365 Tage Fashion spannt einen Bogen von den Korsetts der Jahrhundertwende zu den avantgardistischen Laufstegkreationen unserer Tage. Ob Designer, Stilikonen, Starfotografen oder Supermodels, Mode-Klassiker, Schuhe, Stoffmuster oder Accessoires: sie alle tragen zum vielfältigen Gesicht der Moder der letzten 100 Jahre bei. 365 Tage Fashion überrascht jeden Tag mit einem neuen Foto, einer neuen Einsicht in die Welt der Mode, begleitet von informativen Bildunterschriften und prägnanten Zitaten. Hervorragendes Bildmaterial, spannende Details und ein ansprechendes Layout, das viel Platz für eigene Ideen und Notizen lässt, machen den Band nicht nur zu einem attraktiven Geschenk, sondern auch zur Bereicherung für das eigene Zuhause.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.06.2008Was tragen wir heute?
Ein Kalenderbuch blättert Modegeschichte auf
"Sei tags eine Raupe und ein Schmetterling bei Nacht", riet Coco Chanel allen Frauen, die von der uralten Menschheitsfrage umgetrieben werden, was sie gut aussehen lässt. "Es sollte Kleider geben, die kriechen, und Kleider, die fliegen", fügte die Pariser Mode-Queen erklärend hinzu. "Der Schmetterling geht nicht zum Markt, und die Raupe geht nicht zum Ball." Daneben ist ein Kopfputz aus der Herbst/Winter-Kollektion 2007 von Alexander McQueen abgebildet: Ein Geschwirr tiefroter Schmetterlinge, schwarz gestromt und weiß gepunktet, umrahmt das Gesicht eines Models. Nichts für den Markt.
Auf 736 Seiten feiert der Band "365 Tage Fashion" die Mode. Idealmaße hat das Werk nicht gerade, wiegt es doch stattliche zwei Kilo. Dafür gibt es viel zu sehen und Kurzweiliges zu lesen, wobei Leser sich nicht allzu eng an das Prinzip eines Kalender-Jahrbuchs halten müssen. Optisch und textlich spannt sich der Bogen über das Jahrhundert der Mode - vom Korsett bis zum Turnschuh, vom Reformkleid bis zur Streetwear, von der großen Abendrobe bis zur Gürtelschnalle. Das sitzt und hat nicht nur Passform, sondern ist nebenbei aufschlussreich, weil das jeweilige Mode-Zitat in einen Kontext gestellt wird von Zeitgeist, biographischen Anmerkungen und Stilkritik. Designer-Sprüche und Kommentare begleiten das Bildmaterial. Ganz nebenbei beweist die aufwendige Chronik auch noch, dass guter Stil aller Vergänglichkeit trotzt und den Tag überleben kann, ohne langweilig zu werden. "Alles zu seiner Zeit: schmale Hosen, hohe Hemdkragen und das Sakko gern zweireihig geknöpft. Mick Jagger oder Keith Richards - solche bad boys ihrer Zeit sind im London der sechziger Jahre ziemlich elegant gekleidet, vergleicht man sie mit heutigen Rappern."
Mode sei eine bewusst ausgelöste Epidemie, behauptete der chronisch schlecht gelaunte Schriftsteller George Bernard Shaw einmal. Die Symptome dieser Epidemie können Schwindel auslösen: "Wenn man aus allen Preisschildern und allen Label-Etiketten der Welt einen Konfettiregen veranstalten würde - die Sonne würde sich wahrscheinlich monatelang verfinstern und das Leben auf der Erde enden", kommentiert Autor Pascal Morché das Foto von Lily Cole, die bei einer Show von Jasper Conran im Konfettiregen steht und dabei etwas benebelt aussieht. Ob Masche oder Provokation, Hysterie oder Konvention: Wir tragen Kleidung und muten anderen diesen Anblick zu. Viel wäre schon geholfen, wenn die Hälfte der Menschheit morgens eine Sekunde lang in den Spiegel schauen würde - oder ab und zu mal in dieses Buch.
AvM.
"365 Tage Fashion" mit Textbeiträgen von Pascal Morché, Prestel Verlag, München, 736 S., 29,95 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein Kalenderbuch blättert Modegeschichte auf
"Sei tags eine Raupe und ein Schmetterling bei Nacht", riet Coco Chanel allen Frauen, die von der uralten Menschheitsfrage umgetrieben werden, was sie gut aussehen lässt. "Es sollte Kleider geben, die kriechen, und Kleider, die fliegen", fügte die Pariser Mode-Queen erklärend hinzu. "Der Schmetterling geht nicht zum Markt, und die Raupe geht nicht zum Ball." Daneben ist ein Kopfputz aus der Herbst/Winter-Kollektion 2007 von Alexander McQueen abgebildet: Ein Geschwirr tiefroter Schmetterlinge, schwarz gestromt und weiß gepunktet, umrahmt das Gesicht eines Models. Nichts für den Markt.
Auf 736 Seiten feiert der Band "365 Tage Fashion" die Mode. Idealmaße hat das Werk nicht gerade, wiegt es doch stattliche zwei Kilo. Dafür gibt es viel zu sehen und Kurzweiliges zu lesen, wobei Leser sich nicht allzu eng an das Prinzip eines Kalender-Jahrbuchs halten müssen. Optisch und textlich spannt sich der Bogen über das Jahrhundert der Mode - vom Korsett bis zum Turnschuh, vom Reformkleid bis zur Streetwear, von der großen Abendrobe bis zur Gürtelschnalle. Das sitzt und hat nicht nur Passform, sondern ist nebenbei aufschlussreich, weil das jeweilige Mode-Zitat in einen Kontext gestellt wird von Zeitgeist, biographischen Anmerkungen und Stilkritik. Designer-Sprüche und Kommentare begleiten das Bildmaterial. Ganz nebenbei beweist die aufwendige Chronik auch noch, dass guter Stil aller Vergänglichkeit trotzt und den Tag überleben kann, ohne langweilig zu werden. "Alles zu seiner Zeit: schmale Hosen, hohe Hemdkragen und das Sakko gern zweireihig geknöpft. Mick Jagger oder Keith Richards - solche bad boys ihrer Zeit sind im London der sechziger Jahre ziemlich elegant gekleidet, vergleicht man sie mit heutigen Rappern."
Mode sei eine bewusst ausgelöste Epidemie, behauptete der chronisch schlecht gelaunte Schriftsteller George Bernard Shaw einmal. Die Symptome dieser Epidemie können Schwindel auslösen: "Wenn man aus allen Preisschildern und allen Label-Etiketten der Welt einen Konfettiregen veranstalten würde - die Sonne würde sich wahrscheinlich monatelang verfinstern und das Leben auf der Erde enden", kommentiert Autor Pascal Morché das Foto von Lily Cole, die bei einer Show von Jasper Conran im Konfettiregen steht und dabei etwas benebelt aussieht. Ob Masche oder Provokation, Hysterie oder Konvention: Wir tragen Kleidung und muten anderen diesen Anblick zu. Viel wäre schon geholfen, wenn die Hälfte der Menschheit morgens eine Sekunde lang in den Spiegel schauen würde - oder ab und zu mal in dieses Buch.
AvM.
"365 Tage Fashion" mit Textbeiträgen von Pascal Morché, Prestel Verlag, München, 736 S., 29,95 Euro.
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