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Ein kurzweiliger und amüsanter Roman zum Thema Geld - all denen zugeeignet, bei denen sich das Geld rar macht und deren Gedanken sich deswegen immer um das Eine drehen.

Produktbeschreibung
Ein kurzweiliger und amüsanter Roman zum Thema Geld - all denen zugeeignet, bei denen sich das Geld rar macht und deren Gedanken sich deswegen immer um das Eine drehen.
Autorenporträt
Franziska Gräfin zu Reventlow, geb. 1871 in Husum, rebellierte schon früh gegen bürgerliche Normen, verließ bald ihr Elternhaus und heiratete einen Hamburger Juristen, provozierte jedoch nach kurzer Zeit die Scheidung. Von 1895-1909 lebte sie in München und wurde als 'unwürdige Gräfin' zum strahlenden Mittelpunkt der Schwabinger Boheme. Sie war befreundet mit Rainer Maria Rilke, Ludwig Klages und Karl Wolfskehl. Ihren 1897 geborenen Sohn zog sie alleine groß; ihren Lebensunterhalt bestritt sie u.a. als Übersetzerin, Aktmodell und Schauspielerin. Sie hatte zahlreiche Affären, heiratete jedoch aus finanziellen Gründen 1911 ein zweites Mal. Ihre letzten Jahre verbrachte sie in Ascona, nahe der Künstlerkolonie auf dem Monte Verit . Sie starb 1918 in Muralto. Zeitlebens jagte sie der Anerkennung als Malerin nach; berühmt geworden ist sie indes durch ihr literarisches Werk.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.12.2001

Die wichtigste Nebensache der Welt
Franziska zu Reventlow ist abgebrannt / Von Annette Pehnt

Bleichsüchtige, spitzenklöppelnde, interesselose Geschöpfe seien die jungen Frauen, seufzt Franziska zu Reventlow 1890 in einem Brief an ihren Liebhaber. Schon als Heranwachsende ist sie sich sicher, daß sie in einer Gesellschaft, welche die Frauen zu heiratstauglichen Porzellanpüppchen mit Französischkenntnissen dressiert, nicht als Dekoration herhalten will.

In der Münchner Bohème, in der sie sich von 1893 an bewegt, lebt die Reventlow den Gegenentwurf: ungebundene Liebe, körperliche Leidenschaft, ein freies Schriftstellerleben, ein Kind ohne Vater, Wohngemeinschaft. Franziska zu Reventlow ist jemand, der sich nicht begnügt: "Ich will überhaupt lauter Unmögliches, aber lieber will ich das wollen, als mich im Möglichen schön zurechtzulegen." Auf solcherart mutige Maßlosigkeit ist sie stolz, sie ist ihr Markenzeichen, Bestandteil einer anspruchsvollen, unkonventionellen Selbstinszenierung, die ihr in Schwabinger Künstlerkreisen Aufmerksamkeit und Bewunderung sichert.

Geld allerdings bringt sie ihr nicht. In dem stark autobiographisch gefärbten, späten Roman "Der Geldkomplex" aus dem Jahr 1916 erzählt die Liebessüchtige das Verhältnis zwischen Mensch und Geld als Liebesgeschichte neu. Aber die Strategien, die bei Kunstmalern, Dichtern und anderen Männern zu greifen scheinen, wollen bei ihrem begehrten Lebenspartner, dem Kapital, nicht recht verfangen. Sie lockt es und umwirbt es, sie wartet geduldig, sie begehrt auf und gibt sich gleichgültig, spielt mit ihm und jagt es. Und immer wieder kündigen sich Begegnungen an, zum Greifen nah scheint manches Mal das Stelldichein mit dem Begehrten, das sich dann doch wieder verflüchtigt.

Als harmloser Briefroman, adressiert an eine nicht weiter beschriebene Bekannte der Ich-Erzählerin, kommt Reventlows Büchlein daher und hat doch eine Menge zu sagen über die Erotik des Geldes und den Warencharakter menschlicher Beziehungen. Nebenbei sorgt die Engführung mit den biographischen Etappen der Reventlow auch heute noch für verdutztes Kopfschütteln über die Maßlosigkeit ihres Mutes.

Die hochverschuldete Erzählerin sucht vor ihren Gläubigern - denen der Roman auch zugeeignet ist - Zuflucht in einem Sanatorium und wartet dort im Kreise skurriler Mitpatienten auf eine durch Scheinheirat erschlichene Erbschaft, die sie von allen materiellen Nöten befreien würde. Aber immer wieder verzögert sich die Erlösung: Erst will der Schwiegervater nicht sterben, dann scheint das Testament verschollen, am Ende fällt die Erbschaft kleiner aus als erhofft. Schließlich verliert sie durch den Bankrott ihrer Bank das Geld, das sie gerade erst in Händen hielt - eine ironische Schicksalswendung, die der Reventlow, als sie ihr 1916 tatsächlich zustieß, nur den lakonischen Kommentar "Es filmt mal wieder" entlockt haben soll. Einen letzten Triumph bietet die Katastrophe aber doch: Ihrer Bank gegenüber ist die Verschuldete nun selbst zur Gläubigerin geworden. So zieht sie, schlagartig vom Geldkomplex befreit, stolz zur ersten Gläubigerversammlung ihres Lebens.

Das grotesk anheimelnde Warten auf das Nichtvorhandene, das doch, frei nach Georg Simmel, in seiner Symbolkraft stark genug ist, um Jünger zu bannen, wird erträglich gemacht durch die unterhaltsamen Sitzungen mit dem Psychoanalytiker. Reventlows Parodie führt die Schwächen einer Methode vor, die eine verdrängte Sexualität als Grund allen Übels ansieht, aber für die materielle Bedingtheit der menschlichen Existenz wenig Interesse zeigt. Die finanziellen Schwierigkeiten der Erzählerin werden in der ersten therapeutischen Sitzung flugs als Geldkomplex diagnostiziert. "Ich fand es anfangs ganz hübsch und stilvoll, einen Komplex zu haben, man konnte vor sich selbst und anderen sich immer darauf berufen, anstatt einfach zu sagen: ich bin verzweifelt, außer mir, schlechter Laune usw."

Schon weil ihr die Therapie einen willkommenen Vorwand zur Verlängerung des Aufenthaltes bietet, arbeitet die Patientin nun eifrig mit dem Therapeuten: "Er fragt, fragt und fragt, und ich soll nur antworten, aber eben das ist gar nicht so leicht." Bald wird jedoch deutlich, daß sich Arzt und Patientin nicht werden einigen können. Während er verdrängte Erotik zur alleinigen Ursache des Geldkomplexes erklärt, genießt sie ihre erotischen Affären und besteht darauf, nur Geld könne den Geldkomplex endgültig heilen. Schließlich gibt der Therapeut resigniert auf und verbringt die Tage, trinkend und in zauberbergähnlicher Trance, zunehmend willenlos an der Seite seiner Patienten.

"Wirtschaftliche und soziale Fragen können hier nicht zur Behandlung kommen" will Ernst Block an der Tür einer frisch eröffneten psychoanalytischen Praxis gelesen haben. Bei Franziska zu Reventlow kommen sie sehr wohl zur Behandlung, geistreich und mutwillig umspielt im Fluß der souverän beherrschten Unverbindlichkeit.

Franziska Gräfin zu Reventlow: "Der Geldkomplex". Roman, meinen Gläubigern zugeeignet. Oesch/Conzett, Zürich 2001. 143 S., geb., 29,- DM.

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