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Volksmusik der anderen Art: 35 Jahre lang hat sich die BiermÖsl Blosn über (nicht nur) bayerische Befindlichkeiten und Missstände lustig gemacht, bis zu ihrer AuflÖsung im Februar 2012. Theaterstücke wie "München leuchtet", "Diridari" und "Tschurangrati" haben Kultstatus, ihre Auftritte mit Gerhard Polt schrieben deutsche Kabarettgeschichte, ebenso wie die Zusammenarbeit mit Dieter Hildebrandt oder den Toten Hosen. Hans Well, Kopf und Texter der BiermÖsl Blosn, erzählt: Vom Aufwachsen in der Großfamilie Well im bayerischen Hinterland und wie 15 Geschwister Musik machten, in verschiedenen…mehr

Produktbeschreibung
Volksmusik der anderen Art: 35 Jahre lang hat sich die BiermÖsl Blosn über (nicht nur) bayerische Befindlichkeiten und Missstände lustig gemacht, bis zu ihrer AuflÖsung im Februar 2012. Theaterstücke wie "München leuchtet", "Diridari" und "Tschurangrati" haben Kultstatus, ihre Auftritte mit Gerhard Polt schrieben deutsche Kabarettgeschichte, ebenso wie die Zusammenarbeit mit Dieter Hildebrandt oder den Toten Hosen. Hans Well, Kopf und Texter der BiermÖsl Blosn, erzählt: Vom Aufwachsen in der Großfamilie Well im bayerischen Hinterland und wie 15 Geschwister Musik machten, in verschiedenen Formationen. Von der Gründung der Blosn und prominenten Satireopfern, die eine Sendung im Bayerischen Rundfunk fast verhinderten. Vom stockschwarzen Bayern seiner Jugend bis zu Auftritten am Burgtheater und Tourneen nach Afrika, für die Nachwelt verewigt in dem Film "Plattln in Umtata". Ein Revival in Buchform, ein Stück deutsche Satiregeschichte, ein Muss für alle Fans der BiermÖsl Blosn!
Autorenporträt
Hans Well wurde am 1. Mai 1953 als neuntes Kind der 17-kÖpfigen Well-Familie in Günzlhofen geboren. Er war der Kopf der BiermÖsl Blosn und schrieb die Texte der Musikkabarettgruppe. Er spielt Gitarre, Steirisches Akkordeon, Saxophon, Trompete, Bratsche, Sopran-Jagdhorn und Bariton-Alphorn.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.06.2013

Vom Aufstieg, Triumph und Zerplatzen der Blosn

Bruderzwist im Hause Well: Die Geschichte der Biermösl Blosn wird jetzt von den drei Beteiligten in zwei Büchern beleuchtet - autobiographisch und als Freundschaftsbuch.

Im Sommerloch des Jahres 2011 nahm eine respektvoll erschütterte Nachwelt Kenntnis von der Auflösung der berühmtesten bayerischen Volksmusik-Gruppe, die die Welt je gesehen hatte. Die Biermösl Blosn war am Ende und mit ihr eine Ära. Die Brüder Hans, Michael und Christoph Well, drei von fünfzehn Kindern einer Lehrerfamilie aus dem oberbayerischen Günzlhofen, haben, alte Volksmusik mit neuen Texten und musikalische Perfektion mit schauspielerischer Anarchie verknüpfend, sogenannte Kleinkunstgeschichte geschrieben, zumal in Verbindung mit Gerhard Polt, mit dem sie drei Jahrzehnte lang auf der Bühne standen. "Aus is, und gor is, und schod is, dass wohr is", so steht es auf der Homepage, einem nun toten Briefkasten.

Zeugnis abgelegt von ihren Heldentaten haben jetzt beide Parteien. Hans Well, soeben sechzig geworden, als Solist in einer Autobiographie; Christoph (genannt "Stofferl") und Michael als Duo in einem eilends arrangierten Familienalbum ("Roadbook"), zu dem fünf Dutzend lebende und verstorbene Beiträger Gedenkblätter, Briefe und Zeitungsartikel beisteuern. Mit dabei Alfred Biolek, der die Biermösl fürs Fernsehen entdeckte, Theater-Weggefährten wie Hans Christian Müller, Dieter Dorn und Claus Peymann, Musiker wie Fredl Fesl, Campino, Georg Ringsgwandl sowie Prominenz à la Altbundeskanzler Gerhard Schröder und Vincent Klink.

Über das Abschiedskonzert im Januar 2012 in Fürth schrieb die Kritikerin der "Süddeutschen" den verhängnisvollen Satz: "Es ist alles wie immer." Genau darin liegt das Problem, behauptet jedenfalls Hans Well - dass seine jüngeren Brüder auf der Innovationsbremse standen. Das Bemühen um Ausgewogenheit ist dennoch deutlich, die Verwundung auch. Hans Well, der die meisten Texte der Gruppe schrieb, zeigt sich auch in seinen Erinnerungen als derjenige, der für die Leichtigkeit des Seins den höchsten Zins zu zahlen hat - als Grübler, als Leidender an einer Welt, die nicht so ist, wie er sie gern hätte, worüber ihn manchmal ein heiliger Zorn ergreift. Seine Brüder bringen in dieser Disziplin weniger Gewicht auf die Wage. Stofferl ist ein grandioser Vollblutmusiker, der die Solo-Trompeterlaufbahn bei den Münchner Philharmonikern unter Sergiu Celibidache wegen einer kaputten Herzklappe kurzerhand in eine Harfenkarriere umformt. Kein Instrument, das sich lange seinem Zugriff entziehen kann; Michael ist als Organisator der Mann hinter den beiden Rampensäuen.

Die Großfamilie ist Stütze und Bürde zugleich: "Mit vierzehn Geschwistern als Konkurrenten um die elterliche Liebe", schreibt Christoph Well, "muss man Fähigkeiten entwickeln, mit denen man die anderen übertrifft." Man sei "keinesfalls umhegt und liebevoll behandelt worden", stimmt auch Hans Well zu. Das sind bei ihm die aufschlussreichsten Kapitel geworden, die über Kindheit und Jugend. Die Mutter, die "oft labil und depressiv wirkte", wenn sie nicht schwanger war; der seitenspringende Vater, ein harter Hund und begnadeter Lehrer, strammer Nazi, der nach dem Krieg wieder katholisch wurde und erst am Ende seines Lebens den Kurs gegenüber der eigenen Brut bedauerte. Hausmusik war Pflicht, noch heute sitzt die dreiundneunzigjährige Gertraud Well als ihr eigenes Denkmal auf der Bühne.

1976 gegründet, verläuft die Karriere der Biermösl Blosn - der Name verweist auf das im Volksmund "Biermoos" genannte Beerenmoos sowie auf Blasinstrumente und "Blase" im Sinn von Clique - unvorhersehbar zügig bis in ferne Länder, wohin sie das nicht-geschönte Bayerntum exportieren, nachdem sie dem Humus der Münchner Brettlszene entwachsen sind. Aus der tümelnden "CSU-Musik" wird bei ihnen wieder richtige Volksmusik. Politisch der SPD und den Grünen nah, erregen ihre Auslandstourneen mit dem Goethe-Institut sogar den Zorn von Kanzler Helmut Kohl. Singspiele an den Münchner Kammerspielen ("München leuchtet", 1985; "Tschurangrati", 1993) mit Gisela Schneeberger, Dieter Hildebrandt und Otto Grünmandl sind Publikumsrenner.

Die Lektüre beider Bücher hinterlässt ein zwiespältiges Gefühl. Hans Wells Erinnerungen sind das substantiellere Werk; der Wettlauf um die Deutungshoheit ist dennoch traurig, weil die Bewertungen der meisten Erlebnisse und der sie begleitenden Personen nicht sehr weit auseinanderliegen. Auch wenn das Brüderpaar gleich im Vorwort betont, man fühle sich "zum Schreiben einer Autobiographie nicht wichtig und alt genug". Dass der Verstüftler Hans Well seit langem Tagebuch führt und darin auch festhält, wie der Spaß an der Freud' verlorenging, hilft ihm nicht: Er leidet unter der Trennung wie unter einer Scheidung. Und Gerhard Polt? Hält sich als langjähriger Beziehungskitter mit Bewertungen zurück.

Gelegentlich spürt er immerhin zusammen mit den Wells den Atem der Weltgeschichte. Wie Polt mit dem Kanzler Schröder in Hannover ein "Blunsngröstl" teilte - das stimmhafte "s" womöglich als Anspielung auf die hochdeutsche Aussprache von Blunzn (Blutwurst) -, hat zwei verschiedene Pointen: Der ans Telefon gerufene Schröder kehrt nach einer Weile an den Tisch zurück. In der Version von Polt hat er mit Tony Blair telefoniert, in der von Hans Well mit Joschka Fischer. Das Resultat ist das gleiche: Man hat ihm mitgeteilt, dass England den Irak-Krieg unbedingt will.

Die Schattenseite des Erfolgs: Es ist nicht leicht, sich diesen nicht zu Kopf steigen zu lassen. Messbar wird der politische Einfluss der Biermösl Blosn nie sein, vorhanden war er zweifelsohne. Es gab tatsächlich Zeiten, in denen die Gruppe wie die wahre Oppositionspartei in Bayern agierte, befeuert durch das De-facto-Sendeverbot beim Bayerischen Rundfunk. Siehe die stolze Eigenbilanz von Christoph und Michael Well: "Fünf bayerische Ministerpräsidenten wurden aus dem Amt gesungen." Aber so wie den Passauer Kabarettisten ihr schwarzkatholisches Milieu abhanden kam, weil sich die Stadt verjüngte, so ging auch die rituelle Kritik an der Staatspartei CSU zusammen mit dieser in den Sinkflug über. Dass das Ende der Biermösl Blosn jetzt auf dem Marktplatz der Öffentlichkeit aufgearbeitet wird, widerspricht dem guten Brauch, Schmutzwäsche im eigenen Keller zu waschen.

HANNES HINTERMEIER

Christoph und Michael Well: "Biermösl Blosn". Tokio, Kapstadt, Hausen. Hrsg. von Claudia Pichler.

Kein & Aber, Zürich 2013. 288 S., Abb., br., 19,90 [Euro].

Hans Well mit Franz Kotteder: "35 Jahre Biermösl Blosn".

Antje Kunstmann Verlag, München 2013. 330 S., geb., 19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Hans Well, langjähriger hauptverantwortlicher Texter der Biermösl Blosn, erzählt in diesem Buch die Geschichte der bayerischen Volksmusik- und Satiregruppe, mit der er "sogenannte Kleinkunstgeschichte geschrieben" hat, fasst Hannes Hintermeier zusammen. Von den Wurzeln, dem strengen Vater mit Nazi-Hintergrund und den vierzehn Geschwistern, führt die Geschichte über die Gründung der Gruppe bis zu ihrem beträchtlichen künstlerischen und auch oppositionell-politischen Einfluss, berichtet der Rezensent angeregt. Er bedauert allerdings, dass es sich der Autor nicht verkneift, mit seinen Brüdern Christoph und Michael, die ihre Sicht der Dinge in einem Konkurrenzbuch dargelegt haben, um die Deutungshoheit zu ringen. Im direkten Vergleich erachtet Hintermeier Hans Wells Buch jedoch als "das substantiellere Werk" gegenüber dem "Familienalbum" seiner Brüder.

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