Aemulatio (lat. Nacheiferung) bezeichnet die wetteifernde Nachahmung und das Überbieten eines Vorbildes in der Literatur und Kunst. Die Aemulatio ist nach antiker Kunstauffassung kein Gegensatz zur Originalität (vgl. Horaz, Ars poetica V. S. 119 ff.). In der Romantradition des 18. und 19. Jahrhunderts spielt der Begriff eine entscheidende Rolle. Autoren haben stets versucht, sich an vorhergehenden Texten zu orientieren und sich mit diesen zu messen. Man vergleiche etwa die Entwicklung des Bildungsromans: Goethe versuchte den Typ des Bildungsromans mit seiner eigenen Variante zu erweitern, und sein Wilhelm Meister tritt somit nicht nur in Konkurrenz mit Wielands Geschichte des Agathon, sondern versucht noch, diesen zu überbieten. Bis zur Moderne ist das Überbieten des Vorherdagewesenen entscheidend. Erst ab der Postmoderne versuchen Romane dieses nicht mehr.