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Ein revolutionäres Experiment mit welthistorischen Folgen
Der bewaffnete und schließlich blutig niedergeschlagene Aufstand, der unter der Bezeichnung »Pariser Kommune« in die Geschichte eingegangen ist, dauerte vom 18. März bis zum 28. Mai 1871. Es war der Versuch eines revolutionären Rats, die Stadt gegen den Willen der konservativen Zentralregierung nach sozialistischen Vorstellungen zu verwalten. Die Kommunarden hatten es sich zur Aufgabe gemacht, menschenwürdige soziale Verhältnisse für das Volk zu schaffen. Thankmar von Münchhausen erzählt die Vorgeschichte und die Ereignisse dieser 72…mehr

Produktbeschreibung
Ein revolutionäres Experiment mit welthistorischen Folgen

Der bewaffnete und schließlich blutig niedergeschlagene Aufstand, der unter der Bezeichnung »Pariser Kommune« in die Geschichte eingegangen ist, dauerte vom 18. März bis zum 28. Mai 1871. Es war der Versuch eines revolutionären Rats, die Stadt gegen den Willen der konservativen Zentralregierung nach sozialistischen Vorstellungen zu verwalten. Die Kommunarden hatten es sich zur Aufgabe gemacht, menschenwürdige soziale Verhältnisse für das Volk zu schaffen. Thankmar von Münchhausen erzählt die Vorgeschichte und die Ereignisse dieser 72 Tage, die als erste Diktatur des Proletariats gelten, anhand zahlreicher Dokumente und Prozessberichte, Briefe und Tagebücher, Sitzungsprotokolle und Zeitungsartikel und lässt so das Paris dieser Zeit an der Schwelle zur Moderne lebendig werden.

Ausstattung: mit Abb.
Autorenporträt
Thankmar Freiherr von Münchhausen, geboren 1932, hat jahrzehntelang in Paris gelebt, wo er zwischen 1976 und 1998 als politischer Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung tätig war. Er hat Bücher zur Geschichte Frankreichs veröffentlicht. Zuletzt erschien von ihm »72 Tage. Die Pariser Kommune 1871 - die erste "Diktatur des Proletariats"« (2015).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.10.2015

Chronik einer verlorenen Sache

Bürgerkrieg in der Hauptstadt des neunzehnten Jahrhunderts, der in einem Blutbad endet: Thankmar von Münchhausen schreibt eine Geschichte der Pariser Kommune.

Von Helmut Mayer

Konsens ist keine Tugend französischer Politik: Die knappe Sentenz stellte ein Kenner der Geschichte des modernen Frankreichs einmal einem Buch voran, das mit der Pariser Kommune einsetzte, um die großen Krisen der Republik zu behandeln. Mit Blick auf die Kommune selbst, deren kurze Geschichte im Frühjahr 1871 in den blutigsten Bürgerkrieg des europäischen neunzehnten Jahrhunderts führte, ist die Diagnose freilich noch blass. In ihrem Fall waren die Weichen auf absolute Konfrontation gestellt, die kein Vermittlungsversuch zwischen den Parteien aufbrechen konnte. Auch und gerade dann nicht, als offen zutage lag, dass Regierung und Nationalversammlung ihre Rhetorik der bedingungslosen Unterwerfung der aufständischen Hauptstadt mit einem mörderischen Feldzug einlösten.

Die Kommune war noch nicht der Aufstand, in dem die Kommunisten, die sie später für sich vereinnahmen sollten, mehr als eine Nebenrolle spielten. Aber gegenüber 1848 und 1851, als Napoleon III. der Zweiten Republik per Staatsstreich ein Ende machte, hatten sich die Gewichte weiter verschoben, hinter dem Leitwort "Republik" trat nun deutlich das "Volk" und die "soziale Demokratie" hervor. Die Kommune war oder wurde zumindest recht schnell der erste weitgehend proletarisch dominierte Aufstand. Der Klassengegensatz schärfte nun die Konfrontation, er stand hinter den politisch-sozialen Befreiungsversuchen der Kommune und dem ihr entgegenschlagenden Hass der Ordnungspartei, der "honnêtes hommes", mit ihrem Exekutor Adolphe Thiers.

Will man sich ein detailreiches Bild vom Verlauf dieser zehn Wochen machen, kann man unter französischer, auch englischer Literatur wählen; erst letztes Jahr erschien die Darstellung des Yale-Historikers John Merriman ("Massacre. The Life and Death of the Paris Commune of 1871"). Neuere deutsche Titel boten sich dagegen kaum an. Jetzt aber hat Thankmar von Münchhausen, lange Jahre politischer Korrespondent dieser Zeitung in Paris, der Kommune ein stattliches Buch gewidmet, das sowohl auf die reichen Quellen wie auf die historische Literatur zurückgreift, um die Geschehnisse in Paris zwischen dem 18. März und dem 28. Mai 1871 vor Augen zu führen.

Naturgemäß geht der Blick zuerst zurück auf das Paris des Zweiten Kaiserreichs: auf das immerhin fast zwanzig Jahre dauernde Regime Napoleons III., die Neugestaltung weiter Teile der Hauptstadt unter seinem Präfekten Georges Eugène Haussmann, die damit und mit der an Fahrt gewinnenden Industrialisierung verknüpften städtischen Verschiebungen eines alten Milieus von kleinen Gewerbetreibenden, Handwerkern oder Taglöhnern und eines neuen Proletariats. Mit dem Ende des Kaiserreichs durch die verheerende Niederlage der französischen Armeen gegen die Preußen und ihre süddeutschen Alliierten Anfang September 1870 ging es dann zuerst noch um die Republik und die Hoffnung, die Deutschen zurückzuschlagen.

Aber im Winter 1870 lief es anders als 1793, als sich die junge Republik der auf Paris marschierende Heere erwehrt hatte, was manche als revolutionäres Vorbild für den "Krieg bis zum Äußersten" beschworen. Ende Januar 1871, etwa vier Monate nach Beginn der deutschen Belagerung von Paris, musste die Regierung der Nationalen Verteidigung unter Thiers die Kapitulation ratifizieren. Da war es bereits zu den ersten, allerdings recht harmlosen Putschversuchen gekommen. Die frankreichweiten Wahlen zwei Wochen später brachten dann eine konservativ-monarchistisch dominierte Nationalversammlung - und die Pariser Abgeordneten, den Gemeinderat und die aus den unteren Schichten kommenden Aktivisten der während der Belagerung kräftig gewachsenen Nationalgarden auf strikten Gegenkurs.

Radikale Pariser Linke - ob Anhänger Blanquis, Bewunderer Proudhons oder Parteigänger der Internationale - hatten bei den Wahlen gar nicht besonders abgeschnitten. Aber in Versailles, wohin Thiers zuletzt die Nationalversammlung berief, weil die Lage in Paris für die Regierung zu unsicher geworden war, tat man so ziemlich alles, um die Bewegung gegen sich ins Rollen zu bringen. Zuletzt mit einer schludrig geplanten Aktion der Armee, Kanonen der Nationalgarde auf dem Montmartre abzutransportieren. Die Sache geht schief, Truppen fraternisieren, zwei Offiziere werden erschossen, die rote Fahne geht hoch über dem Rathaus: der Beginn der zehn Tage später offiziell proklamierten Kommune.

Es war auch schon der Beginn ihres Endes. Thiers hatte ein klares Ziel, die militärische Niederwerfung der Hauptstadt, und seine Generäle schafften es, die verbliebenen, nach Versailles gezogenen Truppen aufzustocken und wieder befehlsfest zu machen. Das Komitee der Nationalgarde dagegen war überrascht vom ersten Erfolg und dachte als Erstes an die Wahlen für einen Stadtrat, dem es dann doch immer wieder hineinregieren sollte. Es war der Auftakt für den nie behobenen Mangel an effektiver militärischer Organisation. Zuletzt, als die Verteidigungsringe bereits durchbrochen waren, kämpften wohl bloß fünfzehn bis zwanzigtausend Föderierte einen aussichtslosen Kampf gegen hundertdreißigtausend Mann an Regierungstruppen, die ein organisiertes Morden veranstalteten, das mehr Menschen das Leben kostetete, als es Kämpfer auf Seiten der Kommune gab.

Thankmar von Münchhausen erzählt die zweiundsiebzig Tage, die bis zum Ende der "blutigen Woche" führten und in die gnadenlose Repression der Militärgerichte mündeten, von Tag zu Tag, nahe an den Geschehnissen, unter Einbeziehung vieler und hinreichend unterschiedlicher Quellen. Man folgt Aktionen der Kommune, ihrer Gesetzgebung, den Auseinandersetzungen in ihrem Rat, dem Aufstieg ihrer radikalen Minorität bei schwindenden Aussichten auf gelingende Verteidigung. Die soziale Programmatik kommt ebenso ausführlich zur Darstellung wie der Anteil der Frauen oder der durchschlagende Antiklerikalismus; hervorstechende Akteure erhalten Profil, und Einblicke ins alltägliche Leben der Hauptstadt und in den einzelnen Bezirken fehlen nicht.

Der Autor verfährt erzählerisch nüchterner als manche andere Historiker, wenn es um das Verhalten der Versailler Truppen und die verlorene Sache der Kommune geht, findet aber durchaus klare Worte und Einschätzungen. Zur Erinnerungskultur rund um die Kommune hätte man nach den Ausführungen über die ihrer Niederlage folgende Repression und den mühsamen Weg zur Amnestie von 1880 eigentlich gerne von ihm noch mehr gelesen. Aber das hätte wohl doch den Rahmen der Darstellung gesprengt.

Thankmar von Münchhausen: "72 Tage". Die Pariser Kommune 1871 - die erste ,Diktatur des Proletariats'.

Deutsche Verlags-Anstalt, München 2015. 527 S., Abb., geb., 24,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Helmut Mayer dankt dem ehemaligen Kollegen, dem langjährigen FAZ-Korrespondenten Thankmar von Münchhausen, dieses Buch über die Pariser Kommune. Auf Deutsch scheint Mayer die Auswahl der Bücher zum Thema nicht eben groß. Das Buch besticht laut Mayer durch den beherzten Rückgriff auf die reichen Quellen und die historische Literatur sowie durch eine chronologische, nah am Geschehen bleibende Nacherzählung der Ereignisse. Über den Anteil der Frauen an den Aktionen der Kommune, ihre Akteure und Programmatik, aber auch über den Alltag im Paris von 1871 erfährt der Rezensent auf nüchterne Weise, jedoch in klaren Einschätzungen, wie er versichert.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Es gibt nichts Besseres zu diesem Thema.« Nürnberger Nachrichten, 28.11.2015