in einem Land leben und sich nicht mit der nahöstlichen Ordnung abzufinden vermögen.
LUDGER HEID
Ludger Heid ist Neuzeithistoriker. Er lebt in Duisburg.
Die Arabische Liga warnte:
„Dies wird ein Krieg
der Vernichtung sein.“
Die Analyse
ist für beide Seiten
schmerzhaft
Auf der Flucht: Im Krieg des Jahres 1948 wurden Hunderttausende Palästinenser aus ihren Häusern vertrieben.
Foto: Eidan David / dpa
Benny Morris:
1948. Der erste arabisch-israelische Krieg. Übersetzt von Johannes Bruns und Peter Kathmann. Verlag Hentrich & Hentrich, Leipzig 2024. 646 Seiten, 32 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Benny Morris entlarvt mit seiner schonungslosen Schilderung des Krieges von 1948 einige Mythen der zionistischen Geschichtsschreibung.
Am späten Abend des 14. Mai 1948 notierte David Ben Gurion in sein Tagebuch: „Jubel und Freude im Lande. Wieder, wie am 29. November 1947, ich bin ein Trauernder unter Frohlockenden.“ Die Trauer, von der er hier sprach, bezog sich auf die bereits Gefallenen des Krieges; die Freude mag auch seinem Bonmot geschuldet sein, das er einmal von sich gegeben hatte und lautet: „Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.“ Dieses prophetische „Wunder“ war an diesem 14. Mai 1948 für die jüdische Welt Wirklichkeit geworden – Ben Gurion hatte am Nachmittag den Medinat Jisrael, den Judenstaat Israel, proklamiert.
Am 29. November 1947 hatte die UN-Vollversammlung mit einer Majorität von mehr als zwei Dritteln der Mitgliedsstaaten beschlossen, Palästina in einen arabisch-palästinensischen und einen jüdischen Staat zu teilen. Arabische Sprecher betonten, „nicht für den Holocaust bezahlen“ zu wollen, und kündigten an: „Es ist der feste und eindeutige Wille der Araber, keine Lösung in Betracht zu ziehen, die den Verlust ihrer Souveränität auch nur über irgendeinen Teil ihres Landes bedeuten würde.“ Für die Juden indes bedeutete der UN-Beschluss 181, dass ihnen ebendieses Recht auf die Erneuerung ihrer Souveränität endlich zuerkannt worden war. Schon am Tag nach dem Teilungsbeschluss begannen die antijüdische Unruhen in der gesamten arabischen Welt, die alles bis dahin Gewesene in den Schatten stellten. Dem Mob war die Straße überlassen, die Pogrome in Kairo, Aden und Aleppo sind nur die bekanntesten.
Die arabische Antwort auf die israelische Unabhängigkeitserklärung ließ ebenfalls nicht lange auf sich warten. Radio London meldete in seiner Spätsendung am 14. Mai 1948, die arabischen Staaten seien im Begriff, von allen Seiten in Palästina einzudringen. Ein großer Teil der Arabischen Legion, ausgestattet mit Waffen, die die Engländer geliefert hatten, stehe bereits auf palästinensischem Boden. Im Norden begannen syrisch-libanesische Truppen gleichfalls ihren Vormarsch über die Grenze. Fünf arabische Staaten führten unter Missachtung der UN-Resolution einen Angriffskrieg gegen das jüdische Gemeinwesen in Palästina.
An Schabbatmorgen, 15. Mai 1948, fielen Bomben auf Tel Aviv. Mehrere Spitfires kreisten über der Stadt. Überall im Lande kam es zu Bombenanschlägen und Überfällen auf jüdische Siedlungen. Abdel Rahman Azzam, Generalsekretär der Arabischen Liga, verkündete: „Dies wird ein Krieg der Vernichtung sein und ein enormes Massaker, von dem man noch ähnlich sprechen wird wie von den Massakern der Mongolen.“ Rufe wie „Idbah al Yahud“ („Schlachtet die Juden“!) waren allenthalben auf Straßendemonstrationen in Jaffa, Kairo, Damaskus und Bagdad und selbst in Pakistan zu hören.
Der erste arabisch-israelische Krieg, so der Untertitel von Benny Morris’ 2008 im Original und nun in deutscher Erstausgabe erschienenem Buch, ist für das Verständnis des aktuellen Kriegs der Israelis gegen die Hamas im Gazastreifen von fundamentaler Bedeutung.
Morris, Emeritus der Ben-Gurion-Universität in Beer Sheva, ist einer der „Neuen Historiker“, die seit den 1980er-Jahren die Historiografie Israels mitbestimmen. Ihr gemeinsames Ziel ist es, die gängige Geschichte Israels und des Zionismus einer Revision zu unterziehen. „Neu“ bedeutet auch, bislang nicht frei zugängliche Archivalien heranzuziehen – auch britische und amerikanische. Morris’ prall mit 644 Seiten Geschichte gefüllte Studie ist eine schonungslose Analyse, die für beide Seiten schmerzhaft ist. Er widerspricht dem traditionellen zionistischen Narrativ, beschönigt nichts, hinterfragt wohlbekannte Mythen, die hierzulande auch einer antisemitisch motivierte Täter-Opfer-Umkehr dienen, in der Absicht, aus Israelis in ihrem Umgang mit den Palästinensern die Nazis von heute zu machen. Nach 1947/48 neigten die Israelis dazu, die „Unschuld der Waffen“ ihrer Soldaten und Milizionäre zu loben und sie der arabischen Barbarei gegenüberzustellen, die sich gelegentlich in der Verstümmelung der Leichen jüdischer Gefangener Bahn gebrochen hatte.
Im Laufe ihres Unabhängigkeitskrieges sahen sich die Israelis militärisch gezwungen, schreibt Benny Morris, Araber aus Dörfern zu vertreiben, für die Araber ein nationales Unglück, was die Palästinenser in ihrem Sprachgebrauch „Nakba“ nennen. Den Archivalien entnahm er, dass der Prozess von Flucht und Vertreibung nicht ideologisch motiviert, nicht dogmatisch festgelegt war, sondern sich „evolutionär entlang des Kriegsgeschehens“ entwickelt habe. Die staatspolitisch unterstützte israelische Geschichtsschreibung sagt, dass alle 700 000 Palästinenser im Krieg 1948 ihre Häuser freiwillig verlassen hätten. Die sich „neue“ Historiker nennenden israelischen Geschichtswissenschaftler sagen, dass ein Teil als Flüchtlinge gewaltsam von israelischen Milizen vertrieben wurde. Und als arabische Führer begannen, die Flüchtlinge zur Rückkehr in ihre Häuser zu drängen, und gleichzeitig drohten, die jüdische Gemeinschaft zu zerstören, so Morris, ließ es den Israelis wenig Spielraum für Fehler oder humanitäre Bedenken. In Morris’ Worten: Der arabische „Vertreibungswahn“ schürte das zionistische „Vertreibungsdenken“. Eine „beträchtliche muslimisch-arabische“ Minderheit sei an ihrem Platz geblieben, eine Minderheit, die in der Gegenwart 20 Prozent der israelischen Bevölkerung ausmache.
Die arabischen Staaten weigerten sich indes, die Flüchtlinge aufzunehmen. Dabei war ihnen klar, dass sie durch die Aufrechterhaltung des Flüchtlingsstatus eine verbitterte, verarmte palästinensische Gemeinschaft verstetigten. Die Existenz von Flüchtlingslagern war und ist ein probates Propagandawerkzeug, das am humanen Image Israels kratzt. Andererseits schuf der 1948er-Krieg ein zweites großes Flüchtlingsproblem: Etwa 600 000 in der arabischen Welt lebende Juden mussten unter Zurücklassung ihres Eigentums vor entfesselten Gewaltausbrüchen ihre Heimat verlassen, wurden vertrieben, der Großteil gelangte nach Israel.
Der Krieg 1948 endete mit Waffenstillstandsabkommen, von denen kein einziges das Ziel „Frieden“ zum Thema hatte. Die Araber zeigten sich angesichts der Demütigungen der Niederlage unwillig, mit dem in ihrer Mitte entstandenen Staat Israel Frieden zu schließen. Die einzigen arabischen Führer, die ernsthaft Friedensverhandlungen geführt haben – König Abdallah von Jordanien und Ägyptens Anwar al-Sadat – wurden ermordet. Zwar unterzeichneten Ägypten und Jordanien Friedensverträge mit Israel, doch die arabische Welt – der Mann auf der Straße, der Intellektuelle in seinem Turm, der Soldat in seinem Unterstand – weigerte sich, die Existenz Israels zu akzeptieren. Die Araber sind nie von der Maximalforderung, einen palästinensischen Staat vom Jordan bis zum Mittelmeer zu errichten, abgerückt.
Obwohl nur teilweise verwirklicht, gilt die UN-Resolution von 1947 bis heute als völkerrechtliche Legitimation sowohl des Staates Israel als auch des palästinensischen Rechtsanspruchs auf einen eigenen Staat. Die Ansprüche der beiden Völker besitzen Gültigkeit und sind doch völlig unvereinbar. Ohne Rücksicht auf die historischen Ursachen des Konflikts, das Recht und das Unrecht, die Versprechen und Gegenversprechen ist es Realität, dass Juden und Araber in einem Land leben und sich nicht mit der nahöstlichen Ordnung abzufinden vermögen.
LUDGER HEID
Ludger Heid ist Neuzeithistoriker. Er lebt in Duisburg.
Die Arabische Liga warnte:
„Dies wird ein Krieg
der Vernichtung sein.“
Die Analyse
ist für beide Seiten
schmerzhaft
Auf der Flucht: Im Krieg des Jahres 1948 wurden Hunderttausende Palästinenser aus ihren Häusern vertrieben.
Foto: Eidan David / dpa
Benny Morris:
1948. Der erste arabisch-israelische Krieg. Übersetzt von Johannes Bruns und Peter Kathmann. Verlag Hentrich & Hentrich, Leipzig 2024. 646 Seiten, 32 Euro.
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