Wie weit lassen sich Sorgen formulieren, ohne dass wir unsere Sprache dafür verlieren? Wie verändert Angst unseren Blick, wenn die Auslöser diffus und vielfältig sind? Sebastian Schmidt nimmt Proben von Problemschichten, allem voran der Sorge um Familie und Geld, und überführt ihre Nuancen in die Ebene des Sagbaren und damit des Greif- und Bannbaren. Zwischen Wortneufindung und Mittelalter-Sprech entstehen neue Gebiete, neue Orte, in denen sich präziser auf unseren Alltag und seine Schwierigkeiten deuten lässt.
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Rezensent Matthias Kniep erkennt in Sebastian Schmidts Gedichten eine Gegenwartslyrik, die auf überraschende Weise gegenwärtig ist und auf ganz ungewohnte Weise lyrisch. Schmidts "neuen Ton" charakterisiert der Rezensent, der selbst Lyrik übersetzt, indem er ihn abgrenzt gegen all die fragwürdigen Einflüsse, von denen ein Großteil der Gegenwartslyrik, Kniep zufolge, geprägt ist: Die "falschen Freunde" der Lyrik etwa: "Ironie und Melancholie", der Essayismus, mit dem sie sich zu ihrem Nachteil oft zusammentut, der Götze der Authentizität, zu dessen Huldigung sie neigt. Schmidts Gedichte dagegen sind völlig eigenständig und eigensinnig, in sich geschlossen, was nicht heißt: solipsistisch. Ganz im Gegenteil. Es ist eine Lyrik, deren Logik nicht entlehnt ist, sondern sich aus den Gedichten selbst entwickelt, beschreibt Kniep. Und dennoch oder gerade deshalb sind sie auf spezielle, auf lyrische Weise politisch, utopisch gar, denn: Es äußert sich darin ein neues, anderes Verständnis von Gemeinschaft, von Austausch, von einem offenen Erzählen im ständigen Austausch, lesen wir. In Schmidts Gedichten erkennt der begeisterte Rezensent "Modellversuche" dieses neuen Erzählens.
© Perlentaucher Medien GmbH
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