Wissenschaftlicher Aufsatz aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Germanistik - Sonstiges, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, Sprache: Deutsch, Abstract: Der Eindruck, dass bestimmte Textinterpretationen und Forschungsmeinungen in der literaturhistorischen Altgermanistik auf starkes Desinteresse, ja Aversionen stießen, war Ausgangspunkt meiner Beschäftigung mit der Geschichte der Fachwissenschaft.Rätselhaft musste diese Aversion gegen einen meines Erachtens zutreffenden Zugriff auf mittelalterliche Literatur und zugrunde liegende gesellschaftliche Prozesse ( meine These von Strickers Konzept der Partnerschaftlichkeit in Paarbeziehungen) scheinen, da sie von Angehörigen einer Professoren Generation kam, die einen offenen, experimentierfreudigen, nichtautoritären Sozialstil pflegten und deren erklärtes Forschungsinteresse sich in emanzipatorischer Absicht auf die Erkenntnis gesellschafts-geschichtlicher Prozesse richtete. Der Aufsatz beschreibt zum einen den Gang der Wertschätzung literarischer Texte des Mittelalters durch die Gelehrten des 18. und 19. Jahrhunderts. Zum anderen wird dargestellt, wie die weiter führende Kritik der scheinbar falschen Vertrautheit der traditionellen Altgermanistik mit mittelalterlichen Texten durch eine junge Wissenschaftler Generation seit 68', einen neuen Mythos produziert.Die Fixierung auf die seither postulierte 'befremdliche Andersheit' des Mittelalters wird in diesem Aufsatz mit den gleichzeitigen gesellschaftlichen Prägungen erklärt.Die Perspektive der Alterität mittelalterlicher Gesellschaft ist demnach gekoppelt mit den Hoffnungen und Sehnsüchten einer Revolte-Generation, die auf die Überwindung eigener Entfremdung, Versagungen und Einschränkungen zielen. Die These dieses Aufsatzes ist es, dass die populäre Alteritäts Perspektive auf das Mittelalter zwar geeignet ist die Identität einer Wissenschaftler Generation zu reflektieren, eine zutreffende Interpretation mittelalterlicher Literatur und die Beschreibung gesellschaftlicher Prozesse damit aber verfehlt wird.Der gesellschaftspolitische Rang zutreffender Interpretationen und Beschreibungen historischer Prozesse ergibt sich aus der Tatsache, dass kollektive Identität und gegenwärtiges politisches Handeln nicht unwesentlich durch Zugriffe auf die Geschichte geprägt sind. Da die Alteritäts-Perspektive nur eine verzerrte Wahrnehmung mittelalterlicher Literatur und gesellschaftlicher Prozesse erlaubt, wäre es an der Zeit diese Erkenntnis Blockade aufzulösen, um wissenschaftliches Arbeiten und weiterführende Erkenntnis wieder produktiv zu gestalten.
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