Protest war die Parole
Die Chiffre "68" steht für ein Jahrzehnt der Rebellion. Nicht nur in der Bundesrepublik, in ganz Europa und rund um den Globus war eine kritische Jugend damals auf den Straßen, einen kurzen Sommer lang sogar hinter dem Eisernen Vorhang.
Norbert Frei sieht die Anfänge der weltweiten Bewegung in den USA. Im Kampf um die Gleichberechtigung der Schwarzen entstanden dort schon seit den fünfziger Jahren die später prägenden Formen des Protests: Sit-ins, Go-ins, Happenings. Doch so sehr sich die Bilder glichen - unterschiedliche Gründe speisten die Unruhe einer ganzen Generation. In Deutschland war die "unbewältigte Vergangenheit" eine wesentliche Antriebskraft, in Frankreich war es der Verdruss an den neuen Universitäten. In England stand die Pop-Kultur im Vordergrund, und überall war der Protest gegen den Vietnamkrieg ein brennendes Motiv. 1968 hatte viele Gesichter.
Die Chiffre "68" steht für ein Jahrzehnt der Rebellion. Nicht nur in der Bundesrepublik, in ganz Europa und rund um den Globus war eine kritische Jugend damals auf den Straßen, einen kurzen Sommer lang sogar hinter dem Eisernen Vorhang.
Norbert Frei sieht die Anfänge der weltweiten Bewegung in den USA. Im Kampf um die Gleichberechtigung der Schwarzen entstanden dort schon seit den fünfziger Jahren die später prägenden Formen des Protests: Sit-ins, Go-ins, Happenings. Doch so sehr sich die Bilder glichen - unterschiedliche Gründe speisten die Unruhe einer ganzen Generation. In Deutschland war die "unbewältigte Vergangenheit" eine wesentliche Antriebskraft, in Frankreich war es der Verdruss an den neuen Universitäten. In England stand die Pop-Kultur im Vordergrund, und überall war der Protest gegen den Vietnamkrieg ein brennendes Motiv. 1968 hatte viele Gesichter.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.03.2008Protest und Aufbruch
Aus der Veröffentlichungsflut über die 68er ragt Norbert Freis Beitrag heraus, weil er den internationalen Zusammenhang aufzeigt. Von den Anfängen in den Vereinigten Staaten weiß er ebenso mit viel Sympathie zu erzählen wie vom "Protest im Westen" in Frankreich, Japan, Italien, den Niederlanden und Großbritannien oder von der "Bewegung im Osten" in der Tschechoslowakei, in Polen und der DDR. Im Vietnam-Krieg erkennt er seit 1966 immer mehr das zentrale Motiv einer Protestbewegung, die sich "bald über den gesamten Westen erstreckte". In der Bonner Republik kamen radikale Forderungen der Studenten nach politischen und gesellschaftlichen Veränderungen hinzu, die man unter anderem mit dem "Verdacht des Weiterwirkens der NS-Moral" begründete. Erstaunlicherweise bezeichnet er Bundeskanzler Kiesinger als ehemaligen "Beamten im Reichspropagandaministerium", obwohl Kiesinger nicht in Goebbels', sondern in Ribbentrops Diensten stand als Angestellter des Auswärtigen Amts. Den Zukunftsentwurf der 68er skizziert Frei so: "Rätedemokratie auf allen Ebenen und in allen Bereichen, nichtentfremdete Arbeit, selbstbestimmtes Leben und Lernen, antiautoritäre Erziehung, eine Welt ohne Gewalt und gleichwohl ohne Triebverzicht." Trotz solcher Weltfremdheit lasse sich ein Aufbruch, eine Änderung des Lebensstils diagnostizieren, weil Begriffe der 68er wie Emanzipation, Partizipation und Transparenz sich als wirkungsmächtig erwiesen. Nach "68" sei "fast nichts mehr so wie vorher" gewesen. (Norbert Frei: 1968. Jugendrevolte und globaler Protest. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2008. 286 S., 15,- [Euro].)
RAINER BLASIUS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Aus der Veröffentlichungsflut über die 68er ragt Norbert Freis Beitrag heraus, weil er den internationalen Zusammenhang aufzeigt. Von den Anfängen in den Vereinigten Staaten weiß er ebenso mit viel Sympathie zu erzählen wie vom "Protest im Westen" in Frankreich, Japan, Italien, den Niederlanden und Großbritannien oder von der "Bewegung im Osten" in der Tschechoslowakei, in Polen und der DDR. Im Vietnam-Krieg erkennt er seit 1966 immer mehr das zentrale Motiv einer Protestbewegung, die sich "bald über den gesamten Westen erstreckte". In der Bonner Republik kamen radikale Forderungen der Studenten nach politischen und gesellschaftlichen Veränderungen hinzu, die man unter anderem mit dem "Verdacht des Weiterwirkens der NS-Moral" begründete. Erstaunlicherweise bezeichnet er Bundeskanzler Kiesinger als ehemaligen "Beamten im Reichspropagandaministerium", obwohl Kiesinger nicht in Goebbels', sondern in Ribbentrops Diensten stand als Angestellter des Auswärtigen Amts. Den Zukunftsentwurf der 68er skizziert Frei so: "Rätedemokratie auf allen Ebenen und in allen Bereichen, nichtentfremdete Arbeit, selbstbestimmtes Leben und Lernen, antiautoritäre Erziehung, eine Welt ohne Gewalt und gleichwohl ohne Triebverzicht." Trotz solcher Weltfremdheit lasse sich ein Aufbruch, eine Änderung des Lebensstils diagnostizieren, weil Begriffe der 68er wie Emanzipation, Partizipation und Transparenz sich als wirkungsmächtig erwiesen. Nach "68" sei "fast nichts mehr so wie vorher" gewesen. (Norbert Frei: 1968. Jugendrevolte und globaler Protest. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2008. 286 S., 15,- [Euro].)
RAINER BLASIUS
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Dem Jahr 1968, einem der großen Themen der Leipziger Buchmesse 2008, widmet Stefan Reinecke gleich einen ganzen Stapel Besprechungen. Dabei hebt sich Norbert Freis "1968" wohltuend von anderen Neuerscheinungen ab, lobt Reinecke. Denn anders als andere Publikationen wisse dieser Band einen neuen Blick auf Achtundsechzig zu werfen. Frei hebt hervor, dass 1968 kein auf Deutschland beschränktes oder zentriertes Ereignis, sondern eine "globale Jugendrevolte" war, die sich in ihren Aktionen weitgehend an der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung orientierte, referiert der Rezensent beifällig. Er lobt die Klarheit von Freis Argumentation und findet auch sein Gesamturteil einleuchtend, dass die Bundesrepublik trotz des Generationenkonflikt zwischen der NS-Generation und ihren Kindern 1968 keinen Sonderweg genommen, sondern an einem globalen Phänomen teilgehabt hat. Da Frei bei dieser Analyse zudem jede Weitschweifigkeit vermeidet, kann der Rezensent seinen Band als eine der lesenswertesten Neuerscheinungen zum Thema empfehlen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Frei nimmt den globalen Sinn von 68 ernst."
Handelsblatt 09.05.2008
Handelsblatt 09.05.2008