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  • Buch mit Leinen-Einband

Produktdetails
  • Verlag: Hatje Cantz Verlag
  • Seitenzahl: 80
  • Abmessung: 290mm
  • Gewicht: 718g
  • ISBN-13: 9783775707305
  • Artikelnr.: 24861696
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.03.1999

Vielleicht Viktoria: In Bückeburg errang der Manierismus seinen letzten Sieg

Nach dem Tode Rudolfs II., des Esoterikers auf dem Prager Kaiserthron, fand der niederländische Bildhauerstar Adrian de Vries seinen engagiertesten Auftraggeber tief in der niedersächsischen Provinz. Ernst Graf zu Holstein-Bückeburg, ein ehrgeiziger Fürstenaufsteiger, konnte den um 1600 bedeutendsten Plastiker für zwei monumentale Projekte gewinnen: für ein Taufbecken im Mittelschiff der Stadtkirche seiner Bückeburger Residenz und für sein eigenes Familiengrab in einem Mausoleum, das als Annex an die Martinskirche in Stadthagen angebaut wurde.

Ernsts Beziehung zum Künstler geht auf das Jahr 1613 zurück. Zwei Jahre später lieferte Adrian das Taufbecken. Er arbeitete in seinem Prager Atelier nach Architekturplänen und verschiffte die schweren Bronzeensembles per Schiff über die Elbe. In Briefen feilschte der Graf, versuchte Einfluß auf die Gestalt zu nehmen und hielt mit Beanstandungen nicht hinter dem Berg. Beim Taufbecken sitzen kräftige Putten auf einer Weltkugel und tragen das reliefgeschmückte Becken, dessen Deckel Christus und der Täufer sowie darüber die Taube des Heiligen Geistes bekrönen. Rechtzeitig zur großartigen und ersten Rekapitulation der Plastik von Adrian de Vries im Amsterdamer Rijksmuseum, die nun nach Stockholm und ins Getty Center nach Kalifornien weiterwandert, stellt Lars Olof Larsson die beiden nicht transportablen Bückeburger Hauptwerke in einem Bildband in vielen Ansichten und Details vor. Wir zeigen hier eines der brillanten Reliefs vom Sockel des Kenotaphs, das in der Mitte des siebeneckigen Kapellenraums in Stadthagen aufgestellt ist. Auf dem Grabsockel hocken vier Grabwächter: Drei schlafen, der vierte blickt geblendet hinauf zum auferstandenen Christus, einem Heros und Triumphator mit Siegerfahne, dem Engel zu Füßen huldigen. Das abgebildete Sockelrelief zeigt im Profil einen weiblichen Genius des Ruhms oder vielleicht eine Viktoria, die vor der Folie einer Palastarchitektur mit nervös skizzierten Bauarbeitern die architektonischen Taten des Fürsten feiert. Bereits der Mäzen kritisierte die genialische "Schlamperei" der Reliefhintergründe. Doch mit dieser raffinierten Andeutungskunst, von der sich die plastische Vollendung der Monumentalfiguren abhebt, scheint der Künstler seine vielschichtige Virtuosität demonstrieren zu wollen. Mit solchen Kontrasten und Differenzierungen glänzte die Florentiner Skulptur - der junge Adrian de Vries war hier in die Schule gegangen - seit Donatello und Cellini. Die Grabmalsfiguren trafen 1621 in Stadthagen ein. Der Mäzen starb im folgenden Jahr, das Mausoleum wurde erst 1627 fertiggestellt. (Lars Olof Larsson: "Adrian de Vries in Schaumburg". Hatje Verlag, Stuttgart 1998. 80 S., 72 Abb., geb., 58,- DM)

E.B.

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