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Der vorliegenden Studie liegt eine empirische Untersuchung zugrunde, in die niedergelassene Ärzte einbezogen waren. Das Ergebnis: Ärztliche Praxis generiert sich auf der Basis von Metaphern. Ob es sich um den ersten Blick handelt, den ein Arzt auf einen Patienten wirft, um eine Vermutungsdiagnose, um die Auswahl diagnostischer Verfahren und therapeutischer Instrumente oder um die Gestaltung der Arzt-Patient-Beziehung - all dies erklärt sich aus den Implikationen metaphorischer Konzepte, die der jeweiligen Praxis zugrunde liegen.

Produktbeschreibung
Der vorliegenden Studie liegt eine empirische Untersuchung zugrunde, in die niedergelassene Ärzte einbezogen waren. Das Ergebnis: Ärztliche Praxis generiert sich auf der Basis von Metaphern. Ob es sich um den ersten Blick handelt, den ein Arzt auf einen Patienten wirft, um eine Vermutungsdiagnose, um die Auswahl diagnostischer Verfahren und therapeutischer Instrumente oder um die Gestaltung der Arzt-Patient-Beziehung - all dies erklärt sich aus den Implikationen metaphorischer Konzepte, die der jeweiligen Praxis zugrunde liegen.
Autorenporträt
Dr. Christina Schachtner, Diplom-Soziologin, ist Professorin für Medienwissenschaft/Neue Medien am Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft der Universität Klagenfurt (Österreich), davor Professorin für Erziehungswissenschaft/Sozialpädagogik an der Universität Marburg.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.06.1999

Heile Wunden
Metaphern in der Medizin

Das wäre das Idealziel der Kostendämpfungsgesetz im Gesundheitswesen: ein Patient geht in ein Institut und tippt seine Beschwerden in einen Computer ein. Dieser erstellt aus den Daten eine Liste der Abteilungen für die Diagnostik. Ein anderer Computer druckt die Ergebnisse aus und empfiehlt Hustentropfen oder eine Herzoperation, das Rezept für die Apotheke oder eine Klinikeinweisung inbegriffen. Damit wäre das Problem der niedergelassenen Ärzte entsorgt. Medizin im technischen Zeitalter.

Christiane Schachtner, Erziehungswissenschaftlerin der Universität Marburg, ausgewiesen durch Arbeiten zum "Wechselverhältnis von Mensch und Computer", hat ihre neueste Studie über "Ärztliche Praxis" unter die Frage nach der technologischen Reproduzierbarkeit und Rationalisierung des menschlichen Handelns gestellt. Die Autorin befragte dreißig niedergelassene "ÄrztInnen" nach ihrem Vorgehen bei der Diagnose und Therapie am Beispiel eines besonders markanten Patienten und interessierte sich für die Arzt-Patient-Beziehung und die persönliche Biographie der Ärzte. Ihr einziger Bezugsrahmen zur Analyse des komplexen Gegenstandes bildet der Begriff der "Metapher". Unter ihm werden in den Sozialwissenschaften bildhaft-symbolische Ausdrucksformen des Denkens, Fühlens und Handelns verstanden. Metaphern gestalten individuelle Lebenskonzepte und zwischenmenschliche Interaktion entscheidend mit.

Erstaunlich nun, was sich am Beispiel der ärztlichen Praxis aus diesem "hermeneutischen" Verfahren für Ergebnisse filtrieren lassen. Schachtner findet bei der untersuchten Gruppe acht verschiedene "Metaphern", die sowohl das diagnostische als auch das therapeutische Handeln anleiten, und außerdem sechs "metaphorische Beziehungsmuster" der Arzt-Patient-Beziehung, die eng mit den diagnostischen und therapeutischen Metaphern korrespondieren. Nicht genug dieser Konsistenz der Ergebnisse: da sich Metaphern bereits in der Kindheit "generieren", findet die Autorin folgerichtig sechs "Entstehungskontexte" in den Biographien der ÄrztInnen, die die lebensgeschichtlichen Handlungsstrukturen auch im ärztlichen Berufsalltag festlegen.

Ein Beispiel: Eine Ärztin, die bei ihren Patienten im übertragenen Sinne "eine Wunde" heilen möchte, nähert sich diesen bei der Diagnose nicht durch Medizintechnologie, sondern durch Betrachtung des "ganzen Menschen"; entsprechend berücksichtigt sie in der Therapie den "gesamten Lebenszusammenhang" und stellt im Kontakt eine "kooperative Beziehung" her. Die in diesen Verhaltensmustern verborgenen Metaphern wurden durch Verletzungen in ihrer Kindheit gebildet, die sie auf ihre Berufspraxis überträgt.

Die Autorin bewertet die Ergebnisse selbst zwiespältig: "Die Bedeutung von Metaphern für ärztliches Alltagshandeln spricht nicht gegen dessen technische Reproduzierbarkeit." Aber: "Einen Leib zu haben, der Signale aussendet und empfängt, eröffnet ungleich komplexere Erkenntnischancen, als sie ein technisches System jemals erreichen kann." In der Methode der Metapherologie liegt ein subversives Element, mit dem Schachtner die Unersetzbarkeit einer ganzheitlich begriffenen Arzt-Patient-Beziehung gegen alle Versuche ihrer technologischen Inbesitznahme behauptet. Darin liegt das unzweifelhafte Verdienst der Studie.

HORST PETRI

Christina Schachtner: "Ärztliche Praxis". Die gestaltende Kraft der Metapher. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1999. 239 S., br., 19,80 DM.

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