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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.07.2011

Die neue Afrika-Literatur

Man hat sich daran gewöhnt: Nachrichten aus Afrika sind schlechte Nachrichten. Der Kontinent schien nur noch als Krisenkontinent besprochen zu werden. Diesen pessimistischen Prognosen hält der Berliner Journalist Dominic Johnson nun eine Interpretation entgegen, die viele Länder Afrikas in der Ära einer Gründerzeitstimmung verortet ("Afrika vor dem großen Sprung". Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2011. 106 S., br., 9,90 [Euro]).

So regiere "in weiten Teilen Afrikas, wo es noch vor zwei Jahrzehnten nicht einmal Telefone gab, heute unangefochten die Mobilkommunikation". Und die Nutzung der digitalen Technologie sei "keine exklusive Angelegenheit einer schmalen Elite", sondern selbst in vielen ländlichen Gegenden inzwischen Praxis. Allerdings, dies eine weitere Beobachtung des Autors, sind es vor allem die Städte, in denen sich der Wandel vollzieht. Afrika galt lange als ländlich geprägt, ist nun aber der sich am schnellsten urbanisierende Kontinent der Welt. "Die anonymen, kosmopolitischen Städte", schwärmt Johnson, "werden zur neuen Heimat. Afrikas Städter sind Kinder der Städte, ihr gesellschaftlicher und familiärer Hintergrund hat sich verschoben." Hier sieht sich der Autor offenbar im Einklang mit einem Teil der jüngeren Stadtforschung zu Afrika, die vor allem die intellektuelle und künstlerische Dynamik sowie die kreativen Überlebensstrategien in den afrikanischen Megastädten betonen. Dabei geraten Gewalt und Kriminalität, soziales Elend und ökologische Verwerfungen leicht aus dem Blick.

Als wichtigste Akteure des Wandels nennt Johnson eine kapitalkräftige afrikanische Mittelschicht sowie einheimische Unternehmer, die, folgen wir dem Autor, nur darauf warten, "die Geschicke ihrer Länder selbst in die Hände zu nehmen", Verantwortung zu übernehmen. Recht überzeugende Beispiele wollen ihm in diesem Zusammenhang allerdings nicht einfallen. Der Staat sei, hier schließt er an viele Interpreten an, in Afrika beständig auf dem Rückzug. Allerdings scheint Johnson vergessen zu haben, dass ein Großteil der Bevölkerungen weiterhin vergeblich auf die Wunder des Marktes wartet, dass nur ein geringer Teil der Menschen tatsächlich vom rasanten Wandel und Wirtschaftswachstum profitieren.

Gelegentlich deutet er das immense Konfliktpotential an, welches die "geradezu revolutionären Umwälzungen" bergen: Etwa die zahllosen jungen Menschen, die, obgleich gut qualifiziert, vergeblich auf einen angemessenen Arbeitsplatz warten; hinzu kommen Millionen Jugendliche ohne jegliche Ausbildung. Die Integration der Jugend stellt eine Herkulesaufgabe afrikanischer Politik dar, zu der Johnson nur wenig zu sagen weiß. Überzeugend ist hingegen die Beobachtung, dass der Westen unter afrikanischen Intellektuellen und "Machern" gewaltig an Kredit verloren hat. Lektionen aus Washington, Paris oder Berlin nimmt man nicht mehr an. "Welches Gewicht", unterstreicht Johnson, "hat der mahnende weiße Zeigefinger, wenn die gleiche Hand sich zuvor beim Abschlachten von Tausenden Afrikanern nicht gerührt hat." Die afrikanische Elite schaut verstärkt in andere Richtungen, etwa nach Asien und insbesondere nach China. Johnsons Buch ermutigt eine neue, nicht negativistische Afrika-Literatur.

ANDREAS ECKERT

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Einen optimistischen Blick auf Afrika bietet Dominic Johnsons Buch "Afrika auf dem großen Sprung" laut Andreas Eckert, dem dies manchmal zu viel des Guten ist. Er hebt hervor, dass der Autor entgegen der im Westen weit verbreiteten pessimistischen Sicht des Kontinents eine Gründerzeitstimmung in vielen Ländern Afrikas erkennt, rasende Urbanisierung und intellektuelle Dynamik in den Megastädten inklusive. Nicht immer scheinen ihm die Ausführungen des Autors überzeugend. Er hält ihm vor, Kriminalität, soziales Elende und ökologische Katastrophen mitunter außen vor zu lassen. Auch der Umstand, dass oft nur ein geringer Teil der Bevölkerung von den Veränderungen und dem Wirtschaftswachstum profitiert, bleibt in seinen Augen unterbelichtet. Nichtsdestoweniger schätzt er das Buch, da es eine "neue, nicht negativistische Afrika-Literatur" ermutige.

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