Schreibstil/Figuren:
Die Geschichte selbst wird durch die Augen von drei verschiedenen Frauen erzählt und befindet sich auch in unterschiedlichen, wenn auch nicht weit auseinanderliegenden Zeitzonen. Zuerst lernen wir die fast pensionierte Polizeibeamtin Pamela kennen, die noch in einer Welt
großgeworden ist, in der es keine Ausgangssperre gab. Die Autorin beschreibt Pamela als eine sehr…mehrSchreibstil/Figuren:
Die Geschichte selbst wird durch die Augen von drei verschiedenen Frauen erzählt und befindet sich auch in unterschiedlichen, wenn auch nicht weit auseinanderliegenden Zeitzonen. Zuerst lernen wir die fast pensionierte Polizeibeamtin Pamela kennen, die noch in einer Welt großgeworden ist, in der es keine Ausgangssperre gab. Die Autorin beschreibt Pamela als eine sehr intelligente und raffinierte Ermittlerin, die sich trotz ihrer baldigen Aussicht auf den wohlverdienten Ruhestand nicht allzuviel aus Anordnungen macht. Dann lernen wir Sarah kennen, eine Frau, deren Mann wegen der Überschreitung der Ausgangssperre im Gefänfnis sitzt, aber bald entlassen werden soll. Auch hier schafft die Autorin es, die Figur sehr nahbar und realistisch darzustellen. Sarah ist alleinerziehende Mutter, die erst kürzlich einen Job in einem sogenannten Frauenschutzzentrum angenommen hat – dem Ort, wo den Männern die Fußfesseln angelegt werden, wo diese auf ihre Funktionalität kontrolliert werden, wo Frauen die Männer klar dominieren. Und zuguter Letzt begegnen wir noch Sarahs Tochter Cass, die ganz rebellischer Teenager, vollkommen gegen das System der Sperrstunde ist, weil sie die Verhaftung ihres Vaters nie ganz überwunden hat.
Die Kapitel im Buch sind recht kurz gehalten und die Perspektivwechsel sind häufig, sodass wir die Geschichte und die Buchwelt aus mehreren, teils sehr unterschiedlichen Perspektiven erleben. Ich mochte zudem, dass die drei Frauen nicht nur einen dementsprechenden Altersunterschied hatten, sondern auch, dass sie sich an einem völlig unterschiedlichen Punkt in ihren Leben befanden. Die Autorin hat im Buch aber nicht nur die im Fokus stehenden Frauenfiguren gut konzipiert. Auch die männlichen Figuren sind sehr interessant gestaltet.
Inhalt:
Als im Stadtpark eine Frauenleiche gefunden wird, ist die Polizei in heller Aufruhr. Denn seit der Einführung der Sperrstunde ist es für Frauen deutlich sicherer auf Englands Straßen geworden. Immerhin sind Männer doch die Haupttätergruppe, wenn es um Delikte wie Körperverletzungen, Morde oder andere Grausamkeiten geht. Doch jetzt steht die Polizei vor einem Rätsel, denn die Leiche ist übel zugerichtet und nicht ohne weiteres identifizierbar – und die Tat weist eher auf einen Mann, als eine Frau hin, auch wenn die leitende Ermittlerin und Chefin von Beamtin Pamela nicht wahrhaben will, dass der Täter ein Mann sein könnte. Während Pamela also versucht die Wahrheit herauszufinden, lernen wir das Mutter-Tochter-Gespann Sarah und Cass kennen, die in einem Frauenhaus untergekommen sind, seit der Vater wegen Verletzung der Sperrstunde im Gefängnis sitzt. Cass hasst ihre Mutter für gefühlt alles, ein klassischer rebellischer Teenager, der die Entlassung des Vaters in wenigen Tagen förmlich herbeisehnt. Als Sarah auf der Arbeit im Frauenschutzzentrum jedoch ein folgenschwerer Fehler passiert und Cass ihre Mutter ebenfalls durch eine folgenschwere Aktion in größte Schwierigkeiten bringt, wird klar, dass die Schicksale aller Frauen in der Geschichte durch ein unsichtbares Band miteinander verbunden sind. Stück für Stück kann der Leser also dabei zusehen, wie die Fäden sichtbar werden und die Gefahr für jede einzelne Frau steigt.
Fazit:
Für mich war After Dark eingrandioses Gedankenspiel, dass man gerade als Frau, vielleicht auch selbst mal durchspielt. Im Winter um 18 Uhr bei völliger Dunkelheit noch joggen gehen? Für viele Frauen aus Angst vor Gewalt nicht möglich. Doch in einer Welt, in der sich Frauen ab 19 Uhr völlig frei bewegen können, wo Männer oft nur noch in Teilzeit arbeiten können, weil sie keiner Schichtarbeit mehr nachgehen können, und sie daher auch die meiste Care-Arbeit übernehmen, wären Frauen diejenigen, die sich sicherer fühlen würden. Doch die Geschichte zeigt auch die Schattenzeiten dieses Systems, zeigt die Perspektive der Männer, wenn auch etwas eingeschränkter als die der Frauen. Was für mich aber kein Kritikpunkt ist, denn in diesem Buch spielen die Frauen die Hauptrolle – und die Männer sind Statisten. Natürlich sollte jedem klar sein, dass dieses System flächendeckend niemals durchsetzbar wäre, aber dennoch verliert man sich kurzzeitig in einer Fantasie, in der man nachts allein nachhause laufen könnte, wo die Dunkelheit kein Feind mehr wäre und diese Idee hat mir selbst gut gefallen. Ein feministischer Roman, der ein interessantes „Was-wäre-wenn“ zeichnet, dem ich selbst einen Tick zu lang nachgehangen bin…