Baltische Herrenhäuser, erbaut, bewohnt und bewirtschaftet von der adeligen Oberschicht meist deutscher, aber auch schwedischer, polnischer und russischer Herkunft, prägten den ländlichen Raum des heutigen Estland und Lettland bis ins frühe 20. Jahrhundert. Das Herrenhaus als Wohnort der Grundbesitzer war der zentrale und oft architektonisch am aufwendigsten gestaltete Teil eines Gutshofs. Dieser stellte eine Lebensform dar, in der Wohnen und Arbeiten eine räumliche Einheit bildeten. Dem deutschbaltischen Adel gehörten einige Hundert Familien an, die bis zu siebzig Prozent der Landfläche in Alt-Livland besaßen und damit auch wirtschaftliche und politische Macht ausübten. Mit der Entstehung der Nationalstaaten Estland und Lettland nach dem Ersten Weltkrieg endete die herausgehobene Stellung dieser Oberschicht. Von dem erhaltenen bauhistorischen Erbe wartet neben einigen Dutzend herausragend rekonstruierter Beispiele die Mehrzahl auf ihre Instandsetzung und eine sinnvolle neue Nutzung. Anhand ausgewählter Beispiele werden adelige Herrenhäuser und Gutsanlagen sowie ihre Geschichte vorgestellt. Einige der ältesten Herrenhäuser gingen aus umgebauten Burgen der Ordensritter hervor. Noch im 18. Jahrhundert wurden die meisten Gebäude aus Holz errichtet. Die Mehrheit der noch erhaltenen Herrenhäuser entstand im 19. Jahrhundert in den verschiedenen Spielarten des Historismus.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Jan Brachmann findet Agnese Bergholde-Wolfs Buch über Herrenhäuser der Deutschbalten hübsch anschaulich, wenngleich es keinen Anspruch auf enzyklopädische Vollständigkeit erhebt und auch keine Wirtschafts- und Sozialgeschichte liefert, wie er erkennt. Davon, wie es auf dem Baltikum unter den Uexkülls und Krusensterns einst zuging, vor allem wie gebaut und gewohnt wurde, vermittelt die Autorin laut Brachmann bildreich und mit sachlichen, knappen kunsthistorischen Texten. Über die Sklaventreiberei des deutschbaltischen Adels erfährt der Rezensent hier naturgemäß nichts.
© Perlentaucher Medien GmbH
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