1984. Aomame hat zwei verschieden große Ohren. Beim Rendezvous mit einem reichen Ölhändler zückt sie eine Nadel und ersticht ihn - ein Auftragsmord, um altes Unrecht zu sühnen. Tengo ist Hobby-Schriftsteller. Er soll einen Roman der exzentrischen 17-jährigen Fukaeri überarbeiten, damit sie einen Literaturpreis bekommt. Der Text ist äußerst originell, aber schlecht geschrieben - ein riskanter Auftrag. Aomame wundert sich, warum die Nachrichten ihren Mord nicht melden. Ist sie in eine Parallelwelt geraten? Um diese Sphäre vom gewöhnlichen Leben im Jahr 1984 zu unterscheiden, gibt Aomame der neuen, unheimlichen Welt den Namen 1Q84.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.11.2011Wie man abwesende Frauen schwängert
Im Winterschlaf der Handlung: Der dritte Teil von „1Q84“, Haruki Murakamis monumentalem Roman-Zyklus
Der voriges Jahr erschienene, über tausend Seiten umfassende Doppelband „1Q84“ von Haruki Murakami hatte einigermaßen als Cliffhanger geendet. Die beiden Protagonisten Tengo (Mathematiker und Verlagslektor) und Aomame (persönliche Trainerin im oberen Preissektor sowie Kontraktkillerin) hatten sich, seit sie einander als Grundschüler in einer kritischen Situation die Hand gehalten hatten, zwanzig Jahre lang nicht gesehen; aber das Buch ließ keinen Zweifel daran, dass sie zum Paar bestimmt waren. Von zwei Seiten her, immer in abwechselnden Kapiteln, waren sie ins selbe Abenteuer hineingeraten, einander immer näher kommend – doch begegnet waren sie sich nie.
„IQ84“ war, trotz seiner Länge, ein sehr schnelles Buch gewesen. Immer geschah etwas, schon gleich zu Beginn, als Aomame den „Leader“ einer geheimnisvollen Sekte, der sich von ihr massieren ließ, mit einem haarfeinen Nadelstich tötete. Tengo hingegen bekam es mit der siebzehnjährigen, leicht autistischen Fukaeri und deren Romanmanuskript „Die Puppe aus Luft“ zu tun, das er in publizierbare Form umschrieb, sodass es zum Bestseller werden konnte; Fukaeri erwies sich als die Tochter des Leaders, und was sie unter dem dünnen Firnis der Fiktion mitzuteilen hatte, passte der Sekte überhaupt nicht in den Kram.
Die Mitwirkenden, hart und kompetent in ihrem Job, aber sämtlich ohne Liebe großgewordene Kinder, spendeten einander Trost so gut sie es konnten, linkisch und anrührend. Mit Spannung erwartete man, wie es wohl weiterginge mit „1Q84“ (das im Japanischen genauso klingen soll wie Orwells 1984), jener Sonderwelt, die sich darin beglaubigt, dass auf einmal zwei Monde am Nachthimmel stehen.
Nun, im dritten Buch, hängen die beiden Monde noch immer am Himmel, ohne dass sie jedoch etwas spektakulär Neues beleuchteten. Die Dynamik des Geschehens ist, wie es oft im Mittelstück dickleibiger Mehrteiler geschieht, sehr herabgemindert; der Stoffwechsel des Plots hält sozusagen Winterschlaf. Die Hauptakteure haben vor den Nachstellungen der Sekte in Deckung gehen müssen, wo sie auch bleiben. Tengo versteckt bei sich Fukaeri, er selbst nimmt Urlaub, um seinen Vater im Krankenhaus einer Provinzstadt zu besuchen. Der Vater liegt im Koma – auch dies nicht gerade ein fetziger Vorgang. Aomame hat eine sichere Wohnung bezogen, wo ihre Auftraggeberin, „Madame“, und deren treuer Handlanger Tamaru sie wöchentlich mit Lebensmitteln versorgen lassen; sie darf weder ausgehen noch die Türe öffnen, auch nicht und ganz besonders nicht, wenn ein durchgeknallter Gebühreneintreiber der GEZ (japanisch: NHK) Einlass erheischt. Sich versteckt halten ist eine Aktion von niedriger Intensität; der Roman beginnt sich sehr zu dehnen.
Aufatmend nimmt man zur Kenntnis, dass wenigstens Ushikawa sich bewegt, der missgestalte Privatdetektiv, den die Sekte auf die Spur der drei gesetzt hat und der zur weiteren Hauptfigur aufsteigt. Aber auch er mietet eine Wohnung als Beobachtungsposten an und spioniert tagein tagaus hinter dem Vorhang mit seiner Kamera . . .
Die sich dem Stillstand annähernde Handlung bewirkt, dass an Tengo, Aomame, Fukaeri kaum mehr Neues und Überraschendes hervorzutreten vermag. Man kennt sie hinlänglich vom letzten Mal. Immerhin tauchen ein paar Nebenfiguren auf, wie sie Murakami so lebendig zu gestalten weiß, unscheinbar, aber eigenwillig und von einer tiefen Humanität, die sich erst auf den zweiten Blick offenbart: die drei Krankenschwestern, die für Tengos Vater zuständig sind und den einsamen jungen Mann zu einem übermütigen Abend mit Whiskey und Karaoke mitnehmen; Tengos alte Lehrerin, unter deren Strenge sich die mütterliche Neigung zu ihrem einstigen Schüler verbirgt. Man ist dankbar für diese Nebenschauplätze, da sich am Hauptschauplatz so wenig tut.
Vor allem zersetzt sich bei solcher Verlangsamung das Amalgam aus Thriller und Magie, das in Teil 1 und 2 so bezaubert hatte. Die magischen Elemente waren solche der kindlichen Sehnsucht und Angst gewesen: Die Puppe aus Luft glich einem gläsernen Mutterschoß, und die mysteriöse Sekte hatte Teil am Waldbösen des Märchens. Nunmehr gerät die Sekte in die Bredouille und muss sich zu einem nüchternen Kompromissvorschlag an Tengo und Aomame bequemen, während die Puppe zu einem bloß umständlichen Konstrukt herabsinkt. (Nur die „Little People“, die am Rande herumgeistern, bewahren sich schaurigschöne Restbestände.) In dieser weitgehend entzauberten Atmosphäre mag man es dem Buch auch nicht mehr so recht abnehmen, dass Tengo, während er einen leidenschaftslosen Geschlechtsakt mit Fukaeri vollzieht, in Wahrheit die abwesende Aomame schwängert.
Zum Schluss kriegen sich Tengo und Aomame, die die ganze Zeit nur zehn Gehminuten entfernt voneinander verbarrikadiert waren, doch noch. Wie bei den meisten Wünschen, die sich allzu lang haben gedulden müssen, haftet auch diesem, nach zwanzig Jahren und mehr als tausend Seiten, in der endlichen Erfüllung etwas Ranziges an. Die Sekte scheint es nunmehr auf das ungeborene Kind der beiden abgesehen zu haben. Dass es mit diesem Riesenwerk noch nicht vorbei ist, lässt sich absehen – hoffentlich wird es wieder so rasant und von solcher emotionalen Kraft erfüllt wie am Anfang.
BURKHARD MÜLLER
HARUKI MURAKAMI: 1Q84 – 3. Teil. Roman. Aus dem Japanischen von Ursula Gräfe. DuMont Literaturverlag, Köln 2011. 571 Seiten, 24 Euro.
Gundam ist ein beliebter Roboter einer japanischen TV-Serie: hier hat er im Juli 2009 einen großen Auftritt in einem Park in Tokio Foto: AP /Koji Sasahara
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Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Im Winterschlaf der Handlung: Der dritte Teil von „1Q84“, Haruki Murakamis monumentalem Roman-Zyklus
Der voriges Jahr erschienene, über tausend Seiten umfassende Doppelband „1Q84“ von Haruki Murakami hatte einigermaßen als Cliffhanger geendet. Die beiden Protagonisten Tengo (Mathematiker und Verlagslektor) und Aomame (persönliche Trainerin im oberen Preissektor sowie Kontraktkillerin) hatten sich, seit sie einander als Grundschüler in einer kritischen Situation die Hand gehalten hatten, zwanzig Jahre lang nicht gesehen; aber das Buch ließ keinen Zweifel daran, dass sie zum Paar bestimmt waren. Von zwei Seiten her, immer in abwechselnden Kapiteln, waren sie ins selbe Abenteuer hineingeraten, einander immer näher kommend – doch begegnet waren sie sich nie.
„IQ84“ war, trotz seiner Länge, ein sehr schnelles Buch gewesen. Immer geschah etwas, schon gleich zu Beginn, als Aomame den „Leader“ einer geheimnisvollen Sekte, der sich von ihr massieren ließ, mit einem haarfeinen Nadelstich tötete. Tengo hingegen bekam es mit der siebzehnjährigen, leicht autistischen Fukaeri und deren Romanmanuskript „Die Puppe aus Luft“ zu tun, das er in publizierbare Form umschrieb, sodass es zum Bestseller werden konnte; Fukaeri erwies sich als die Tochter des Leaders, und was sie unter dem dünnen Firnis der Fiktion mitzuteilen hatte, passte der Sekte überhaupt nicht in den Kram.
Die Mitwirkenden, hart und kompetent in ihrem Job, aber sämtlich ohne Liebe großgewordene Kinder, spendeten einander Trost so gut sie es konnten, linkisch und anrührend. Mit Spannung erwartete man, wie es wohl weiterginge mit „1Q84“ (das im Japanischen genauso klingen soll wie Orwells 1984), jener Sonderwelt, die sich darin beglaubigt, dass auf einmal zwei Monde am Nachthimmel stehen.
Nun, im dritten Buch, hängen die beiden Monde noch immer am Himmel, ohne dass sie jedoch etwas spektakulär Neues beleuchteten. Die Dynamik des Geschehens ist, wie es oft im Mittelstück dickleibiger Mehrteiler geschieht, sehr herabgemindert; der Stoffwechsel des Plots hält sozusagen Winterschlaf. Die Hauptakteure haben vor den Nachstellungen der Sekte in Deckung gehen müssen, wo sie auch bleiben. Tengo versteckt bei sich Fukaeri, er selbst nimmt Urlaub, um seinen Vater im Krankenhaus einer Provinzstadt zu besuchen. Der Vater liegt im Koma – auch dies nicht gerade ein fetziger Vorgang. Aomame hat eine sichere Wohnung bezogen, wo ihre Auftraggeberin, „Madame“, und deren treuer Handlanger Tamaru sie wöchentlich mit Lebensmitteln versorgen lassen; sie darf weder ausgehen noch die Türe öffnen, auch nicht und ganz besonders nicht, wenn ein durchgeknallter Gebühreneintreiber der GEZ (japanisch: NHK) Einlass erheischt. Sich versteckt halten ist eine Aktion von niedriger Intensität; der Roman beginnt sich sehr zu dehnen.
Aufatmend nimmt man zur Kenntnis, dass wenigstens Ushikawa sich bewegt, der missgestalte Privatdetektiv, den die Sekte auf die Spur der drei gesetzt hat und der zur weiteren Hauptfigur aufsteigt. Aber auch er mietet eine Wohnung als Beobachtungsposten an und spioniert tagein tagaus hinter dem Vorhang mit seiner Kamera . . .
Die sich dem Stillstand annähernde Handlung bewirkt, dass an Tengo, Aomame, Fukaeri kaum mehr Neues und Überraschendes hervorzutreten vermag. Man kennt sie hinlänglich vom letzten Mal. Immerhin tauchen ein paar Nebenfiguren auf, wie sie Murakami so lebendig zu gestalten weiß, unscheinbar, aber eigenwillig und von einer tiefen Humanität, die sich erst auf den zweiten Blick offenbart: die drei Krankenschwestern, die für Tengos Vater zuständig sind und den einsamen jungen Mann zu einem übermütigen Abend mit Whiskey und Karaoke mitnehmen; Tengos alte Lehrerin, unter deren Strenge sich die mütterliche Neigung zu ihrem einstigen Schüler verbirgt. Man ist dankbar für diese Nebenschauplätze, da sich am Hauptschauplatz so wenig tut.
Vor allem zersetzt sich bei solcher Verlangsamung das Amalgam aus Thriller und Magie, das in Teil 1 und 2 so bezaubert hatte. Die magischen Elemente waren solche der kindlichen Sehnsucht und Angst gewesen: Die Puppe aus Luft glich einem gläsernen Mutterschoß, und die mysteriöse Sekte hatte Teil am Waldbösen des Märchens. Nunmehr gerät die Sekte in die Bredouille und muss sich zu einem nüchternen Kompromissvorschlag an Tengo und Aomame bequemen, während die Puppe zu einem bloß umständlichen Konstrukt herabsinkt. (Nur die „Little People“, die am Rande herumgeistern, bewahren sich schaurigschöne Restbestände.) In dieser weitgehend entzauberten Atmosphäre mag man es dem Buch auch nicht mehr so recht abnehmen, dass Tengo, während er einen leidenschaftslosen Geschlechtsakt mit Fukaeri vollzieht, in Wahrheit die abwesende Aomame schwängert.
Zum Schluss kriegen sich Tengo und Aomame, die die ganze Zeit nur zehn Gehminuten entfernt voneinander verbarrikadiert waren, doch noch. Wie bei den meisten Wünschen, die sich allzu lang haben gedulden müssen, haftet auch diesem, nach zwanzig Jahren und mehr als tausend Seiten, in der endlichen Erfüllung etwas Ranziges an. Die Sekte scheint es nunmehr auf das ungeborene Kind der beiden abgesehen zu haben. Dass es mit diesem Riesenwerk noch nicht vorbei ist, lässt sich absehen – hoffentlich wird es wieder so rasant und von solcher emotionalen Kraft erfüllt wie am Anfang.
BURKHARD MÜLLER
HARUKI MURAKAMI: 1Q84 – 3. Teil. Roman. Aus dem Japanischen von Ursula Gräfe. DuMont Literaturverlag, Köln 2011. 571 Seiten, 24 Euro.
Gundam ist ein beliebter Roboter einer japanischen TV-Serie: hier hat er im Juli 2009 einen großen Auftritt in einem Park in Tokio Foto: AP /Koji Sasahara
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.10.2010Die Sünden der Väter
Aus 9 mach Q: Haruki Murakamis neuer Roman "1Q84" erzählt aus einer Parallelwelt. Dort wollen Aomame und Tengo wieder zusammenfinden. Sie ist eine Auftragskillerin, er ein Schriftsteller.
Von Andreas Platthaus
Das "Wohltemperierte Klavier", Johann Sebastian Bachs Sammlung für die "lehrbegierige musicalische Jugend" umfasst zwei Teile mit jeweils 24 Kompositionen, die zwölf Paare aus Etüden und Fugen aufeinanderfolgen lassen, die sämtliche Tonarten umfassen. "1Q84", Haruki Murakamis neuer Roman für das lesebegierige literarische Publikum, umfasst zwei Teile mit jeweils 24 Kapiteln, die zwölfmal abwechselnd das Figurenpaar Aomame und Tengo auftreten lassen und dabei sämtliche Register des Erzählens ziehen.
"1Q84" wurde im vergangenen Jahr in Murakamis japanischer Heimat veröffentlicht (F.A.Z. vom 24. Juli 2009) und erscheint derzeit in Übersetzungen rund um die Welt. Dass das in der vergangenen Woche auch bereits auf Deutsch geschah, obwohl das Werk mehr als tausend Seiten umfasst, beweist zweierlei: die Popularität Murakamis und seine verhältnismäßig schlichte Sprache. Dieser Schriftsteller ist kein großer Stilist, dessen Tonfall eine Herausforderung für die Übersetzer wäre - deshalb meinte man auch vor einigen Jahren, seine Bücher einfach nach der englischen Übertragung ins Deutsche bringen zu können. Das war natürlich naiv, denn wie in Platons Höhlengleichnis bringt jede neue Übersetzung den Leseeindruck weiter von der Wahrheit ab. Und riskiert den Verlust dessen, was Murakamis Schreiben ausmacht und denn doch ein Stil ist: Er pflegt selbst bei denjenigen seiner Bücher, die man der Phantastik zurechnen kann, eine ebenso lapidar-kühle Sprache wie in seinem - nun qualitativ gesprochen - phantastischen Sachbuch "Undergrundkrieg" (in Deutschland 2002 erschienen), das sich dem Giftgasanschlag der Aun-Sekte auf die U-Bahn von Tokio im Jahr 1995 widmet.
Von "Undergrundkrieg" zu "1Q84" verläuft eine, nun ja, untergründige Linie - thematisch wie formal. Fanatismus steht als Auslöser hinter dem im Sachbuch vorgestellten realen Tokioter Geschehen von 1995 wie dem des fiktiven Tokioter Jahrs 1984 im Roman. Und den Erzähler Murakami interessiert dasselbe wie den Chronisten: der Zugriff auf eine Welt, die sich als jeweils von den in ihr Lebenden individuell wahrgenommene gar nicht auf einen Begriff bringen lassen dürfte. Diesem Problem wird nur ein Verfahren gerecht: die genaue Beschreibung. Und Genauigkeit - das ist ein Prinzip der traditionellen japanischen Ästhetik - wird begünstigt durch Sparsamkeit der Mittel.
Das mag paradox klingen bei einem mehr als tausendseitigen Roman, von dem zudem im kommenden Herbst noch ein dritter Teil erwartet wird, der in Japan bereits erschienen ist - in einer Startauflage von einer halben Million und nur ein halbes Jahr nach den ersten beiden Bänden, die in Deutschland nun zusammen als ein Buch herauskommen. Können die selbstsichere Fitnesstrainerin und Auftragskillerin Aomame und der zögerliche Schriftsteller Tengo in den ersten beiden Teilen des Werks zusammen nicht kommen, so steht im dritten, so viel sei schon verraten, ihre erste Begegnung seit zwei Jahrzehnten an. Denn die beiden hatten sich als Kinder 1964 im zarten Alter von zehn Jahren auf der Schule kennengelernt, als ihre Rollen noch vertauscht waren: Aomame war als Tochter zweier Zeugen Jehovas eine in sich verschlossene hilflose Außenseiterin, während Tengo ein erfolgreicher Sportler zu werden versprach, dessen Stimme unter Gleichalten Gehör fand. Seine Hilfe für das verspottete Mädchen markierte den jeweiligen Umschwung in beider Leben und begründete eine wechselseitige Faszination, die aber unerfüllt blieb, weil sie sich sofort wieder aus den Augen verloren. Verliebt aber sind beide auch noch 1984 - jedenfalls im Geiste. Bis man diese Vorgeschichte zusammenhat, ist die erste Hälfte von "1Q84" allerdings schon vorbei. Das Buch ist ein Entwicklungsroman, bei dem man sich aber nicht von den gängigen Erwartungen an Chronologie leiten lassen sollte. Die werden aus guten inhaltlichen Gründen enttäuscht, obwohl konsequent von einem Zeitpunkt aus erzählt wird.
Murakami ist eher Komponist als Stilist. Der Roman ist, wie gesagt, nach dem Prinzip des "Wohltemperierten Klaviers" gebaut, und dieses Vorbild legt der Autor auch offen, wenn er Tengo auf die siebzehnjährige Fukaeri treffen lässt, die Bachs Werk als ihre Lieblingsmusik bezeichnet. Fukaeri ist eine japanische Helene Hegemann: ein Wunderkind, das einen Erfolgsroman veröffentlicht, den sie aber zu weiten Teilen gar nicht selbst verfasst hat. Vielmehr hat Tengo ihm auf Wunsch seines Mentors, des manipulationsfreudigen Verlegers Komatsu, erst die endgültige Gestalt gegeben. Mit Aomame, Tengo, Fukaeri und Komatsu sind die vier wichtigsten Personen von "1Q84" beisammen, und Bach gibt mit einem weiteren seiner Werke, das Fukaeri schätzt, den Grundton für die ganze Handlung des Romans vor: "Buß und Reu' knirscht das Sündenherz entzwei." Das Fräuleinwunder der japanischen Literatur kann die Matthäuspassion auf Deutsch vorsingen, und sie und die anderen drei Protagonisten haben es mit der Bewältigung von etwas zu tun, was man gerne in Kategorien der Erbsünde fassen kann: Die Sünden der Väter kommen auf die Kinder. Entscheidend ist dabei ein ums andere Mal deren zehntes Lebensjahr.
Es gibt keine Zufälle in Murakamis Roman. Das Jahr 1984 als Handlungszeitpunkt begründet natürlich ein literarisches Spiel mit einem großen Vorläufer, Orwells Roman "1984", in dem der britische Schriftsteller 1948 eine Zukunftsvision publizierte, die er durch eine Zahlenvertauschung sechsundvierzig Jahre später ansiedelte. Murakami tut das Gegenteil: Er blickt in seinem Buch aus dem Abstand von einem Vierteljahrhundert auf dieses Jahr 1984 zurück und tauscht die 9 gegen ein Q aus, weil Zahl und Buchstabe im Japanischen gleich ausgesprochen werden (dass sie gleichsam wie aneinander gespiegelt aussehen, ist ein schöner Nebeneffekt). Und Murakami schafft in seinem Roman keine Dystopie wie Orwell, sondern eine zweite Wirklichkeit: "1Q84 - so werde ich die neue Welt nennen, entschied Aomame", lesen wir erstmals auf Seite 199. Da hat die weibliche Hauptperson endlich registriert, was sie bereits im ersten Kapitel selbst ausgelöst hat: einen Riss im Zeitgefüge, der eine alternative Gegenwart geschaffen hat, eine Parallelwelt, in der sich, von einer winzigen Entscheidung ausgehend, ihre Lebensumstände verändern. Und mit den ihren auch die Lebens- und Todesumstände jener Menschen, die ihren Weg kreuzen.
Pro forma könnte man den Roman einen Krimi nennen, denn es geht darin um Mord, Betrug, Verschleppung, Kindesmissbrauch. Doch Murakami spielt mit den Genrekonventionen, und wenn er auch kein großer Sprachkünstler sein mag, so ist er in formaler Hinsicht zweifellos einer der gewieftesten Erzähler, den wir haben, und "1Q84" ist diesbezüglich sein Meisterwerk. Wie hier Topoi und Strukturen aus Literatur, Religion und Musik vermischt, wie die Perspektiven gewechselt, die Zeiten miteinander verschliffen werden, das hat man noch nie gelesen. Und es ist überdies im Buch auch noch Platz für Elemente, die immer schon den besonderen Reiz der Murakami-Lektüre ausgemacht haben: seine spezifisch japanischen Motive. Sei es der zweite Mond, der als sichtbarstes äußeres Zeichen für die Parallelwelt 1Q84 am Nachthimmel steht und auf die große Tradition verweist, die der Mond in der japanischen Ästhetik spielt. Oder sei es die Brillanz winziger Passagen im Riesentext, die wie ein Blitzlicht plötzlich Details sichtbar machen. "Das geschliffene Glas auf dem Tisch war inzwischen beschlagen", heißt es einmal, und damit ist alles über die Stimmung des drum herum geschilderten Gespräch gesagt.
Murakami ist also trotz des Umfangs seines neuen Buchs ein ökonomischer Erzähler. Dem tut keinen Abbruch, dass recht häufig aus der Ferne Donner grollt oder Hunde bellen - diese narrativen Versatzstücke aus dem Schmökerrepertoire sind gleichfalls Scharniere, die bestimmte Wahrnehmungen miteinander verbinden. Und es gibt Abschnitte, die den Atem stocken lassen vor Begeisterung über die Personenschilderungen. Wenn etwa Aomame an einem schwülen Tag im August das vorgesehene Opfer ihres nächsten Auftragsmordes aufsucht, einen schwerkranken Sektenführer, der mit minderjährigen Mädchen ein Ritual vollzieht, das sexuelle Handlungen umfasst, dann begegnet der Mörderin statt des Monsters, das sie erwartet, ein höchst faszinierendes Ungetüm von Mensch, dem sie spirituell nicht gewachsen ist. Es könnte direkt den Animes von Hayao Miyazaki entsprungen sein, und daran zeigt sich wieder die Geschicklichkeit, mit der Murakami die verschiedensten Einflüsse montiert. Was er dann ganz alleine beherrscht, ist Spannungserzeugung: Auch wenn man nicht recht glauben möchte, dass man zu einem Zeitpunkt von 19.30 Uhr im August vom "nächtlichen Tokio" sprechen kann, ist das Gespräch zwischen Aomame und dem Sektenführer ein dramaturgisches Meisterstück - auch, weil es genau im richtigen Moment vom Kapitel- und somit Perspektivwechsel hin zu Tengo unterbrochen wird.
So ist das ganze Buch bis zu den letzten beiden Kapitelschlüssen - der eine scheinbar hoffnungslos, der andere dann umso optimistischer - ein Kunstwerk der Verlockung durch Köder, und fast möchte man bedauern, dass Murakami seine beiden Erzählfäden im dritten Teil miteinander verbinden wird. Auch in der vorliegenden Form hätte "1Q84" einen befriedigenden Schluss. Doch womöglich wird es gar noch einen vierten Teil geben; darüber, so ist aus Japan zu hören, sei das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Uns sollte es recht sein. Und anderen auch. Haruki Murakami hat sein immens populäres und abwechslungsreiches Werk um einen Roman bereichert, der nicht nur die zahllosen alten Freunde seiner Prosa entzücken wird. Denn wie er neben der Kernhandlung auch noch durch Tengos Tätigkeit in bester selbstreferentieller Manier das Leben mit und in Literatur zum Gegenstand macht, das hat metatextuelle Qualitäten, die noch den anspruchvollsten Leser zufriedenstellen werden. So darf man wohl auch gespannt sein, welches Musikstück für den dritten Teil das Kapitelmuster vorgeben wird. Vom "Wohltemperierten Klavier" gibt es ja nur zwei Bücher. Alle aber, die sich gar nicht erst mit solchen Fragen aufhalten wollen, werden auch am Krimi ihre Freude haben.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Aus 9 mach Q: Haruki Murakamis neuer Roman "1Q84" erzählt aus einer Parallelwelt. Dort wollen Aomame und Tengo wieder zusammenfinden. Sie ist eine Auftragskillerin, er ein Schriftsteller.
Von Andreas Platthaus
Das "Wohltemperierte Klavier", Johann Sebastian Bachs Sammlung für die "lehrbegierige musicalische Jugend" umfasst zwei Teile mit jeweils 24 Kompositionen, die zwölf Paare aus Etüden und Fugen aufeinanderfolgen lassen, die sämtliche Tonarten umfassen. "1Q84", Haruki Murakamis neuer Roman für das lesebegierige literarische Publikum, umfasst zwei Teile mit jeweils 24 Kapiteln, die zwölfmal abwechselnd das Figurenpaar Aomame und Tengo auftreten lassen und dabei sämtliche Register des Erzählens ziehen.
"1Q84" wurde im vergangenen Jahr in Murakamis japanischer Heimat veröffentlicht (F.A.Z. vom 24. Juli 2009) und erscheint derzeit in Übersetzungen rund um die Welt. Dass das in der vergangenen Woche auch bereits auf Deutsch geschah, obwohl das Werk mehr als tausend Seiten umfasst, beweist zweierlei: die Popularität Murakamis und seine verhältnismäßig schlichte Sprache. Dieser Schriftsteller ist kein großer Stilist, dessen Tonfall eine Herausforderung für die Übersetzer wäre - deshalb meinte man auch vor einigen Jahren, seine Bücher einfach nach der englischen Übertragung ins Deutsche bringen zu können. Das war natürlich naiv, denn wie in Platons Höhlengleichnis bringt jede neue Übersetzung den Leseeindruck weiter von der Wahrheit ab. Und riskiert den Verlust dessen, was Murakamis Schreiben ausmacht und denn doch ein Stil ist: Er pflegt selbst bei denjenigen seiner Bücher, die man der Phantastik zurechnen kann, eine ebenso lapidar-kühle Sprache wie in seinem - nun qualitativ gesprochen - phantastischen Sachbuch "Undergrundkrieg" (in Deutschland 2002 erschienen), das sich dem Giftgasanschlag der Aun-Sekte auf die U-Bahn von Tokio im Jahr 1995 widmet.
Von "Undergrundkrieg" zu "1Q84" verläuft eine, nun ja, untergründige Linie - thematisch wie formal. Fanatismus steht als Auslöser hinter dem im Sachbuch vorgestellten realen Tokioter Geschehen von 1995 wie dem des fiktiven Tokioter Jahrs 1984 im Roman. Und den Erzähler Murakami interessiert dasselbe wie den Chronisten: der Zugriff auf eine Welt, die sich als jeweils von den in ihr Lebenden individuell wahrgenommene gar nicht auf einen Begriff bringen lassen dürfte. Diesem Problem wird nur ein Verfahren gerecht: die genaue Beschreibung. Und Genauigkeit - das ist ein Prinzip der traditionellen japanischen Ästhetik - wird begünstigt durch Sparsamkeit der Mittel.
Das mag paradox klingen bei einem mehr als tausendseitigen Roman, von dem zudem im kommenden Herbst noch ein dritter Teil erwartet wird, der in Japan bereits erschienen ist - in einer Startauflage von einer halben Million und nur ein halbes Jahr nach den ersten beiden Bänden, die in Deutschland nun zusammen als ein Buch herauskommen. Können die selbstsichere Fitnesstrainerin und Auftragskillerin Aomame und der zögerliche Schriftsteller Tengo in den ersten beiden Teilen des Werks zusammen nicht kommen, so steht im dritten, so viel sei schon verraten, ihre erste Begegnung seit zwei Jahrzehnten an. Denn die beiden hatten sich als Kinder 1964 im zarten Alter von zehn Jahren auf der Schule kennengelernt, als ihre Rollen noch vertauscht waren: Aomame war als Tochter zweier Zeugen Jehovas eine in sich verschlossene hilflose Außenseiterin, während Tengo ein erfolgreicher Sportler zu werden versprach, dessen Stimme unter Gleichalten Gehör fand. Seine Hilfe für das verspottete Mädchen markierte den jeweiligen Umschwung in beider Leben und begründete eine wechselseitige Faszination, die aber unerfüllt blieb, weil sie sich sofort wieder aus den Augen verloren. Verliebt aber sind beide auch noch 1984 - jedenfalls im Geiste. Bis man diese Vorgeschichte zusammenhat, ist die erste Hälfte von "1Q84" allerdings schon vorbei. Das Buch ist ein Entwicklungsroman, bei dem man sich aber nicht von den gängigen Erwartungen an Chronologie leiten lassen sollte. Die werden aus guten inhaltlichen Gründen enttäuscht, obwohl konsequent von einem Zeitpunkt aus erzählt wird.
Murakami ist eher Komponist als Stilist. Der Roman ist, wie gesagt, nach dem Prinzip des "Wohltemperierten Klaviers" gebaut, und dieses Vorbild legt der Autor auch offen, wenn er Tengo auf die siebzehnjährige Fukaeri treffen lässt, die Bachs Werk als ihre Lieblingsmusik bezeichnet. Fukaeri ist eine japanische Helene Hegemann: ein Wunderkind, das einen Erfolgsroman veröffentlicht, den sie aber zu weiten Teilen gar nicht selbst verfasst hat. Vielmehr hat Tengo ihm auf Wunsch seines Mentors, des manipulationsfreudigen Verlegers Komatsu, erst die endgültige Gestalt gegeben. Mit Aomame, Tengo, Fukaeri und Komatsu sind die vier wichtigsten Personen von "1Q84" beisammen, und Bach gibt mit einem weiteren seiner Werke, das Fukaeri schätzt, den Grundton für die ganze Handlung des Romans vor: "Buß und Reu' knirscht das Sündenherz entzwei." Das Fräuleinwunder der japanischen Literatur kann die Matthäuspassion auf Deutsch vorsingen, und sie und die anderen drei Protagonisten haben es mit der Bewältigung von etwas zu tun, was man gerne in Kategorien der Erbsünde fassen kann: Die Sünden der Väter kommen auf die Kinder. Entscheidend ist dabei ein ums andere Mal deren zehntes Lebensjahr.
Es gibt keine Zufälle in Murakamis Roman. Das Jahr 1984 als Handlungszeitpunkt begründet natürlich ein literarisches Spiel mit einem großen Vorläufer, Orwells Roman "1984", in dem der britische Schriftsteller 1948 eine Zukunftsvision publizierte, die er durch eine Zahlenvertauschung sechsundvierzig Jahre später ansiedelte. Murakami tut das Gegenteil: Er blickt in seinem Buch aus dem Abstand von einem Vierteljahrhundert auf dieses Jahr 1984 zurück und tauscht die 9 gegen ein Q aus, weil Zahl und Buchstabe im Japanischen gleich ausgesprochen werden (dass sie gleichsam wie aneinander gespiegelt aussehen, ist ein schöner Nebeneffekt). Und Murakami schafft in seinem Roman keine Dystopie wie Orwell, sondern eine zweite Wirklichkeit: "1Q84 - so werde ich die neue Welt nennen, entschied Aomame", lesen wir erstmals auf Seite 199. Da hat die weibliche Hauptperson endlich registriert, was sie bereits im ersten Kapitel selbst ausgelöst hat: einen Riss im Zeitgefüge, der eine alternative Gegenwart geschaffen hat, eine Parallelwelt, in der sich, von einer winzigen Entscheidung ausgehend, ihre Lebensumstände verändern. Und mit den ihren auch die Lebens- und Todesumstände jener Menschen, die ihren Weg kreuzen.
Pro forma könnte man den Roman einen Krimi nennen, denn es geht darin um Mord, Betrug, Verschleppung, Kindesmissbrauch. Doch Murakami spielt mit den Genrekonventionen, und wenn er auch kein großer Sprachkünstler sein mag, so ist er in formaler Hinsicht zweifellos einer der gewieftesten Erzähler, den wir haben, und "1Q84" ist diesbezüglich sein Meisterwerk. Wie hier Topoi und Strukturen aus Literatur, Religion und Musik vermischt, wie die Perspektiven gewechselt, die Zeiten miteinander verschliffen werden, das hat man noch nie gelesen. Und es ist überdies im Buch auch noch Platz für Elemente, die immer schon den besonderen Reiz der Murakami-Lektüre ausgemacht haben: seine spezifisch japanischen Motive. Sei es der zweite Mond, der als sichtbarstes äußeres Zeichen für die Parallelwelt 1Q84 am Nachthimmel steht und auf die große Tradition verweist, die der Mond in der japanischen Ästhetik spielt. Oder sei es die Brillanz winziger Passagen im Riesentext, die wie ein Blitzlicht plötzlich Details sichtbar machen. "Das geschliffene Glas auf dem Tisch war inzwischen beschlagen", heißt es einmal, und damit ist alles über die Stimmung des drum herum geschilderten Gespräch gesagt.
Murakami ist also trotz des Umfangs seines neuen Buchs ein ökonomischer Erzähler. Dem tut keinen Abbruch, dass recht häufig aus der Ferne Donner grollt oder Hunde bellen - diese narrativen Versatzstücke aus dem Schmökerrepertoire sind gleichfalls Scharniere, die bestimmte Wahrnehmungen miteinander verbinden. Und es gibt Abschnitte, die den Atem stocken lassen vor Begeisterung über die Personenschilderungen. Wenn etwa Aomame an einem schwülen Tag im August das vorgesehene Opfer ihres nächsten Auftragsmordes aufsucht, einen schwerkranken Sektenführer, der mit minderjährigen Mädchen ein Ritual vollzieht, das sexuelle Handlungen umfasst, dann begegnet der Mörderin statt des Monsters, das sie erwartet, ein höchst faszinierendes Ungetüm von Mensch, dem sie spirituell nicht gewachsen ist. Es könnte direkt den Animes von Hayao Miyazaki entsprungen sein, und daran zeigt sich wieder die Geschicklichkeit, mit der Murakami die verschiedensten Einflüsse montiert. Was er dann ganz alleine beherrscht, ist Spannungserzeugung: Auch wenn man nicht recht glauben möchte, dass man zu einem Zeitpunkt von 19.30 Uhr im August vom "nächtlichen Tokio" sprechen kann, ist das Gespräch zwischen Aomame und dem Sektenführer ein dramaturgisches Meisterstück - auch, weil es genau im richtigen Moment vom Kapitel- und somit Perspektivwechsel hin zu Tengo unterbrochen wird.
So ist das ganze Buch bis zu den letzten beiden Kapitelschlüssen - der eine scheinbar hoffnungslos, der andere dann umso optimistischer - ein Kunstwerk der Verlockung durch Köder, und fast möchte man bedauern, dass Murakami seine beiden Erzählfäden im dritten Teil miteinander verbinden wird. Auch in der vorliegenden Form hätte "1Q84" einen befriedigenden Schluss. Doch womöglich wird es gar noch einen vierten Teil geben; darüber, so ist aus Japan zu hören, sei das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Uns sollte es recht sein. Und anderen auch. Haruki Murakami hat sein immens populäres und abwechslungsreiches Werk um einen Roman bereichert, der nicht nur die zahllosen alten Freunde seiner Prosa entzücken wird. Denn wie er neben der Kernhandlung auch noch durch Tengos Tätigkeit in bester selbstreferentieller Manier das Leben mit und in Literatur zum Gegenstand macht, das hat metatextuelle Qualitäten, die noch den anspruchvollsten Leser zufriedenstellen werden. So darf man wohl auch gespannt sein, welches Musikstück für den dritten Teil das Kapitelmuster vorgeben wird. Vom "Wohltemperierten Klavier" gibt es ja nur zwei Bücher. Alle aber, die sich gar nicht erst mit solchen Fragen aufhalten wollen, werden auch am Krimi ihre Freude haben.
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"Sämtliche Register des Erzählens (...) Murakami ist in formaler Hinsicht zweifelos einer der gewieftesten Erzähler, den wir haben und 1Q84 diesbezüglich sein Meisterwerk. Wie hier Topoi und Strukturen aus Literatur, Religion und Musik vermischt werden, wie die Perspektiven gewechselt, die Zeiten miteinander verschliffen werden, das hat man noch nie gelesen." FAZ "Murakami galt dieses Jahr als einer der Kandidaten für den Nobelpreis. Es ist schade, dass er ihn nicht bekommen hat (...) "Murakami weiß seine Geheimnisse zu bewahren. Aber es sind, kraft seiner tiefen Humanität, Geheimnisse für die ganze Welt." SZ "Eine beeindruckende Reflexion über Gewalt und Religion, verhüllt in ein schillerndes Erzählpanorama". SPIEGEL "Eine Liebesgeschichte zweier Menschen, die einander fehlen (...)die beiden könnten zu Romeo und Julia unseres Jahrtausends werden (...)Nicht nur in quantitativer Hinsicht ein Opus Maximum". DIE (literarische) WELT "Murakami ist einer der wenigen Großschriftsteller, die über die Liebe noch so schreiben, als könne sie einen erlösen." WAMS "Ein Hochgenuss." COSMOPOLITAN "Ein großes, freundlich protzendes Feuerwerk der Einfälle." STERN "Gewalt und Liebe: ein komplexes Werk" KULTURSPIEGEL "Ein ebenso verstörendes wie großartiges Buch, das federleicht in Abgründe führt." NEON "So suggestiv wie in seinem neuen Roman 1Q84 hat Haruki Murakami lange nicht mehr geschrieben. [...] Tengo und Aomame heißen sie, die Helden Haruki Murakamis [...], und sie sind der schöne Trost für Menschen mit vorübergehender bis anhaltender Orientierungsschwäche. [...] Es wäre zu schön gewesen, wenn Haruki Murakami den Nobelpreis bekommen hätte." TAZ "Die ersten Kritiken gab es vorab von den mehr oder weniger lieben Kollegen. Denn Seite für Seite durften sich deutsche Autoren den neuen Murakami vorknöpfen und das beträchtliche Epos noch vor der Veröffentlichung in Deutschland auszugsweise via Internet begutachten. [...] Der Umfang des Romans, sein Titel, der Werbegag und der japanische Verkaufserfolg - das alles sind Eigentümlichkeiten, die zu diesem Buch passen. Denn der neue Roman des Nobelpreiskandidaten Haruki Murakami ist das vielleicht merkwürdigste Buch dieses Jahres, eine Mischung aus Fantasy und Krimi, es ist absurd und spannend, ein schillerndes Abbild vom Chaos unserer Welt. [...] Dieses Buch ist ungeheuerlich, unvergleichlich [...]." RHEINISCHE POST "Dass die Lektüre von Murakami-Texten Spaß macht, unterhält und - wie es japanische Leser häufig behaupten - sogar entspannt oder therapiert, sei hiermit bestätigt." NEUE ZÜRCHER ZEITUNG "Fantastisch!" EMOTION "Ein Märchen aus unserer Zeit, balanciert scharf zwischen Kitsch und Kälte und trifft den magischen Ton wohliger Traurigkeit, der süchtig macht." DIE ZEIT "1Q84 ist großartig in seiner Dramaturgie und Komposition. Wie ein langer Sommertag, der mit einer zarten Morgenröte beginnt, den erwachenden Vögeln, deren Gesang wie eine Verheißung klingt, und der doch bereits zu Beginn von einer dunklen Ahnung begleitet wird und an dessen Ende ein vernichtendes Unwetter heraufzieht." NDR "Ein Mix aus "Lost", "Twin Peaks" und "Alice im Wunderland" - und ein Feuerwerk an Einfällen." MYSELF "Konstruiert wie eine Komposition von Bach." HAIDE TENNER, SPECTRUM/DIE PRESSE "Einfach grossartig!" Ueli Walther, SCHWEIZER ILLUSTRIERTE "Der Roman '1Q84', in dem zu den spannenden Charakteren plötzlich auch noch geheimnisvolle Signale aus einer anderen Welt mit zwei Monden kommen, hat mich total gefesselt." Christiane Winter, DB MOBIL
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Nach Ansicht von Rezensent Andreas Platthaus bestätigt der dritte Teil von "1Q84", was seine Vorgänger bereits versprachen: die Lektüre von Haruki Murakami ist ein Gewinn. Auch dieser Teil, so berichtet der Rezensent, spielt wieder in der mit 1Q84 bezeichneten Parallelwelt, erzählt also eher eine fantastische, als eine dezidiert japanische Geschichte. Dies ermögliche Murakami von allgemein menschlichen Verhaltensweisen zu erzählen, so handele der dritte Teil dieses gewaltigen Romanprojektes - endlich - vom Triumph der Liebe zwischen der Auftragskillerin Aomame und dem Schriftsteller Tengo Kawane. Bis es so weit ist, so lässt der Kritiker wissen, muss erneut gegen die bereits aus den Vorgängern bekannte Sekte gekämpft werden, in diesem Fall gegen die neu eingeführte Figur des Ushikawa, der schließlich in der "stärksten Szene" dieses Bandes auf grausame Weise ermordet wird. Entsprechend unverblümt und pathetisch erscheinen dem Rezensenten auch Murakamis inzwischen fast traditionelle, offenherzige Schilderungen von Sexualakten. Platthaus würdigt Murakami als "Pathologen", dem es wie keinem japanischen Schriftsteller zuvor gelinge, unter die Oberfläche der heimatlichen Gesellschaft und Kultur zu blicken. Und auch für die Ursula Gräfes Übersetzung kann der Kritiker nur lobende Worte finden.
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"Murakami bricht mit beinah allen Gepflogenheiten hochliterarischer Raffinesse und schreibt einen meisterhaften Kolportageroman, dessen kalt kalkulierter Sentimentalität man sich kaum entziehen kann. Der japanische Weltautor führt uns mit List und Spielfreude in eine mit kostbaren Versatzstücken westlicher und christlicher Mythen, Melodien und Motiven reich verzierte Ersatzwelt." DIE ZEIT "Murakami hat seinen schönsten Liebesroman erschaffen, eine spannende, fantastische Erzählung und eine zauberhafte Philosophie der Liebe." BÜCHER "Im vorläufigen Abschluss seines gewaltigen Romanprojekts zieht Murakami alle Register dessen, was man gern postmodernes Erzählen nennt (...) "Nie triumphiert die Liebe bei Murakami auf so bedingungslose Weise." FAZ "Sogwirkung garantiert (...) Bestsellerverdächtig" FREUNDIN DONNA "Wer als Leser erst einmal in Murakamis Welt gelandet ist, entkommt ihr nie mehr ganz." BUCH JOUNAL "Es passiert gewohnt (und gewohnt gut erzählt) viel Unerklärliches uns Mystisches - mit dramatischen Entwicklungen. Suchtfaktor: hoch!" WIENERIN "Obwohl brachial durch alle Genres gezogen, erweisen sich seine Helden auch diesmal als robust." WELT "Virtuos wie immer zieht uns der japanische Kultautor in sein enigmatisches Universum und gönnt uns bis zur letzten Seite keine Atempause." SONNTAGSZEITUNG "Sogwirkung garantiert!" FREUNDIN DONNA "In seinem Opus Magnum "1Q84" entwirft der japanische Bestsellerautor Haruki Murakami eine faszinierende Parallelwelt." BUCHREPORT "Bizarr, dunkel, schön - ein Buch für die Herbsttage der Seele." ANNABELLE "So wollen wir das!" FRANKFURTER RUNDSCHAU "[...] ein weiterer Mosaikstein dieses Buches, das sich liest wie ein klirrend kalter, strahlend blauer, kaum endenwollender Wintertag." NÜRNBERGER ZEITUNG "Murakami vermischt eine Prise Kafka mit der Bitterkeit Dostojewskis und einem Schuss shakespearscher Liebesromantik. Ein unwiderstehlicher Roman, den man nur schwer aus der Hand legen kann." HANDELSBLATT.COM