Über 50 Jahre nach dem Ende des Dritten Reiches wird bei einer Beerdigung eher beiläufig die nationalsozialistische Vergangenheit des Großvaters und seine Tätigkeit bei der Gestapo erwähnt. Jahre später beginnt die Autorin, nach Spuren dieses Mannes zu suchen, der noch vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges starb und für sie ein Fremder ist. Dabei zeigt sich: Der Großvater ist nicht der einzige Angehörige, der sich mit Engagement im Nationalsozialismus beteiligt hat.Sechs chronologisch aufeinanderfolgende Beerdigungen bilden in diesem Buch den Rahmen, in dem die Autorin von der Familie ihrer Mutter und deren Eingebundensein in die Zeitläufte des 20. Jahrhunderts erzählt. Sie geben Aufschluss über die Geschichte einer ganz normalen Familie in Deutschland und über die Frage nach der eigenen Schuld im Dritten Reich - eine Frage, die beharrlich unterdrückt wurde, aber auf ebenso beharrliche Weise das familiäre Miteinander prägte. Diese Geschichte in sechs Beerdigungen richtet sich an jene, die sich für den weitgehend namenlosen Mittelbau des nationalsozialistischen Regimes interessieren und einen Einblick in die Motive und das Beziehungsgefüge einer durchschnittlichen Familie erhalten möchten, die voller Überzeugung am Dritten Reich mitgewirkt hat.Wilga Föste ergründet das emotionale Erbe ihrer Familie - und zeichnet dabei eine beeindruckende Topografie deutscher Mentalitäten. Vorgehen und Fragestellungen sind vorbildlich für alle, die sich mit der eigenen Familiengeschichte beschäftigen.