Longlist WISSEN! Sachbuchpreis der wbg für Geisteswissenschaften 2021
Der Deutsch-Französische Krieg und die Entwicklung Europas
Europa änderte sich 1870 grundlegend. Mit der Schlacht von Sedan wurde nicht nur der französische Kaiser Napoleon III. gefangengenommen, die deutschen Truppen triumphierten in Paris und im Spiegelsaal von Versailles fand die deutsche Kaiserproklamation statt. Dieses Datum stellt auch eine bedeutende Zäsur in der Politik und in der Militärgeschichte dar.
Klaus Jürgen Bremm, Publizist und Historiker, legt mit seinem Buch eine umfassende Gesamtdarstellung des Deutsch-Französischen Krieges und eine Neubewertung dieser historischen Ereignisse vor:
Europäische Geschichte vom Wiener Kongress über den Deutsch-Französischen Krieg zur deutschen ReichsgründungWaffengänge, Waffentechnik und militärische Strategien: der "Einigungskrieg" gilt als erster moderner Krieg der WeltgeschichteWeißenburg, Wörth und Spichern, Metz und Sedan: detaillierte Analyse entscheidender Schlachtender Einsatz von Propaganda und der Krieg gegen Franctireurs und ZivilistenHintergrund-Infos zum Aufbau des preußischen Heeres und zur Einführung der Wehrpflicht
Das Ende der Grande Nation: Frankreich tritt in die zweite Reihe
Seit dem Krieg sind fast anderthalb Jahrhunderte verstrichen. Kaiserreich und Dritte Republik, die beide aus dem Konflikt von 1870/71 hervorgingen, sind längst wieder aus der Geschichte verschwunden. Doch wie Klaus-Jürgen Bremm aufzeigt, sollte die Bedeutung des sogenannten "Einigungskrieges" nicht unterschätzt werden. Frankreich, die einstige Grande Nation, spielt seitdem eine untergeordnete Rolle bei den europäischen Mächten. Worauf sich diese Entwicklung begründete und wie sie über die Reichsgründung Bismarcks und dem Siegeszug der allgemeinen Wehrpflicht hinaus bis in die Katastrophe des 20. Jahrhunderts nachwirkte, stellt Klaus Jürgen Bremm kenntnisreich dar - für Historiker und politisch Interessierte spannend und Augen öffnend!
Der Deutsch-Französische Krieg und die Entwicklung Europas
Europa änderte sich 1870 grundlegend. Mit der Schlacht von Sedan wurde nicht nur der französische Kaiser Napoleon III. gefangengenommen, die deutschen Truppen triumphierten in Paris und im Spiegelsaal von Versailles fand die deutsche Kaiserproklamation statt. Dieses Datum stellt auch eine bedeutende Zäsur in der Politik und in der Militärgeschichte dar.
Klaus Jürgen Bremm, Publizist und Historiker, legt mit seinem Buch eine umfassende Gesamtdarstellung des Deutsch-Französischen Krieges und eine Neubewertung dieser historischen Ereignisse vor:
Europäische Geschichte vom Wiener Kongress über den Deutsch-Französischen Krieg zur deutschen ReichsgründungWaffengänge, Waffentechnik und militärische Strategien: der "Einigungskrieg" gilt als erster moderner Krieg der WeltgeschichteWeißenburg, Wörth und Spichern, Metz und Sedan: detaillierte Analyse entscheidender Schlachtender Einsatz von Propaganda und der Krieg gegen Franctireurs und ZivilistenHintergrund-Infos zum Aufbau des preußischen Heeres und zur Einführung der Wehrpflicht
Das Ende der Grande Nation: Frankreich tritt in die zweite Reihe
Seit dem Krieg sind fast anderthalb Jahrhunderte verstrichen. Kaiserreich und Dritte Republik, die beide aus dem Konflikt von 1870/71 hervorgingen, sind längst wieder aus der Geschichte verschwunden. Doch wie Klaus-Jürgen Bremm aufzeigt, sollte die Bedeutung des sogenannten "Einigungskrieges" nicht unterschätzt werden. Frankreich, die einstige Grande Nation, spielt seitdem eine untergeordnete Rolle bei den europäischen Mächten. Worauf sich diese Entwicklung begründete und wie sie über die Reichsgründung Bismarcks und dem Siegeszug der allgemeinen Wehrpflicht hinaus bis in die Katastrophe des 20. Jahrhunderts nachwirkte, stellt Klaus Jürgen Bremm kenntnisreich dar - für Historiker und politisch Interessierte spannend und Augen öffnend!
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.10.2019„Nur Faust, kein Kopf“
Klaus-Jürgen Bremm erzählt die Geschichte des Krieges von 1870/71
Am 20. Juli 1870 – tags zuvor war in Berlin die französische Kriegserklärung eingegangen – wurden in Köln bereits die Bäume vor den äußeren Forts gefällt. Im Falle einer Belagerung sollten die Verteidiger freies Schussfeld haben. Das preußische Militär rechnete mit einem raschen Angriff des Gegners, und so dachte man fast überall. Frankreich war die erste Macht des Kontinents. Seine Armeen hatten siegreich auf der Krim und in Norditalien gekämpft; Preußen wurde etwas herablassend das „Piemont des Nordens“ genannt, seine Erfolge im Dänischen und Deutschen Krieg nicht für voll genommen.
Doch wie bekannt entwickelten sich die Dinge für Frankreich zu einem Desaster; die deutsche Seite dagegen musste nicht eine einzige ernste Niederlage hinnehmen. Das Wort Benjamin Disraelis, damals Oppositionsführer im britischen Unterhaus, dieser Krieg sei ein „größeres politisches Ereignis“ als die Französische Revolution, zielte nicht allein auf die Tiefe der Veränderung, sondern auch auf die maßlose Überraschung, die sie für alle bedeutete. Und doch fanden diese erstaunlichen Dinge viele Jahre wenig Beachtung. Im Frühjahr dieses Jahres allerdings veröffentlichte Tobias Arand eine „Geschichte des Deutsch-Französischen Krieges, erzählt in Einzelschicksalen“, und jetzt im Herbst ist von Klaus-Jürgen Bremm „70/71. Preußens Triumph über Frankreich und die Folgen“ erschienen, knapp, flink und äußerst meinungsstark im Einzelnen.
Hat Bismarck die Entwicklung zum Krieg gelenkt? Bremm ist sich nicht sicher, scheint dieser Sicht aber zuzuneigen. Aber wenn Bismarck der französischen Regierung eine Falle stellte, so stürzte diese sich mit Begier hinein. Nachdem Wilhelm I. die spanische Thronkandidatur eines Prinzen aus der katholischen Seitenlinie des Hauses Hohenzollern zurückgezogen und damit dem verständlichen französischen Druck nachgegeben hatte, wollte Paris aus einem großen Erfolg den totalen Triumph machen. Außenminister Gramont verlangte den Verzicht für alle Zeiten und eine Entschuldigung Wilhelms bei Napoleon III. Damit überzog er das Konto seines Staates, was seinem entsetzten Regierungschef Ollivier auch sofort klar war. Auf die Emser Depesche, mit der das Ansinnen zurückgewiesen wurde, folgte die Kriegserklärung.
Frankreich begann den Krieg ohne diplomatische Deckung. Europa sah Preußen und seinen als friedenswillig beurteilten König im Recht. Und wenn Paris auf österreichischen Beistand hoffte, so gegen besseres Wissen. Österreich konnte sich unmöglich gegen Preußen stellen, wenn das mit dem Zugriff Frankreichs auf die linksrheinischen Gebiete einherging, und hatte das auch früh durchblicken lassen. Allenfalls auf Wunsch der süddeutschen Staaten hätte sich ein Engagement denken lassen, aber von einem solchen Wunsch konnte keine Rede sein, Bayern hatte mit der Pfalz ja selbst linksrheinische Interessen. Dazu kam die nationale Aufwallung auch in Süddeutschland. Wohl war die Begeisterung eine Sache vor allem der höheren Stände und größeren Städte, aber das ist in solchen Fällen das Übliche.
War Frankreich in den Krieg ohne diplomatische Vorbereitung getreten, so erwies es sich auch militärisch als überrascht. Im Kabinett erklärte Kriegsminister Lebœuf seine Armee für „erzbereit“ (archi-prêt), doch das war sie nicht. Es gab keine Aufmarschpläne, für den Eisenbahntransport waren keine Vorkehrungen getroffen. Anders in Berlin. Der preußisch-deutsche Aufmarsch vollzog sich ruhig, fast langsam (die Züge verkehrten mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 25 Stundenkilometern), aber planmäßig. So wurde der Krieg mit den ersten Tagen schon auf französisches Gebiet getragen.
Namentlich der reibungslose Aufmarsch hat zu dem verbreiteten Glauben beigetragen, die späteren deutschen Siege seien Ergebnis überlegener Planung, gründlicher geistiger Arbeit gewesen, ein Eindruck, den viele Franzosen teilten. Das ist nicht ganz falsch, aber verkennt ein wesentliches Moment der Kriegsführung vor allem der ersten Wochen: den selbstständigen und oft unbeherrschten Offensivgeist, der unterhalb der Ebene des Großen Generalstabs herrschte.
Bei Spichern zum Beispiel hatten sich die Franzosen auf einer Anhöhe verschanzt, ihre Stellung war kaum einzunehmen, zumal der Aufstieg sehr steil war. Dennoch wurde der Angriff gewagt, gelang zuletzt auch, doch nur unter schrecklichen Verlusten. Die psychische Wirkung war groß. Aber ein Beispiel glänzender Führung wurde hier nicht gegeben, Bremm nennt sie „stümperhaft“.
Zu solchen Urteilen gab es viel Gelegenheit. Wilhelm I. und sein Sohn, der Kronprinz, waren immer wieder entsetzt von den schweren Verlusten. Ende August sprach Wilhelm in einem Befehl an die Armee seine Erwartung aus, es werde der Intelligenz seiner Offiziere wohl gelingen, durch „gründlichere Vorbereitung des Angriffs“ künftig dieselben Erfolge mit geringeren Opfern zu erreichen. Bismarck sah es ähnlich, machte die „Gier nach dem Eisernen Kreuz“ verantwortlich und resümierte: „Nur Faust, kein Kopf und doch siegen wir.“ Immerhin muss man den auf Bravour gestellten Offizieren zugestehen, dass sie die Gefahren der Truppen teilten; ihre Verluste waren enorm hoch.
Mit der Kapitulation bei Sedan war das Ende des französischen Kaiserreichs gekommen, aber die Republik setzte den Kampf fort. Das ist besonders interessant, weil nun das „Volk“ gegen den Eindringling mobilisiert wurde, hier hätte man sich eine ausführlichere politische Darstellung gewünscht und auf manche Details der Kampfhandlungen auch verzichten können. Marx hielt die Kritik an der französischen Kriegsführung einschließlich des Einsatzes von Freischärlern für lächerlich, das sei eine „echt hohenzollernsche Idee“. Aber von heute aus wird man vielleicht eher Moltke zustimmen, der in der Mobilisierung des Volkes jenseits der regulären Armeen eine Enthemmung sah, einen „Rückschritt zur Barbarei“.
Dabei mag Moltke auch die Standesegoismen des militärischen Expertentums verteidigt haben, aber damit war er nicht unbedingt im Unrecht. Die Frage, worin der deutsche Erfolg begründet lag, beantwortet Bremm jedenfalls zu seinen Gunsten. In Tapferkeit und taktischer Führung sei die deutsche Seite den Franzosen nicht überlegen gewesen, wohl aber in der Fähigkeit, Dispositionen im großen Maßstab zu treffen, in dem, was man Strategie nennt.
Dabei liegt in militärischer Fachmannschaft nicht unbedingt eine Mäßigung. Die preußische Artillerie war der französischen technisch stark überlegen. Deutschen Offizieren gab das Anlass, von einer „wahrhaft grauenhaften Sicherheit“ zu sprechen, mit der das Gelände „vom Feinde gesäubert“ wurde. Das ist es, was den Krieg von 1870/71 historisch interessant macht, seine Position auf dem Weg zum industrialisierten Krieg. Es gibt bereits die modernen Elemente in Waffen-, Verkehrs- und Nachrichtentechnik. Aber es gibt auch noch ein grenzüberschreitendes Gefühl der Offiziere und Monarchen, einer gemeinsamen europäischen Kaste anzugehören. Das aber ist von nationalen Empfindungen schon angekratzt.
STEPHAN SPEICHER
Moltke sah in der Mobilisierung
des Volkes einen
„Rückschritt zur Barbarei“
Klaus-Jürgen Bremm:
70/71.
Preußens Triumph über Frankreich
und die Folgen.
Wbg/Theiss, Darmstadt 2019.
336 Seiten, 25 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Klaus-Jürgen Bremm erzählt die Geschichte des Krieges von 1870/71
Am 20. Juli 1870 – tags zuvor war in Berlin die französische Kriegserklärung eingegangen – wurden in Köln bereits die Bäume vor den äußeren Forts gefällt. Im Falle einer Belagerung sollten die Verteidiger freies Schussfeld haben. Das preußische Militär rechnete mit einem raschen Angriff des Gegners, und so dachte man fast überall. Frankreich war die erste Macht des Kontinents. Seine Armeen hatten siegreich auf der Krim und in Norditalien gekämpft; Preußen wurde etwas herablassend das „Piemont des Nordens“ genannt, seine Erfolge im Dänischen und Deutschen Krieg nicht für voll genommen.
Doch wie bekannt entwickelten sich die Dinge für Frankreich zu einem Desaster; die deutsche Seite dagegen musste nicht eine einzige ernste Niederlage hinnehmen. Das Wort Benjamin Disraelis, damals Oppositionsführer im britischen Unterhaus, dieser Krieg sei ein „größeres politisches Ereignis“ als die Französische Revolution, zielte nicht allein auf die Tiefe der Veränderung, sondern auch auf die maßlose Überraschung, die sie für alle bedeutete. Und doch fanden diese erstaunlichen Dinge viele Jahre wenig Beachtung. Im Frühjahr dieses Jahres allerdings veröffentlichte Tobias Arand eine „Geschichte des Deutsch-Französischen Krieges, erzählt in Einzelschicksalen“, und jetzt im Herbst ist von Klaus-Jürgen Bremm „70/71. Preußens Triumph über Frankreich und die Folgen“ erschienen, knapp, flink und äußerst meinungsstark im Einzelnen.
Hat Bismarck die Entwicklung zum Krieg gelenkt? Bremm ist sich nicht sicher, scheint dieser Sicht aber zuzuneigen. Aber wenn Bismarck der französischen Regierung eine Falle stellte, so stürzte diese sich mit Begier hinein. Nachdem Wilhelm I. die spanische Thronkandidatur eines Prinzen aus der katholischen Seitenlinie des Hauses Hohenzollern zurückgezogen und damit dem verständlichen französischen Druck nachgegeben hatte, wollte Paris aus einem großen Erfolg den totalen Triumph machen. Außenminister Gramont verlangte den Verzicht für alle Zeiten und eine Entschuldigung Wilhelms bei Napoleon III. Damit überzog er das Konto seines Staates, was seinem entsetzten Regierungschef Ollivier auch sofort klar war. Auf die Emser Depesche, mit der das Ansinnen zurückgewiesen wurde, folgte die Kriegserklärung.
Frankreich begann den Krieg ohne diplomatische Deckung. Europa sah Preußen und seinen als friedenswillig beurteilten König im Recht. Und wenn Paris auf österreichischen Beistand hoffte, so gegen besseres Wissen. Österreich konnte sich unmöglich gegen Preußen stellen, wenn das mit dem Zugriff Frankreichs auf die linksrheinischen Gebiete einherging, und hatte das auch früh durchblicken lassen. Allenfalls auf Wunsch der süddeutschen Staaten hätte sich ein Engagement denken lassen, aber von einem solchen Wunsch konnte keine Rede sein, Bayern hatte mit der Pfalz ja selbst linksrheinische Interessen. Dazu kam die nationale Aufwallung auch in Süddeutschland. Wohl war die Begeisterung eine Sache vor allem der höheren Stände und größeren Städte, aber das ist in solchen Fällen das Übliche.
War Frankreich in den Krieg ohne diplomatische Vorbereitung getreten, so erwies es sich auch militärisch als überrascht. Im Kabinett erklärte Kriegsminister Lebœuf seine Armee für „erzbereit“ (archi-prêt), doch das war sie nicht. Es gab keine Aufmarschpläne, für den Eisenbahntransport waren keine Vorkehrungen getroffen. Anders in Berlin. Der preußisch-deutsche Aufmarsch vollzog sich ruhig, fast langsam (die Züge verkehrten mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 25 Stundenkilometern), aber planmäßig. So wurde der Krieg mit den ersten Tagen schon auf französisches Gebiet getragen.
Namentlich der reibungslose Aufmarsch hat zu dem verbreiteten Glauben beigetragen, die späteren deutschen Siege seien Ergebnis überlegener Planung, gründlicher geistiger Arbeit gewesen, ein Eindruck, den viele Franzosen teilten. Das ist nicht ganz falsch, aber verkennt ein wesentliches Moment der Kriegsführung vor allem der ersten Wochen: den selbstständigen und oft unbeherrschten Offensivgeist, der unterhalb der Ebene des Großen Generalstabs herrschte.
Bei Spichern zum Beispiel hatten sich die Franzosen auf einer Anhöhe verschanzt, ihre Stellung war kaum einzunehmen, zumal der Aufstieg sehr steil war. Dennoch wurde der Angriff gewagt, gelang zuletzt auch, doch nur unter schrecklichen Verlusten. Die psychische Wirkung war groß. Aber ein Beispiel glänzender Führung wurde hier nicht gegeben, Bremm nennt sie „stümperhaft“.
Zu solchen Urteilen gab es viel Gelegenheit. Wilhelm I. und sein Sohn, der Kronprinz, waren immer wieder entsetzt von den schweren Verlusten. Ende August sprach Wilhelm in einem Befehl an die Armee seine Erwartung aus, es werde der Intelligenz seiner Offiziere wohl gelingen, durch „gründlichere Vorbereitung des Angriffs“ künftig dieselben Erfolge mit geringeren Opfern zu erreichen. Bismarck sah es ähnlich, machte die „Gier nach dem Eisernen Kreuz“ verantwortlich und resümierte: „Nur Faust, kein Kopf und doch siegen wir.“ Immerhin muss man den auf Bravour gestellten Offizieren zugestehen, dass sie die Gefahren der Truppen teilten; ihre Verluste waren enorm hoch.
Mit der Kapitulation bei Sedan war das Ende des französischen Kaiserreichs gekommen, aber die Republik setzte den Kampf fort. Das ist besonders interessant, weil nun das „Volk“ gegen den Eindringling mobilisiert wurde, hier hätte man sich eine ausführlichere politische Darstellung gewünscht und auf manche Details der Kampfhandlungen auch verzichten können. Marx hielt die Kritik an der französischen Kriegsführung einschließlich des Einsatzes von Freischärlern für lächerlich, das sei eine „echt hohenzollernsche Idee“. Aber von heute aus wird man vielleicht eher Moltke zustimmen, der in der Mobilisierung des Volkes jenseits der regulären Armeen eine Enthemmung sah, einen „Rückschritt zur Barbarei“.
Dabei mag Moltke auch die Standesegoismen des militärischen Expertentums verteidigt haben, aber damit war er nicht unbedingt im Unrecht. Die Frage, worin der deutsche Erfolg begründet lag, beantwortet Bremm jedenfalls zu seinen Gunsten. In Tapferkeit und taktischer Führung sei die deutsche Seite den Franzosen nicht überlegen gewesen, wohl aber in der Fähigkeit, Dispositionen im großen Maßstab zu treffen, in dem, was man Strategie nennt.
Dabei liegt in militärischer Fachmannschaft nicht unbedingt eine Mäßigung. Die preußische Artillerie war der französischen technisch stark überlegen. Deutschen Offizieren gab das Anlass, von einer „wahrhaft grauenhaften Sicherheit“ zu sprechen, mit der das Gelände „vom Feinde gesäubert“ wurde. Das ist es, was den Krieg von 1870/71 historisch interessant macht, seine Position auf dem Weg zum industrialisierten Krieg. Es gibt bereits die modernen Elemente in Waffen-, Verkehrs- und Nachrichtentechnik. Aber es gibt auch noch ein grenzüberschreitendes Gefühl der Offiziere und Monarchen, einer gemeinsamen europäischen Kaste anzugehören. Das aber ist von nationalen Empfindungen schon angekratzt.
STEPHAN SPEICHER
Moltke sah in der Mobilisierung
des Volkes einen
„Rückschritt zur Barbarei“
Klaus-Jürgen Bremm:
70/71.
Preußens Triumph über Frankreich
und die Folgen.
Wbg/Theiss, Darmstadt 2019.
336 Seiten, 25 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.10.2019Der Triumph der besseren Eisenbahnfahrpläne
Am Ende siegten die stärkeren Bataillone: Klaus-Jürgen Bremm erzählt die Geschichte des Deutsch-Französischen Kriegs.
Von Andreas Kilb
Fast fünfzig Jahre lang wurden überall in Deutschland am 2. September die Fahnen gehisst. Es gab Umzüge, Paraden, Festreden, Konzerte und abendliche Tanzvergnügen, Kinder bekamen schulfrei und Kriegerdenkmäler ein frisches Blumenkleid, nur Sozialdemokraten und fromme Katholiken hielten sich fern. Das war der Sedantag, der Feiertag des Sieges über den Erbfeind Frankreich. In Theodor Fontanes Roman "Die Poggenpuhls" spielt er eine schicksalshafte Rolle, denn eine Reise zum Sedantag trägt dem Erbonkel Eberhard die tödliche Krankheit ein, durch die die Majorswitwe Poggenpuhl und ihre Kinder von ihren Geldsorgen erlöst werden. Im Jahr 1919 wurde der Sedantag abgeschafft. Heute ist er vergessen.
Tief vergessen in der deutschen Öffentlichkeit ist auch der Krieg, in dem die Schlacht von Sedan stattgefunden hat. Damals, im Sommer 1870, kämpften preußische, bayerische, badische und sächsische Truppen jenseits des Rheins gegen die Armeen des französischen Kaiserreichs. Eine von ihnen, bei der sich auch das Staatsoberhaupt aufhielt, wurde bei Sedan eingeschlossen. Napoleon III. musste sich ergeben, sein Thron stürzte, aber der Krieg ging weiter. Die neue republikanische Regierung rief die Massen zum Kampf auf, um den deutschen Belagerungsring um Paris zu sprengen. An der Loire, in der Normandie, bei Lyon und Belfort gab es blutige Gefechte. Erst im Mai 1871, mitten im Aufstand der Pariser Kommune, besiegelte die Republik im Frieden von Frankfurt ihre militärische Niederlage.
Vier Monate zuvor hatten die versammelten deutschen Fürsten im Spiegelsaal von Versailles das Deutsche Kaiserreich ausgerufen. Sein Souverän war der preußische König Wilhelm, seine Verfassung das Werk des preußischen Kanzlers Bismarck, der sich darin als einziger verantwortlicher Minister eine unantastbare Rolle sicherte. Es war die entscheidende Abbiegung auf dem "deutschen Sonderweg", in dem viele Historiker noch immer die beste Erklärung für das Unheil des Nationalsozialismus sehen. Deshalb überrascht es zunächst, dass in Klaus-Jürgen Bremms Darstellung des Deutsch-Französischen Kriegs das Wort "Sonderweg" nicht vorkommt. Im Schlusskapitel stellt Bremm sogar fest, von 1871 habe "keine direkte Linie" zum Kriegsausbruch von 1914 geführt. Ersichtlich geht es dem Autor darum, seinen Gegenstand aus seiner eigenen inneren Logik heraus zu beleuchten. Andererseits kann man fragen, ob dem Geschehen dadurch nicht eine wichtige historische Dimension verlorengeht.
Denn natürlich ist der Deutsch-Französische Krieg ein Glied in einer Kette. Das gesteht auch Bremm zu, indem er beiläufig auf die napoleonische Besatzungszeit vor 1813 zurück- und auf den Blitzsieg der Wehrmacht im Frühjahr 1940 vorausblickt. Aber auch als Medienereignis setzte der Krieg Maßstäbe. Sein Auslöser, die Emser Depesche, war ein von Bismarck geschickt redigiertes Telegramm. Marx und Engels kommentierten die Feldzüge von London aus, Theodor Fontane wurde beim Versuch, das Geburtshaus von Jeanne d'Arc in Domrémy zu besichtigen, von französischen Patrioten verhaftet. Nur die fotografische Apparatur war für die raschen Truppenbewegungen offenbar noch zu schwerfällig, weshalb es kaum Aufnahmen von Kampfhandlungen gibt.
Im Jahr 1870 trafen zwei Kaiserreiche aufeinander, ein absterbendes und ein entstehendes. Dem absterbenden huldigt Bremm, indem er mit der Pariser Weltausstellung von 1867 einsetzt, mit der das zweite Empire zum letzten Mal seinen Großmachtanspruch inszenierte. Für das entstehende, besonders für den komplizierten Aushandlungsprozess, in dem es entstand, hat er nur wenige Absätze übrig. Das ist der Preis für eine im Kern militärgeschichtliche Arbeit, die zwar interessante Seitenblicke auf das patriotische Vereinswesen und das Chaos der Kriegswirtschaft wirft, aber immer wieder eilig auf die Schlachtfelder zurückkehrt.
Das geltende Narrativ für den Krieg von 1870/71 haben angelsächsische Historiker wie Dennis Showalter und Michael Howard geschaffen: Es war ein Sieg der allgemeinen Wehrpflicht über die semiprofessionelle Armee Napoleons III. Man könnte auch von einem Triumph der besseren Eisenbahnfahrpläne reden, denn den Preußen und ihren Verbündeten gelang es, binnen zwei Wochen eine halbe Million Mann an die Grenze zu transportierten, während die Franzosen nur halb so viele auf die Schiene brachten. Im Winterkrieg erfroren französische Soldaten, weil ihre Züge tagelang in Provinzbahnhöfen feststeckten. Aber auch das auffällige Zögern von Napoleons Generälen, ihre Truppen ins Gefecht zu werfen, hatte mit der Heeresverfassung zu tun: Die Franzosen scheuten Verluste, weil sie wussten, dass sie keinen gleichwertigen Ersatz dafür bekamen, während den deutschen Divisionen die Reservisten nie ausgingen.
Anders verhielt es sich bei der Bewaffnung. Das französische Chassepot-Gewehr schoss bis auf zwölfhundert Meter genau, während die preußischen Zündnadelgewehre nur für die halbe Distanz taugten. Umgekehrt schossen die Kruppschen Hinterladergeschütze mit gezogenem Lauf dreimal so weit wie die Vorderladerkanonen der Franzosen. In den Schlachten der ersten Kriegsphase entschied die Wirksamkeit der Artillerie das Gefecht. Waren die französischen Verteidiger durch das Gelände gedeckt, wie bei Gravelotte, geriet der deutsche Angriff zum Desaster. Wenn Bremm zustimmend Bismarcks Bemerkung zitiert, die preußische Armee sei "nur Faust, kein Kopf", fällt er hinter seine eigenen Einsichten zurück. Die Preußen und Bayern stürmten voran, um die feindliche Gewehrsalven zu unterlaufen, während sich die Franzosen vor dem weittragenden Geschützfeuer zurückzogen. Ohnehin sind Feigheit oder Tapferkeit keine brauchbaren Kategorien für den Krieg der Maschinen. Schon damals gaben statt der Helden die Techniker den Ausschlag: Die Mitrailleusen der Franzosen, Vorläufer des Maschinengewehrs, kamen kaum zum Einsatz, weil es nicht genügend ausgebildete Bedienmannschaften gab.
Mit der Mobilmachung durch die Dritte Republik wurde der Staatenkrieg zum Volkskrieg. Auch hier hält sich Bremm an die Schilderung der militärischen Aktionen, dabei sind sie nur die Oberfläche des Dramas. Lieber hätte man, parallel zu den Berichten der Brüder Goncourt aus dem belagerten Paris, die Bremm zitiert, Stimmen von Zeitzeugen aus der Provinz gelesen. Maupassants Novelle "Boule de suif" gibt eine Ahnung von dem, was damals in Frankreich passierte. Nach der französischen Rückeroberung von Orléans stand der deutsche Sieg eine Zeitlang auf der Kippe. Am Ende siegten die stärkeren Bataillone, aber wohl knapper, als es für die ausländischen Beobachter aussah.
Es kommt heute nicht oft vor, dass ein Sachbuch zu kurz erscheint. Hier ist es der Fall. Die diplomatischen Reaktionen der Regierungen in London, Wien und St. Petersburg hätten ein eigenes Kapitel verdient gehabt, ebenso das Strippenziehen Bismarcks an den deutschen Fürstenhöfen. Dafür hätte man gern auf Randbemerkungen des Autors wie die gegen Mitterrands "fatale Initiative zur Abschaffung der D-Mark" verzichtet. Wenn wir uns richtig erinnern, war es nicht der französische Präsident, der den Euro am Ende durchsetzte, sondern ein deutscher Kanzler aus der Pfalz. Aus jener Grenzregion also, in der man in Jahrhunderten gelernt hat, dass es sich nicht lohnt, mit den Franzosen Krieg anzufangen.
Klaus-Jürgen Bremm: "70/71". Preußens Triumph über Frankreich und die Folgen.
wbg / Theiss Verlag, Darmstadt 2019. 336 S., Abb., geb., 25,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Am Ende siegten die stärkeren Bataillone: Klaus-Jürgen Bremm erzählt die Geschichte des Deutsch-Französischen Kriegs.
Von Andreas Kilb
Fast fünfzig Jahre lang wurden überall in Deutschland am 2. September die Fahnen gehisst. Es gab Umzüge, Paraden, Festreden, Konzerte und abendliche Tanzvergnügen, Kinder bekamen schulfrei und Kriegerdenkmäler ein frisches Blumenkleid, nur Sozialdemokraten und fromme Katholiken hielten sich fern. Das war der Sedantag, der Feiertag des Sieges über den Erbfeind Frankreich. In Theodor Fontanes Roman "Die Poggenpuhls" spielt er eine schicksalshafte Rolle, denn eine Reise zum Sedantag trägt dem Erbonkel Eberhard die tödliche Krankheit ein, durch die die Majorswitwe Poggenpuhl und ihre Kinder von ihren Geldsorgen erlöst werden. Im Jahr 1919 wurde der Sedantag abgeschafft. Heute ist er vergessen.
Tief vergessen in der deutschen Öffentlichkeit ist auch der Krieg, in dem die Schlacht von Sedan stattgefunden hat. Damals, im Sommer 1870, kämpften preußische, bayerische, badische und sächsische Truppen jenseits des Rheins gegen die Armeen des französischen Kaiserreichs. Eine von ihnen, bei der sich auch das Staatsoberhaupt aufhielt, wurde bei Sedan eingeschlossen. Napoleon III. musste sich ergeben, sein Thron stürzte, aber der Krieg ging weiter. Die neue republikanische Regierung rief die Massen zum Kampf auf, um den deutschen Belagerungsring um Paris zu sprengen. An der Loire, in der Normandie, bei Lyon und Belfort gab es blutige Gefechte. Erst im Mai 1871, mitten im Aufstand der Pariser Kommune, besiegelte die Republik im Frieden von Frankfurt ihre militärische Niederlage.
Vier Monate zuvor hatten die versammelten deutschen Fürsten im Spiegelsaal von Versailles das Deutsche Kaiserreich ausgerufen. Sein Souverän war der preußische König Wilhelm, seine Verfassung das Werk des preußischen Kanzlers Bismarck, der sich darin als einziger verantwortlicher Minister eine unantastbare Rolle sicherte. Es war die entscheidende Abbiegung auf dem "deutschen Sonderweg", in dem viele Historiker noch immer die beste Erklärung für das Unheil des Nationalsozialismus sehen. Deshalb überrascht es zunächst, dass in Klaus-Jürgen Bremms Darstellung des Deutsch-Französischen Kriegs das Wort "Sonderweg" nicht vorkommt. Im Schlusskapitel stellt Bremm sogar fest, von 1871 habe "keine direkte Linie" zum Kriegsausbruch von 1914 geführt. Ersichtlich geht es dem Autor darum, seinen Gegenstand aus seiner eigenen inneren Logik heraus zu beleuchten. Andererseits kann man fragen, ob dem Geschehen dadurch nicht eine wichtige historische Dimension verlorengeht.
Denn natürlich ist der Deutsch-Französische Krieg ein Glied in einer Kette. Das gesteht auch Bremm zu, indem er beiläufig auf die napoleonische Besatzungszeit vor 1813 zurück- und auf den Blitzsieg der Wehrmacht im Frühjahr 1940 vorausblickt. Aber auch als Medienereignis setzte der Krieg Maßstäbe. Sein Auslöser, die Emser Depesche, war ein von Bismarck geschickt redigiertes Telegramm. Marx und Engels kommentierten die Feldzüge von London aus, Theodor Fontane wurde beim Versuch, das Geburtshaus von Jeanne d'Arc in Domrémy zu besichtigen, von französischen Patrioten verhaftet. Nur die fotografische Apparatur war für die raschen Truppenbewegungen offenbar noch zu schwerfällig, weshalb es kaum Aufnahmen von Kampfhandlungen gibt.
Im Jahr 1870 trafen zwei Kaiserreiche aufeinander, ein absterbendes und ein entstehendes. Dem absterbenden huldigt Bremm, indem er mit der Pariser Weltausstellung von 1867 einsetzt, mit der das zweite Empire zum letzten Mal seinen Großmachtanspruch inszenierte. Für das entstehende, besonders für den komplizierten Aushandlungsprozess, in dem es entstand, hat er nur wenige Absätze übrig. Das ist der Preis für eine im Kern militärgeschichtliche Arbeit, die zwar interessante Seitenblicke auf das patriotische Vereinswesen und das Chaos der Kriegswirtschaft wirft, aber immer wieder eilig auf die Schlachtfelder zurückkehrt.
Das geltende Narrativ für den Krieg von 1870/71 haben angelsächsische Historiker wie Dennis Showalter und Michael Howard geschaffen: Es war ein Sieg der allgemeinen Wehrpflicht über die semiprofessionelle Armee Napoleons III. Man könnte auch von einem Triumph der besseren Eisenbahnfahrpläne reden, denn den Preußen und ihren Verbündeten gelang es, binnen zwei Wochen eine halbe Million Mann an die Grenze zu transportierten, während die Franzosen nur halb so viele auf die Schiene brachten. Im Winterkrieg erfroren französische Soldaten, weil ihre Züge tagelang in Provinzbahnhöfen feststeckten. Aber auch das auffällige Zögern von Napoleons Generälen, ihre Truppen ins Gefecht zu werfen, hatte mit der Heeresverfassung zu tun: Die Franzosen scheuten Verluste, weil sie wussten, dass sie keinen gleichwertigen Ersatz dafür bekamen, während den deutschen Divisionen die Reservisten nie ausgingen.
Anders verhielt es sich bei der Bewaffnung. Das französische Chassepot-Gewehr schoss bis auf zwölfhundert Meter genau, während die preußischen Zündnadelgewehre nur für die halbe Distanz taugten. Umgekehrt schossen die Kruppschen Hinterladergeschütze mit gezogenem Lauf dreimal so weit wie die Vorderladerkanonen der Franzosen. In den Schlachten der ersten Kriegsphase entschied die Wirksamkeit der Artillerie das Gefecht. Waren die französischen Verteidiger durch das Gelände gedeckt, wie bei Gravelotte, geriet der deutsche Angriff zum Desaster. Wenn Bremm zustimmend Bismarcks Bemerkung zitiert, die preußische Armee sei "nur Faust, kein Kopf", fällt er hinter seine eigenen Einsichten zurück. Die Preußen und Bayern stürmten voran, um die feindliche Gewehrsalven zu unterlaufen, während sich die Franzosen vor dem weittragenden Geschützfeuer zurückzogen. Ohnehin sind Feigheit oder Tapferkeit keine brauchbaren Kategorien für den Krieg der Maschinen. Schon damals gaben statt der Helden die Techniker den Ausschlag: Die Mitrailleusen der Franzosen, Vorläufer des Maschinengewehrs, kamen kaum zum Einsatz, weil es nicht genügend ausgebildete Bedienmannschaften gab.
Mit der Mobilmachung durch die Dritte Republik wurde der Staatenkrieg zum Volkskrieg. Auch hier hält sich Bremm an die Schilderung der militärischen Aktionen, dabei sind sie nur die Oberfläche des Dramas. Lieber hätte man, parallel zu den Berichten der Brüder Goncourt aus dem belagerten Paris, die Bremm zitiert, Stimmen von Zeitzeugen aus der Provinz gelesen. Maupassants Novelle "Boule de suif" gibt eine Ahnung von dem, was damals in Frankreich passierte. Nach der französischen Rückeroberung von Orléans stand der deutsche Sieg eine Zeitlang auf der Kippe. Am Ende siegten die stärkeren Bataillone, aber wohl knapper, als es für die ausländischen Beobachter aussah.
Es kommt heute nicht oft vor, dass ein Sachbuch zu kurz erscheint. Hier ist es der Fall. Die diplomatischen Reaktionen der Regierungen in London, Wien und St. Petersburg hätten ein eigenes Kapitel verdient gehabt, ebenso das Strippenziehen Bismarcks an den deutschen Fürstenhöfen. Dafür hätte man gern auf Randbemerkungen des Autors wie die gegen Mitterrands "fatale Initiative zur Abschaffung der D-Mark" verzichtet. Wenn wir uns richtig erinnern, war es nicht der französische Präsident, der den Euro am Ende durchsetzte, sondern ein deutscher Kanzler aus der Pfalz. Aus jener Grenzregion also, in der man in Jahrhunderten gelernt hat, dass es sich nicht lohnt, mit den Franzosen Krieg anzufangen.
Klaus-Jürgen Bremm: "70/71". Preußens Triumph über Frankreich und die Folgen.
wbg / Theiss Verlag, Darmstadt 2019. 336 S., Abb., geb., 25,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
»Klaus-Jürgen Bremm sieht in Bismarcks Politik sogar die einzige realistische Lösung der seit 1815 schwelenden Dauerkrise um die "Deutsche Frage", auch wenn die zeitbedingte Blut-und- Eisen-Rhetorik des damaligen preußischen Ministerpräsidenten auf Nachgeborene natürlich irritierend wirken muss.« Nürnberger Zeitung
»Klaus-Jürgen Bremm unterzieht in seinem neuen Buch "70/71" den Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges einer ebenso gerafften wie packenden Analyse«. Berthold Seewald, Die Welt
»Der Historiker Klaus-Jürgen Bremm widmet in seiner lesenswerten Darstellung des Deutsch-französischen Krieges "70/71" dem Thema Franktireur-Krieg und die Folgen ein eigenes Kapitel.« Die Welt
»Eine lehrreiche, unaufgeregte und ganz und gar nicht beschönigende Studie, die durchaus das Zeug zum Referenzwerk hat.« Atempo
»Klaus-Jürgen Bremms Darstellung überzeugt durch die detailreiche, lebendige Schilderung der historischen Vorgänge.« Börsenblatt Spezial Sachbuch
»Knapp, flink, und äußerst meinungsstark!« Stephan Speicher, Süddeutsche Zeitung
»Klaus-Jürgen Bremm unterzieht in seinem neuen Buch "70/71" den Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges einer ebenso gerafften wie packenden Analyse«. Berthold Seewald, Die Welt
»Der Historiker Klaus-Jürgen Bremm widmet in seiner lesenswerten Darstellung des Deutsch-französischen Krieges "70/71" dem Thema Franktireur-Krieg und die Folgen ein eigenes Kapitel.« Die Welt
»Eine lehrreiche, unaufgeregte und ganz und gar nicht beschönigende Studie, die durchaus das Zeug zum Referenzwerk hat.« Atempo
»Klaus-Jürgen Bremms Darstellung überzeugt durch die detailreiche, lebendige Schilderung der historischen Vorgänge.« Börsenblatt Spezial Sachbuch
»Knapp, flink, und äußerst meinungsstark!« Stephan Speicher, Süddeutsche Zeitung