Abschiede, ein meisterhaft komponierter kleiner Roman, erzählt die Geschichte eines Mannes, der in ein Sanatorium in den Bergen reist, um dort seine Tuberkulose auszuheilen. Lebensinhalt des schweigsamen Einzelgängers sind die regelmäßig eintreffenden Briefe, sein einziger Kontakt zur Außenwelt. Irgendwann kommt eine der beiden Briefeschreiberinnen zu Besuch, eine ältere Dame, später ein junges Mädchen. Mit der ersten lebt er im Hotel, für die zweite mietet er ein abgelegenes Häuschen. Die Handlung wird von einem "Zeugen" berichtet, einem Kleinwarenhändler, dem auch eine Bar gehört. Von der…mehr
Abschiede, ein meisterhaft komponierter kleiner Roman, erzählt die Geschichte eines Mannes, der in ein Sanatorium in den Bergen reist, um dort seine Tuberkulose auszuheilen. Lebensinhalt des schweigsamen Einzelgängers sind die regelmäßig eintreffenden Briefe, sein einziger Kontakt zur Außenwelt. Irgendwann kommt eine der beiden Briefeschreiberinnen zu Besuch, eine ältere Dame, später ein junges Mädchen. Mit der ersten lebt er im Hotel, für die zweite mietet er ein abgelegenes Häuschen. Die Handlung wird von einem "Zeugen" berichtet, einem Kleinwarenhändler, dem auch eine Bar gehört. Von der zufälligen Begegnung der beiden Frauen, dem heftigen Streit und der anschließenden Versöhnung erfährt der Leser nur noch durch Mutmaßungen des "Zeugen".
Juan Carlos Onetti (1909 in Montevideo, Uruguay, 1994 in Madrid, Spanien) ist vielfach und zu Recht als einer der bedeutendsten lateinamerikanischen Schriftsteller bezeichnet worden. 1932 erschien im Rahmen eines Literaturwettbewerbs eine Erzählung von ihm in der argentinischen Tageszeitung La Prensa. Sein erster Roman, El Pozo (dt. Der Schacht, 1989), folgte 1939 in einer Auflage von 500 Exemplaren. Er veröffentlichte insgesamt elf Romane und zahlreiche Erzählungen sowie zwei Sammlungen von Artikeln, von denen die Mehrzahl ins Deutsche übersetzt wurde.
Bis 1975 lebte er abwechselnd in Buenos Aires und Montevideo, arbeitete unter anderem für die Nachrichtenagentur Reuters, war lange Jahre als Direktor der städtischen Bibliotheken in Montevideo tätig und publizierte regelmäßig in verschiedenen uruguayischen Zeitschriften. Erst mit dem Roman La vida breve (1950, dt. Das kurze Leben, 1978) erlangte er einen gewissen Bekanntheitsgrad, blieb aber noch viele Jahre lang eine
Art »Geheimtipp« und erst in relativ hohem Alter wurden ihm Ruhm und Achtung zuteil. In La vida breve erschuf er den fiktiven Kosmos um die Stadt Santa María, der in vielen weiteren Romanen und Erzählungen auftauchen sollte.
Während der Diktatur, die seit 1973 in Uruguay herrschte, wurde Onetti einige Monate lang in Haft gehalten. 1975 ging er mit seiner vierten Frau, der Geigerin Dorothea Muhr, ins Exil nach Madrid, wo er bis zu seinem Tod blieb und die Romane Dejemos hablar al viento (dt. Lassen wir den Wind sprechen, 1986), Cuando entonces (dt. Magda, 1989) und Cuando ya no importe (dt. Wenn es nicht mehr wichtig ist, 1996) veröffentlichte.
Der uruguayische Nationalpreis für Literatur wurde ihm gleich zweimal verliehen: 1962 und nach der Rückkehr der Demokratie noch einmal 1985. Außerdem erhielt er 1980 den wichtigsten Literaturpreis der spanischsprachigen Welt: den Cervantes-Preis.
1994 erschien die erste Ausgabe der Cuentos completos (dt. Willkommen, Bob. Gesammelte Erzählungen, 1999) in Buenos Aires. Am 30. Mai desselben Jahres starb Juan Carlos Onetti 84-jährig in Madrid.
Fast alle großen Autoren Lateinamerikas erkennen Onettis Einfluss auf ihr eigenes Werk an, und von vielen wird er für den größten lateinamerikanischen Schriftsteller gehalten.
Im Frühjahr 2005 erschien bei Suhrkamp der erste Band der Onetti-Werkausgabe mit Leichensammler und Die Werft in einer revidierten Übersetzung. In den nächsten Jahren folgten die vier weiteren Bände der Werkausgabe, zuletzt erschienen 2015 mit Band 5 sämtliche Erzählungen Onettis.
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