Der Ästhetizismus ist ein Phänomen, das in England in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einsetzte und um die Jahrhundertwende, mit einiger Verspätung, Deutschland erreichte. Es ist eine Strömung, die die Kunst als stetigen Fluchtraum aus einer Gesellschaft sah, die im Wandel begriffen war. Vielfache Veränderungen gingen vor, Veränderungen nicht nur zum Positiven. Traditionen und Werte wurden infrage gestellt, die Menschen waren verunsichert. Der Ästhetizismus wollte die Kunst zur neuen Religion erheben, die die Menschen aus ihrer Orientierungslosigkeit herausführen sollte, die die Schrecken des Lebens und des sich nähernden Todes vergessen machen konnte. Walter Pater und Heinrich Mann in ihren Werken mitunter ganz dem la vie pour l'art verpflichtet. Doch tauchten sie selbst nicht in den verlockenden Strom der ästhetizistischen Lebens- und Kunstauffassung ab, aus dem das Entrinnen zumal sehr schwierig werden konnte.