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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.07.1999

Beredte Begriffslosigkeit
Mit dem Lexikon zu Klassikern der Ästhetik und Kunstphilosophie kann man sich ein Bild machen

Kunst ist etwas Schönes, macht aber auch viel Arbeit - zunächst den Künstlern, später auch den Betrachtern, Lesern oder Hörern, die den Kunstwerken ebenso rat- und sprachlos wie verzaubert gegenüberstehen. Wohin sollen wir uns wenden, wenn uns der ästhetische Schock in die Glieder gefahren ist, dem wir nichts als ein "je ne sais quoi" entgegenzustammeln haben? Kunst war stets und wurde in immer größerem Maße kommentar- und theoriebedürftig. Das weite Feld der Kunsttheorie ist freilich kaum leichter zu durchdringen als die Erscheinungen, die sie aufklären soll. Hier kann jetzt ein Lexikon aus der bewährten Reihe der Krönerschen Taschenausgaben die Orientierung erleichtern.

In dem neuen Nachschlagewerk werden 152 Figuren aus der Geschichte der Ästhetik und Kunstphilosophie vorgestellt. Zeitlich reichen sie von Platon bis Peter Sloterdijk, alphabetisch von Joseph Addison bis Richard Wollheim. Die einzelnen Artikel unterrichten nach einer komprimierten Darstellung von Leben und Werk auch über den Kontext, in dem die jeweilige Ästhetik steht, und über die Hauptlinien der Rezeptions- und Wirkungsgeschichte. Zusammen mit der kompakten Einleitung von Monika Betzler, in der eine Perlenschnur durch die großen Namen gezogen wird, erhält man so, wenn man einmal das alphabetische Ordnungsprinzip verläßt und statt dessen dem chronologischen folgt, eine sehr brauchbare Geschichte der Ästhetik und Kunstphilosophie. Nützlich sind auch die knappen Primär- und Sekundärbibliographien.

Neben den soliden Pflichtübungen, die man von solchen Werken erwarten darf, finden sich ausgesprochene Glanzstücke. So wird der Leser des Eintrags "Platon" nicht mit den gängigen Klischees abgespeist; vielmehr wird auf knappstem Raum ein äußerst differenziertes Bild von Platons vielschichtiger Auseinandersetzung mit den nachahmenden Künsten gezeichnet. Ähnlich Positives ließe sich über eine ganze Reihe von Artikeln sagen. Auf der anderen Seite gibt es auch ein paar Lücken zu beklagen. Besonders schmerzlich vermißt man einen Eintrag zu Leonardo da Vinci, dem wir den großartigsten Malereitraktat überhaupt verdanken. Ebenso vergeblich sucht man einen Artikel zu Georg Friedrich Meier, der mit Alexander Gottlieb Baumgarten die Ästhetik als akademische Disziplin begründet hat. Und mag Friedrich Schlegel auch tausendmal der originellere Kopf gewesen sein, so hätte man doch würdigen sollen, daß die Ausformulierung, Systematisierung und europaweite Verbreitung der romantischen Dichtungs- und Kunsttheorie maßgeblich auf seinen Bruder August Wilhelm zurückgeht. Freilich sind diese Mängel in zukünftigen Auflagen, die das Lexikon zweifelsohne erleben wird, leicht zu beheben; und auch in der vorliegenden Form ist es ein unentbehrliches Nachschlagewerk.

OLIVER R. SCHOLZ

Julian Nida-Rümelin, Monika Betzler (Hrsg.): "Ästhetik und Kunstphilosophie". Von der Antike bis zur Gegenwart in Einzeldarstellungen. Kröner Verlag, Stuttgart 1998. XXXIX, 838 S., geb., 68,- DM.

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