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Das posthume literarische Debüt von einem der renommiertesten Dokumentarfilmer der Gegenwart.
Ein Roman für alle:
- die schon einmal in einem Hotelzimmer übernachtet haben,
- die noch zehn Minuten haben, bis das Boarding ihres Anschlussfluges beginnt,
- die unter den 496 Sendern ihres Fernsehers keinen finden, den sie sehen wollen,
- die gerne Fortsetzungsromane in Tageszeitungen und/oder ihre Lieblingsbücher immer wieder lesen,
- Zimmermädchen, die alles über Menschen in Hotels wissen,
- Taxifahrer, die Reisende des Alltags sind und viele Pausen haben, von denen sie nie
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Produktbeschreibung
Das posthume literarische Debüt von einem der renommiertesten Dokumentarfilmer der Gegenwart.

Ein Roman für alle:

- die schon einmal in einem Hotelzimmer übernachtet haben,

- die noch zehn Minuten haben, bis das Boarding ihres Anschlussfluges beginnt,

- die unter den 496 Sendern ihres Fernsehers keinen finden, den sie sehen wollen,

- die gerne Fortsetzungsromane in Tageszeitungen und/oder ihre Lieblingsbücher immer wieder lesen,

- Zimmermädchen, die alles über Menschen in Hotels wissen,

- Taxifahrer, die Reisende des Alltags sind und viele Pausen haben, von denen sie nie wissen, wie lange sie dauern werden.

Michael Glawoggers Roman handelt von einem "er", der gerne reist und dabei um die ganze Welt kommt. Es sind beobachtungsscharf erzählte Episoden aus dem Leben eines neugierigen Mannes, der in den sich doch immer mehr ähnelnden Hotels rund um den Globus absteigt und dabei den verschiedensten Menschen begegnet.

"Warum gerade 69 Geschichten?", fragte sie. "Weil es eine schöne Zahl ist", antwortete er. "Und weil in Verwechslungskomödien aus 69 oft 66 oder 99 wird, wenn sich beim Zuschlagen der Tür eine Ziffer dreht, oder auch 96, wenn sich beide drehen." Und natürlich: wie in Hotels die Nummer 13 oft ausgespart wird, so bleibt auch die 13. Geschichte unerzählt.

Michael Glawogger, 1959 in Graz geboren, war einer der renommiertesten Dokumentarfilmer der Gegenwart (u.a. "Megacities", "Workingman's Death", "Whores' Glory"). Er starb im April 2014 an den Folgen einer Malariaerkrankung in Liberia während der Dreharbeiten zu seinem nunmehr letzten Film - die ihn in einem VW-Bus einmal um die Welt führen sollten. Die Reisebucheinträge erschienen im Standard und in der Süddeutschen Zeitung (nachzulesen unter: www.sueddeutsche.de/thema/Doku-Blog).

"69 Hotelzimmer", Michael Glawoggers literarisches Debüt, erscheint posthum in Zusammenarbeit mit Andrea Glawogger.

Pressestimmen:

"Aber es ist ein literarisches Werk eigenen Ranges, eine in vielen Details übrigens auch sehr österreichische Variation auf den großen Mythos vom Jedermann, der, genau besehen, eigentlich in einem Hotelzimmer am besten aufgehoben ist."

Frankfurter Allgemeine Zeitung

"Das wunderbare literarische Vermächtnis des großen Filmemachers."

Frankfurter Rundschau

"Voller Geist und Witz. Es führt in die Traumwelt eines Weltreisenden."

Der Standard

"Es setzt das Glück der Glawogger-Filme literarisch fort, die atemberaubende Unbefangenheit des Blicks, die kompakte Beschreibung, die Fernes unerwartet vertraut, Naheliegendes irritierend fremd macht."

Süddeutsche Zeitung
Autorenporträt
Michael Glawogger,1959 in Graz/Österreich geboren, Studium am San Francisco Arts Institute und an der Filmakademie Wien. Glawogger reist nicht nur als Autor, Regisseur und Kameramann rund um die Welt, sondern bewegt sich völlig frei in unterschiedlichen filmischen Formen und Genres. Seine Filme werden in Cannes, Venedig und auf zahlreichen anderen Filmfestivals gezeigt.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Ein knappes Jahr nach dem Tod des Filmemachers Michael Glawogger ist nun sein Buch "69 Hotelzimmer" erschienen und Rezensent Fritz Göttler ist ganz hingerissen: Dieses Reisebuch vermag die Kraft von Glawoggers Filmen fortzusetzen, schwärmt der Kritiker und verweist auf die Gabe des Autors mit grandios unbefangenem Blick Vertrautes fremd und Fremdes vertraut erscheinen zu lassen. Und so begleitet Göttler den Reisenden bei seinen Verschnaufpausen in verschiedensten Hotelzimmern, erhält intime Einblicke in Einsamkeit und Erwartungen, Filmideen und Visionen und liest ebenso groteske wie komische Episoden, etwa die eindringliche Schilderung des Sterbens einer Kakerlake. Nicht zuletzt erscheint dem Kritiker dieses Handbuch für das Leben in Hotelzimmern auch als zarter, vorsichtiger, an große Erzähler wie Montaigne, Cervantes oder Handke erinnernder Eindruck von Glawoggers Leben.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.04.2015

Und jeden Morgen bietet die Fremde eine neue Perspektive
In Zigarettenlänge: Die faszinierende Erzählsammlung "69 Hotelzimmer" des frühverstorbenen Filmregisseurs Michael Glawogger

Michael Glawogger arbeitete gerade an einem "Film ohne Namen" auf einer Reise ohne Ziel, als er vor einem Jahr in Liberia an einer Malaria-Infektion starb. Es war eine Verknüpfung von unglücklichen Umständen, die jede rettende Behandlung zu spät kommen ließ - äußerst knapp zu spät, aber eben doch so, dass seine Organe versagten, als die österreichischen Ärzte bereits gelandet waren. Neben dem Film hatte er auch noch an einem Buch gearbeitet, das ebenfalls vom Reisen handelte und das glücklicherweise noch fertig wurde: "69 Hotelzimmer" ist eine episodische Reflexion auf jene Verknüpfungen von Umständen, denen wir jederzeit, aber auf Reisen besonders unterliegen. Das Hotelzimmer als Ort, an dem man sich in der Fremde zu behausen versucht, der aber jeden Morgen durch den Zimmerservice "auf null" zurückgesetzt wird, ist ein perfekter Ausgangspunkt für Nachdenklichkeiten jeder Art. Und so präsentiert sich dieses Buch als eine Sammlung erzählerischer Essays über die Unwägbarkeiten des Daseins, und es lässt sich eine autobiographische Spur erkennen, auch wenn der Protagonist, der in der Regel nur als "Er" erscheint, den Namen Goran trägt. In einem Hotel in Mexiko trifft er auf einen Doppelgänger, da ist das Buch noch keine fünf Kapitel alt, und schon ist man auf alles gefasst.

Mit seinen Filmen hat Glawogger meist nach einer Form gesucht, die ihn selbst aus dem Spiel hielt. "Megacities", "Workingman's Death" oder "Whore's Glory" tendieren zur panoramatischen Form, zu einem objektivierenden Blick, nicht weil die Menschen darin zu Gegenständen würden, sondern der Betrachter sich der Umstände bewusst wird, denen sie unterliegen. Der "Film ohne Namen" wäre wohl offener geworden, ein Experiment auch mit Formlosigkeit. Vor diesem Hintergrund ist es nur umso interessanter, das Buch "69 Hotelzimmer" zu lesen. Denn es zeigt einen Filmemacher als formbewussten Autor. Schon der Titel ist Teil eines Spiels: In Wahrheit sind es 95 Hotelzimmer (96 abzüglich des angeblich unheilschwangeren dreizehnten). 95 erzählerische Miniaturen, deren Anzahl auf einer Standardsituation aus Verwechslungskomödien beruht: Jemand wirft eine Tür ins Schloss, und draußen kippen die Ziffern - aus 69 wird 96, allerlei unerwartete Begegnungen können nun passieren. Glawogger geht in jeder der 95 Geschichten von einem Raum an einem konkreten Ort aus, kommt dort aber, wie das in der Fremde leichter der Fall ist als zu Hause, ins Sinnieren, von der mikroskopierenden Selbstbeobachtung in feinste Verästelungen der Wahrnehmung und von dort in Grenzbereiche der Realität, in die Übergänge zum Traum und ins Phantastische.

Dabei sind diese kleinen Geschichten, denen Glawogger im knappen Vorwort die Länge einer Zigarette als Maß vorgibt, keineswegs auf surrealistische Kombination von Beliebigem aus, sondern präzise komponiert und häufig pointiert im Sinne moderner morality tales - die Moral von Reisenden besteht ja in einer klugen Vermittlung von Prinzipien mit Umständen.

Die vielleicht schönste Erzählung trägt den Namen einer Farbe: "Schwarz". Das dazugehörige Hotelzimmer befindet sich in Arusha in Tansania, wohin "Er" mit seiner Frau kommt, nachdem sie gemeinsam eine Tansanitmine besucht haben, einen Ort ohne Licht, aus dem sie über und über verschmutzt wieder herauskommen. Im Hotelzimmer säubern sie sich, es dauert fast eine Stunde, bis sie wieder "weiß" sind. Es ist einer dieser Momente, wie man ihn aus Beziehungen kennt, ein Moment, der alles neu macht, vor allem die Liebe, die sich hier ihrer Dauer versichert, zumindest für den Moment. Bei der Abreise "sah er aus dem fahrenden Auto eine Unzahl weißer Leintücher, die im Garten des Hotels an Wäscheleinen im Wind flatterten. Eines davon hatte noch die schwachen Umrisse zweiter schlafender Körper, die wirkten, als hätte sie jemand mit einem riesigen Bleistift darauf gezeichnet. Er fragte sich, wie oft man dieses Leintuch noch würde waschen müssen, bis man sie nicht mehr erkennen konnte."

Dieses Bild, das bei aller Visualität eindeutig literarisch ist, enthält fast alles, was Michael Glawogger zu einem großen Erzähler macht: ein Sinn für die Medialität der Vergänglichkeit, eine Perspektivik, die der intimen Berührung und dem Blick im Wegfahren einen gleich hohen Stellenwert beimisst, und die Spekulation auf eine Zukunft ohne einen selbst. Die Orte schließen sich gleichsam wieder, nachdem man sie verlassen hat, und irgendwann sind alle Spuren herausgewaschen, es sei denn, es bleiben Sedimentierungen wie dieses Buch zurück.

Der Reisende, den Glawogger zu erkennen gibt, ist ein Zwangsneurotiker ohne Zwang und ohne Neurose. Alles das, was sich in ungünstigen psychischen Konstellation in Wiederholungszwängen und Unfreiheit verfestigt, hält er in der Schwebe einer exponierten Existenz. So sucht er zum Beispiel durchaus nach Routinen bei seinen Aufenthalten in der Fremde. Wenn er dann aber in Aranuaprathet in Thailand ein Hotelzimmer gefunden hat, in das er immer wiederkehrt (immer dann, wenn er an die Landesgrenze muss, wenn er etwa pro forma nach Kambodscha ausreist, um die Voraussetzung für ein neues Visum zu erfüllen), dann wird ihm dieses Zimmer zum Anlass einer Beobachtung über die Dauer im Wechsel: Er sucht in einem Schrank, den er mit einem Dietrich öffnen muss, nach einem Hemd, das er dort vergessen hatte. Es ist nicht mehr da, aber er findet ein anderes, das zufällig passt. Und er findet auch das eigene Hemd wieder - unter Umständen, die dann schon seltsam anmuten müssten, als würde sich der Zufall über Gebühr anstrengen. Und eine bedeutsame Konstellation ist in dieser Erzählung "#70" zwar enthalten, aber sie ist nicht so bedeutsam, dass der Erzähler deswegen das Rauchen aufgeben müsste.

In Österreich gibt es einen Ausdruck für die häufig komische Entrücktheit, auf der diese Erzählungen beruhen: Jemand schaut "ins Narrenkastel". Glawogger deutet gegen Ende des Buches an, dass dies die Geisteshaltung sein könnte, die am Ursprung seines Fabulierens steht. Nicht zufällig ist es ein Vorfall mit der Mutter, der hier heraufbeschworen wird, und das entsprechende Hotelzimmer liegt in Graz. Ein Dokumentarist ist jemand, der Fiktionen schafft, die "Sinn ergeben" und mit denen er Spuren legt: "Man ist es immer nur selbst, der eine Spur legt."

Der frühe Tod von Michael Glawogger morgen vor einem Jahr, über dessen nähere Umstände Eva Menasse in ihrem liebevollen und gescheiten Nachwort einige Details preisgibt, hat "69 Hotelzimmer" zu eine Spur werden lassen, der wir auch aus Gründen der Verehrung für sein filmisches Werk folgen wollen. Aber es ist ein literarisches Werk eigenen Ranges, eine in vielen Details übrigens auch sehr österreichische Variation auf den großen Mythos vom Jedermann, der, genau besehen, eigentlich in einem Hotelzimmer am besten aufgehoben ist. Michael Glawogger war oft darauf aus, an Orte zu kommen, an denen ihn niemand vermutet hätte. Aber er wurde immer gefunden - im besten wie im traurigsten Sinne.

BERT REBHANDL

Michael Glawogger:

"69 Hotelzimmer".

Die Andere Bibliothek, Berlin 2015. 250 S., geb., 42,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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