Statt abstrakt politische sind es bei Abdulrazak Gurnah konkret persönliche Situationen, in denen die Möglichkeiten und Bedingungen des internationalen Zusammenlebens ausgehandelt werden.Geboren in Sansibar als Sohn eines aus Jemen kommenden Geschäftsmannes, exilierte Gurnah 1967 mit seinem Bruder nach Großbritannien und jobbte dort zunächst als Krankenpfleger. Er studierte englische Literaturwissenschaften an der Canterbury Christ Church University und promovierte an der University of Kent. Er war Dozent an der Bayero University in Kano, Nigeria und anschließend Professor für englische und postkoloniale Literaturen an der University of Kent. Gurnahs Internationalität zeigt sich schon formal in seiner Literatur. Er setzt seine Romane in Bezug zu Klassikern der europäischen und US-amerikanischen Literaturen, integriert Geschichten und Legenden der Suaheli-Kultur und folgt mit dem Modell des Erzählreigens einem Prinzip arabischer Literaturen. Hinzu kommt als Wesen der Oralität, dass ähnlich klingende Ereignisse immer wieder aus verschiedenen Perspektiven erzählt, ergänzt oder variiert werden. Dieses transformative Element in Gurnahs Romanen, die damit verschiedene Erzähltraditionen und Diskurslinien überbrücken, ist das hervorstechendste Merkmal des literarischen Schreibens des Literatur-Nobelpreisträgers.
"Gegenwart und Vergangenheit durchdringen sich. Insofern gilt: Wer einen Roman Gurnahs in die Hand nehme 'bekommt eine ganze Bibliothek'. Prägend für Gurnahs Schreiben ist seine-Herkunft, denn Sansibar war, als der Autor dort aufwuchs, ein Schmelztiegel der Kulturen, wo sich der indische, arabische und afrikanische Raum begegneten. Das ist mit ein Grund dafür, dass auch Gumah, der dann englischsprachige Literatur studierte und als Professor lehrte, eine Art von Weltliteratur schreibt. Was diese ausmacht, lässt sich durch Loimeiers lehrreiche und anschauliche Ausführungen gut nachvollziehen."Thomas Groß, Mannheimer Morgen, 31.10.2023"Manfred Loimeier gelingt das Kunststück, das weite Panorama von Gurnahs Romanschaffen kurz, bündig und fokussiert dazustellen, womit er einen Zugang zum Werk des Nobelpreisträgers eröffnet."Johannes Queck, EKZ-Bibliotheksservice, 17.1.2024