HimmeHerrgottSakramentZefix!Mir san fei net auf der Brennsuppn dahergschwumma!Der bairische Dialekt sollte unter Artenschutz gestellt werden. Denn die Schriftsprache macht ihm selbst in bayerischen Landen den Lebensraum streitig und Sprecher des echten, schönen Bairischen werden langsam, aber sicher zur Minderheit. Höchste Zeit also, dass ein Stück bayerisches Kulturgut vor dem Verschwinden gerettet wird: Sprichwörter und Redensarten, wie sie noch vor hundert Jahren in aller Munde waren.Johann Rottmeir hat mehr als 1.000 dieser oftmals uralten und fast schon vergessenen bairischen Sprüche, Redewendungen und Lebensweisheiten - gscheite wie gscherte - gesammelt. Kenntnisreich und mit viel Humor erklärt er ihre Bedeutung und Herkunft. Sprüche vom Essen und Trinken, von der Religion und der Gesundheit gesellen sich zu Erotischem, Deftigem und Streitbarem der spruchreif gewordenen bayerischen Lebensart.Ein unterhaltsamer Streifzug durch die nicht nur sprachlichen Eigenheiten Bayerns.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.02.2015Gmahde Wiesn
Johann Rottmeir war leitender Beamter der Staatskanzlei. Heute sammelt er Sprüche
München – „Der Teufel hilft seinen Leuten, aber holen tut er sie auch!“ Ein kluger Spruch, der vor allem in der noch kräftigeren bairischen Fassung im Gedächtnis haften bleibt („da Deife huift seine Leit . . .“). „Das ist einer meiner Lieblingssprüche“, sagt Johann Rottmeir, ein exzellenter Kenner alter Volksweisheiten. Rottmeir beschäftigt sich schon seit langem mit Sinnsprüchen und Redensarten, die in der Alltagssprache die Zeiten überdauert haben. Im Lauf der Jahre hat er eine stattliche Sammlung zusammengetragen, die jetzt gebündelt in einem Buch vorliegt. Dieser Band belegt einmal mehr, dass der bayerische Sprachkosmos seine Farbigkeit besonders aus alten Sprüchen, stereotypen Redewendungen und speziellen Formulierungen bezieht. Gerade dem Dialekt verleihen sie erst die eigentliche Würze und Kraft.
Auf die Idee, Sinnsprüche zu sammeln, ist Rottmeir erst nach seiner Pensionierung gekommen. Als er die Erinnerungen seiner Eltern zu Papier brachte und zu diesem Zweck auf alte Videoaufzeichnungen zurückgriff, wurde ihm beim Zuhören schlagartig bewusst, „wie viele Wörter und Sprüche aus dem Wortschatz der Eltern bereits vergessen sind“. Rottmeir erfasste deshalb vor allem jene Sprachphänomene, die vor dem Krieg in der Gegend zwischen München und Ingolstadt üblich waren. Ihr Formenreichtum und ihre typischen Wendungen finden sich aber weitgehend in ganz Ober- und Niederbayern, in der Oberpfalz und im angrenzenden Österreich.
„Alles, was man sich erheiratet, braucht man sich nicht erarbeiten!“ So lautet eine von mehr als tausend Sentenzen, die Rottmeier gesammelt hat. Sie ist im Gegensatz zu manch anderem Spruch noch heute zu hören, es ist eine Weisheit von zeitloser Gültigkeit. Bis zur Pensionierung war Rottmeir als leitender Beamter in Ministerien und in der Staatskanzlei tätig gewesen. Er ist ein in der Ministerialbürokratie selten gewordener Typus, herausgewachsen aus kleinbäuerlichen Verhältnissen im Dachauer Land. Ein Mann, der Karriere im Staatsdienst gemacht, ohne dass dies schon in der Wiege vorgezeichnet war. Vielmehr hat er das bäuerliche Landleben von klein auf kennengelernt und sich hochgearbeitet. Um es mit einigen seiner Redewendungen auszudrücken: Seine Familie musste jeden Pfennig umdrehen, bevor sie ihn ausgegeben hat. Kleinbauern mussten sich halt durchfretten, das heißt, Annehmlichkeiten genossen sie kaum.
Eigentlich hatte Rottmeir „den Arsch zweit drunt“, um gesellschaftlich aufzusteigen, aber die Familie war fleißig und schaffte sich ein Auskommen, dass der Bub aufs Gymnasium geschickt werden konnte. „Es war nicht mehr wia bei de arma Leid!“ (wie bei armen Leuten). Für Rottmeirs Lebensweg galt jetzt die noch heute beliebte Parole: „Des is a gmahde Wiesn!“
Solche Redensarten offenbaren, trotz ihres oft derben Klangs, eine große Lebenserfahrung. Und es ist beileibe nicht alles gemütlich: „Wia beim Essen, so bei da Arbeit“, heißt es. Das bedeutet, dass jemand, der schnell sein Essen hinunterschlingt, auch seine Arbeit ähnlich rasant erledigt. Und selbstredend schwingt bei dieser Bemerkung mit, dass sich das so gehört. Andernfalls kann es passieren, dass eine weitere Spitze folgt: „Des san ma scho die Rechten – beim Essen schwitzen und bei der Arbeit friern.“ „Hast d’Aung (Augen) wieder weiter ghabt wia r an Bauch!“ Das bekommt einer zu hören, der sich in seiner Gier zu viel auf den Teller gelegt hat.
Eine Respektsbekundung ist es dagegen, wenn jemand als „Hund“ bezeichnet wird – vorausgesetzt, man fügt dabei das Wörtlein „fei“ ein und sagt: „A Hund bist fei scho!“ Das gilt auch für den Autor Rottmeir, denn er hat die Sprüche nicht nur gesammelt und für künftige Generationen konserviert, sondern er hat sie auch mit Übersetzungen und Erläuterungen zu ihrer Herkunft versehen, so dass niemand behaupten kann, der Autor Rottmeir
habe sich bei der Arbeit „koan Hax ausgrissen“.
HANS KRATZER
Johann Rottmeir,
A Hund bist fei scho. Bairische Sinnsprüche, Redensarten und
Lebensweisheiten,
Volk Verlag, 2015,
19,90 Euro
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Johann Rottmeir war leitender Beamter der Staatskanzlei. Heute sammelt er Sprüche
München – „Der Teufel hilft seinen Leuten, aber holen tut er sie auch!“ Ein kluger Spruch, der vor allem in der noch kräftigeren bairischen Fassung im Gedächtnis haften bleibt („da Deife huift seine Leit . . .“). „Das ist einer meiner Lieblingssprüche“, sagt Johann Rottmeir, ein exzellenter Kenner alter Volksweisheiten. Rottmeir beschäftigt sich schon seit langem mit Sinnsprüchen und Redensarten, die in der Alltagssprache die Zeiten überdauert haben. Im Lauf der Jahre hat er eine stattliche Sammlung zusammengetragen, die jetzt gebündelt in einem Buch vorliegt. Dieser Band belegt einmal mehr, dass der bayerische Sprachkosmos seine Farbigkeit besonders aus alten Sprüchen, stereotypen Redewendungen und speziellen Formulierungen bezieht. Gerade dem Dialekt verleihen sie erst die eigentliche Würze und Kraft.
Auf die Idee, Sinnsprüche zu sammeln, ist Rottmeir erst nach seiner Pensionierung gekommen. Als er die Erinnerungen seiner Eltern zu Papier brachte und zu diesem Zweck auf alte Videoaufzeichnungen zurückgriff, wurde ihm beim Zuhören schlagartig bewusst, „wie viele Wörter und Sprüche aus dem Wortschatz der Eltern bereits vergessen sind“. Rottmeir erfasste deshalb vor allem jene Sprachphänomene, die vor dem Krieg in der Gegend zwischen München und Ingolstadt üblich waren. Ihr Formenreichtum und ihre typischen Wendungen finden sich aber weitgehend in ganz Ober- und Niederbayern, in der Oberpfalz und im angrenzenden Österreich.
„Alles, was man sich erheiratet, braucht man sich nicht erarbeiten!“ So lautet eine von mehr als tausend Sentenzen, die Rottmeier gesammelt hat. Sie ist im Gegensatz zu manch anderem Spruch noch heute zu hören, es ist eine Weisheit von zeitloser Gültigkeit. Bis zur Pensionierung war Rottmeir als leitender Beamter in Ministerien und in der Staatskanzlei tätig gewesen. Er ist ein in der Ministerialbürokratie selten gewordener Typus, herausgewachsen aus kleinbäuerlichen Verhältnissen im Dachauer Land. Ein Mann, der Karriere im Staatsdienst gemacht, ohne dass dies schon in der Wiege vorgezeichnet war. Vielmehr hat er das bäuerliche Landleben von klein auf kennengelernt und sich hochgearbeitet. Um es mit einigen seiner Redewendungen auszudrücken: Seine Familie musste jeden Pfennig umdrehen, bevor sie ihn ausgegeben hat. Kleinbauern mussten sich halt durchfretten, das heißt, Annehmlichkeiten genossen sie kaum.
Eigentlich hatte Rottmeir „den Arsch zweit drunt“, um gesellschaftlich aufzusteigen, aber die Familie war fleißig und schaffte sich ein Auskommen, dass der Bub aufs Gymnasium geschickt werden konnte. „Es war nicht mehr wia bei de arma Leid!“ (wie bei armen Leuten). Für Rottmeirs Lebensweg galt jetzt die noch heute beliebte Parole: „Des is a gmahde Wiesn!“
Solche Redensarten offenbaren, trotz ihres oft derben Klangs, eine große Lebenserfahrung. Und es ist beileibe nicht alles gemütlich: „Wia beim Essen, so bei da Arbeit“, heißt es. Das bedeutet, dass jemand, der schnell sein Essen hinunterschlingt, auch seine Arbeit ähnlich rasant erledigt. Und selbstredend schwingt bei dieser Bemerkung mit, dass sich das so gehört. Andernfalls kann es passieren, dass eine weitere Spitze folgt: „Des san ma scho die Rechten – beim Essen schwitzen und bei der Arbeit friern.“ „Hast d’Aung (Augen) wieder weiter ghabt wia r an Bauch!“ Das bekommt einer zu hören, der sich in seiner Gier zu viel auf den Teller gelegt hat.
Eine Respektsbekundung ist es dagegen, wenn jemand als „Hund“ bezeichnet wird – vorausgesetzt, man fügt dabei das Wörtlein „fei“ ein und sagt: „A Hund bist fei scho!“ Das gilt auch für den Autor Rottmeir, denn er hat die Sprüche nicht nur gesammelt und für künftige Generationen konserviert, sondern er hat sie auch mit Übersetzungen und Erläuterungen zu ihrer Herkunft versehen, so dass niemand behaupten kann, der Autor Rottmeir
habe sich bei der Arbeit „koan Hax ausgrissen“.
HANS KRATZER
Johann Rottmeir,
A Hund bist fei scho. Bairische Sinnsprüche, Redensarten und
Lebensweisheiten,
Volk Verlag, 2015,
19,90 Euro
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