Erzählt wird die Geschichte von Mamo, dem jungen Mann, der in Deutschland aufgewachsen ist, ohne Bezüge zur Heimat seiner Eltern. Was er ist, weiß er nicht genau. Doch gegen das Etikett vom „Ausländer“ wehrt er sich. Mamo hat einen Bescheid von der Ausländerbehörde bekommen. Er soll abgeschoben
werden. Der Rahmen von Franco Biondis Novelle ist die Nacht, in der sich Mamo mit einem US-Army-Gewehr,…mehrErzählt wird die Geschichte von Mamo, dem jungen Mann, der in Deutschland aufgewachsen ist, ohne Bezüge zur Heimat seiner Eltern. Was er ist, weiß er nicht genau. Doch gegen das Etikett vom „Ausländer“ wehrt er sich. Mamo hat einen Bescheid von der Ausländerbehörde bekommen. Er soll abgeschoben werden. Der Rahmen von Franco Biondis Novelle ist die Nacht, in der sich Mamo mit einem US-Army-Gewehr, etlichen Magazinen und Aldi-Vorräten in seiner Dachwohnung verschanzt und auf das Abschiebekommando der Polizei wartet. Erinnerungen tauchen auf in dieser Nacht; an die vergangenen Jahre, Kinderspiele, Schullektionen über “Ausländerkinder“, an den alten Mann, der Fischer gewesen war, an dessen Erzählungen, die Mamo empfindlich machten für die Zerstörungen an den Menschen seiner Umgebung. Erinnerungen an Volker, der gern groß tat, mit „Ausländer raus“-Parolen, der zur Polizei ging und vielleicht zu dem Kommando gehört, das Mamo aus seiner Wohnung holen soll. Erinnerungen an Dagmar, an seiner Freundin, das mit ihm zur Heimat seiner Eltern weggehen wollte. Ein Missverständnis, er will bleiben. Nicht, weil Deutschland Heimat wäre, sondern weil er sich nicht wegschicken lassen will. Er hat sich nicht täuschen lassen, nicht vom Gerede über tolle Jobs und Geld, dem Geschwätz der Leute. Er hat sich auch nicht hinreißen lassen, gewalttätig zu werden. Er wusste Bescheid. “Aber was nutzt mir jetzt das Wissen — ich fahre nur noch solange ich Sprit habe. Ich bin sozusagen nun auf Automatik eingestellt, wie ein aufladbares Püppchen.“ Franco Biondi gelingt es meisterhaft, die Zwangsläufigkeit einer Entwicklung zur mörderischen und selbstmörderischen letzten Verteidigung darzustellen. Es ist kein revolutionärer Akt, kein Amoklauf, nur die letzte Kundgebung einer menschlichen Existenz, der jeder Rahmen zu sinnvollem Weiterleben genommen wurde.
Herbert Friedmann