Größe allein ist kein Erfolgsrezept. An kaum einer Fusion ist diese Binsenweisheit besser abzulesen als an der des ABB-Konzerns. Zu Recht erzählt Werner Catrina die Geschichte vom Niedergang des selbsternannten Superkonzerns, der 1988 aus der Fusion der Schweizer BBC und der schwedischen Asea hervorgegangen ist, unter dem Titel "Die verratene Vision". Denn verraten wurden viele, Aktionäre wie Beschäftigte, und Visionen gab es zuhauf. Tatsächlich veränderten ABB und der junge, charismatische Percy Barnevik an der Spitze in kurzer Zeit die globale Elektroindustrie durch unzählige Firmenkäufe und Allianzen. Catrina beschreibt eindringlich den Niedergang, eingeleitet vom Ausverkauf der Bahntechnik und des Kraftwerksbaus sowie den hohen Asbestklagen in Amerika. Vieles ist bekannt. Aber der freie Journalist Catrina, der bereits vor zehn Jahren über den Schweizer BBC-Konzern einen Bestseller schrieb, kann auf umfangreiches Recherchematerial und einige Hintergrundgespräche mit ABB-Topmanagern verweisen. Daß er im Vorwort darauf verweist, Reisespesen selbst bezahlt zu haben, sei ihm verziehen. Die von Catrina gewählte "Ich-Erzählform" macht die Lektüre allerdings nicht angenehmer. Trotzdem: Catrina gelingt auf 266 Seiten eine vollständige Chronik über den Aufstieg und Fall des ABB-Konzerns.
hpe.
Werner Catrina: ABB - die verratene Vision; Orell Füssli, 26,50 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main