In zwei Jahren werden wir den 500. Jahrestag der Reformation feiern. Ein wirklich beachtenswertes Jubiläum! Luther hat damals die bestehende Welt völlig umgekrempelt und das tote Kirchenleben in Schwung gebracht. Von dem Glauben, die Kirche wird einen schon in den Himmel bringen, wenn man nur genug
spendet (Stichwort: Ablaß), brachte der Reformator die Menschen dazu zu erkennen, daß es an ihnen…mehrIn zwei Jahren werden wir den 500. Jahrestag der Reformation feiern. Ein wirklich beachtenswertes Jubiläum! Luther hat damals die bestehende Welt völlig umgekrempelt und das tote Kirchenleben in Schwung gebracht. Von dem Glauben, die Kirche wird einen schon in den Himmel bringen, wenn man nur genug spendet (Stichwort: Ablaß), brachte der Reformator die Menschen dazu zu erkennen, daß es an ihnen selbst liegt, an ihrem Glauben, an ihrer Umkehr und an ihrer Entschiedenheit, ob sie persönlich jemals den Himmel sehen werden.
Im Lauf der Zeit hat sich das im Bereich der evangelischen Kirche zu einem “wir kommen alle, alle, alle in den Himmel” entwickelt. Heute glauben die meisten nicht mehr an die Hölle, keiner will Rechenschaft ablegen für sein Denken, Wollen und Tun, und der Zeitgeist hat die Kirche eingenommen. Die Bibel ist ein altes Buch geworden, an das sich einige “Ewig Gestrige” noch halten, das der Kirche, der Theologie und den Menschen aber völlig gleichgültig ist. Man glaubt, die Autorität zu haben, zu glauben und wegzustreichen, wie es einem paßt.
“2017 - Die neue Reformation” setzt am Kirchentag 2015 an. In romanhafter Form wird erzählt, wie eine Gruppe junger Studenten auf der Rückfahrt, noch begeistert von den Erlebnissen des Festes, den Wunsch ausspricht, es möchte doch immer so weitergehen. Noch am selben Abend, mithilfe von Facebook, entsteht eine neue Bewegung, an deren Ende die “Lebendige Kirche” steht. Vieles im Roman ist an den historischen Geschehnissen im Zusammenhang mit Luthers Reformation orientiert, manchmal überdeutlich:
Der “Luther 2017” heißt Christian van Haeven und erlebt zusammen mit seinen zeitgenössischen Freunden in entsprechenden Rollen der Reformation dasselbe noch einmal, angepaßt an das 21. Jahrhundert. Allerdings werden hier – im Unterschied zu Luthers Reformation – praktisch keine inhaltlichen Reformen beschrieben: die Reformation 2017 ist im Wesentlichen eine Reformation der Formen. Zugegebenermaßen ist die Liturgie für viele ein Anstoß, die Hälfte des Gottesdienstes ist schon vorher Wort für Wort klar, man empfindet die dafür aufgewendete Zeit als verloren. Das wird also im Roman komplett abgeschafft. An die Stelle der Liturgie tritt “die Freiheit”: Popmusik, Festessen und was die Einzelnen sich so überlegen. Alles ganz frei und nach meinem Empfinden nicht besonders auf Jesus konzentriert. Es zählt die Begeisterung und der Genuß.
Besonders viele geistliche Highlights habe ich nicht gefunden. Es wird zwar Begeisterung beschrieben, aber ich kann kein neues Leben finden, das sich aus der Begegnung mit Jesus ergeben hätte. Für mich scheint sich nur die Form geändert zu haben, der Inhalt ist noch derselbe. Vielleicht auch deshalb kommt Christian im Vorfeld der 25 Jahre-Feier in geistliche Not. Was ist überhaupt passiert? Was hat sich eigentlich geändert (außer der Form)? Genau das frage ich mich auch. Für mich sieht das Ergebnis der Handlung aus wie alter Wein in neuen Schläuchen. Was hier beschrieben wird, ist nicht Erweckung.
Vielleicht ist genau das auch heute das Problem der Kirche: Es sind nicht die Pop-Konzerte, die Menschen in die Kirche bringen. Auch heute noch ist das menschliche Bedürfnis, die innere geistliche Leere zu füllen, ein wichtiges Lebensziel. Aber wenn die Kirche diese Leere nicht füllen kann, weil sie den auferstandenen Messias nicht in ihrer Verkündigung haben will, weil ihr seine Ansprüche zu weit gehen, weil man den Menschen nicht zumuten will, den Sieger von Golgatha persönlich kennenzulernen – dann wird sich das Experiment Kirche totlaufen. Auch hier im Buch finde ich nicht das Leben, das Jesus uns geben möchte. Hinter der Beschreibung der “phantastischen Erweckung” ist kein Leben. Die Reformation ist nicht glaubwürdig.
Eingestreut findet eine Reise des neuen Luther auf den Spuren von Paulus statt - für Historisch Interessierte sicher sehr spannend.