Bir ask destani olan Agri Dagi Efsanesi geleneklerini Mahmut Han'a karsi savunan Ahmet ile Gülbahar arasindaki aski konu alir. Efsanelere ve halk söylencelerine yürekten bagli Yasar Kemal'in bu romani, insan psikolojisinin derinliklerini de icerir. "Yasar Kemal Anadolu'nun halk edebiyatiyla alisveris icindeyken basladi yazmaya. Gercek bir yazar oldugu icin de dilin duyarligindan, siirsel destanin tek kahramani olan Türk halkinin kültüründen esinlenmesini bildi." - Jeliha Hafsia, La Presse, (Tunus) "Yasar Kemal'in romani Tolstoy'un capina ve Dickens'in canligigina sahiptir." - Manchester Guardian, (Ingiltere) "Zengin, renkli ve zekice bir nitelikle bezenmis bir üslup ve yazdigi her kelime sert, cilalanmis, ayriksi ve bir bugday tanesi gibi potansiyel olarak üretken." - Irish Times, (Irlanda)
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.10.1997Der Berg, der nach der Pfeife tanzt
Verstörendes Hohelied der Revolte: Yasar Kemal erzählt eine Legende vom Berg Ararat · Von Karl-Markus Gauß
Yasar Kemal ist ein bedeutender Erzähler, der Respekt, und ein unbeugsamer Intellektueller, der Bewunderung und Unterstützung verdient. Seine Romane, die in abgeschiedenen anatolischen Dörfern oder im dichten Menschengedränge Istanbuls spielen, haben Millionen von Lesern eine Türkei zwischen Apathie und Aufruhr gezeigt; das weltweite Ansehen schützte den bald Fünfundsiebzigjährigen nicht davor, von der türkischen Obrigkeit mehrfach ins Gefängnis geworfen zu werden. Dieser Yasar Kemal, der unerschrocken den Rechtsstaat einfordert und zumal den Krieg gegen die Kurden anprangert, ist für die Türkei eine schlichte Notwendigkeit.
Auch in der spannenden "Ararat Legende", die in osmanischer Vorzeit siedelt, erweist er sich als kraftvoller Erzähler; zugleich aber hat diese Legende auch ihre literarisch wie politisch bedenklichen Seiten. Was Kemal aufbietet, das ist der Mythos pur, und da er ihn mit den verfolgten, aufbegehrenden Kurden identifiziert, geraten diese zu opferbereiten Hütern der Tradition, zu den letzten Repräsentanten eines mythischen Zeitalters.
Hoch im Gebirge, zu Füßen des sagenumwobenen Berges Ararat, lebt Ahmet, der mit seinem Flötenspiel "den Berg förmlich in Bewegung" zu setzen vermag. Eines Abends steht ein Schimmel vor seiner Hütte, so prächtig, wie man noch keinen gesehen hat, und gleich weiß jeder: Das wird Unglück bringen. Der Weise des Dorfes rät Ahmet, das Tier dreimal wegzubringen; wenn es sich jedesmal von alleine wieder einstellt, muß Allah selbst es gesandt haben, und "dann gibst du vielleicht deinen Kopf her, aber nicht diesen Schimmel, den können wir nie mehr zurückgeben". Unausweichlich kommt es, wie alle es befürchtet haben: Das Tier kehrt dreimal wieder, und nach sechs Monaten begehrt der mächtige Pascha von Beyazit, daß ihm sein entlaufener Schimmel zurückzuerstatten sei.
Der Pascha lockt und droht, er offeriert nicht nur Ersatz, sondern enorme Summen, gerade diesen einen Schimmel muß er wiederhaben; und Ahmet will ihm gehorsam alles geben, selbst das Leben, aber nicht dieses Pferd. Um die wie in Erz gehärtete Geschichte der beiden errichtet Kemal einen prächtigen erzählerischen Bau, in dem es an Kammern für zärtliche Liebesgeschichten ebensowenig mangelt wie an Kerkern, in denen die Menschen aufs grausamste traktiert werden.
Auch Ahmet landet im Gefängnis, wo er traurig und trotzig die Flöte spielt. Kaum hat sie die Musik vernommen, entbrennt die Lieblingstochter des Paschas in heftiger Liebe zu dem unbekannten Häftling. Die Versuche des osmanischen Paschas, sich des Schimmels wieder zu bemächtigen, enden im Zerfall seiner Familie und in der offenen Revolte seiner kurdischen Untertanen. Bald lodert überall die Fackel des Aufruhrs, und der Berg Ararat selbst grollt in gerechtem Zorn. Der gegen althergebrachtes - und deswegen immer auch schon heiliges? - Gesetz verstößt, ist der Pascha; Ahmet aber, der Rebell, der sich weigert, dem weltlichen Fürsten zu geben, was ihm nur Allah selber geschenkt haben kann, wird zum Retter der alten Ordnung. Warum also hat Allah den Schimmel gesandt? Weil der Aufstand gegen eine von der Tradition abgefallene Obrigkeit gottgefällig ist.
Noch die Episoden am Rande stattet Kemal reich mit faszinierenden kulturhistorischen Details aus, und gerade die Nebenfiguren - ein liebeskranker Kerkermeister, ein neurotischer Fürstensohn, ein martialischer Schmied - sind ungemein kantig in ihre höfische oder dörfliche Umgebung gestellt. Ingrimmig beschwört Yasar Kemal den alten Mythos noch einmal als Waffe des Widerstands.
Läßt sich aber die Macht der modernen Mythen, die auch in der Türkei Fortschritt, Zentralstaat, Vereinheitlichung heißen, mit der würdevollen Schönheit vormoderner Mythen brechen? Und gerät so nicht der ganze Konflikt zwischen den Kurden, die um ihr nationales Überleben kämpfen, und der einst osmanischen, heute türkischen Staatsgewalt, die gnadenlos die Gleichschaltung verficht, die kurdische Sprache verbietet und die Kurden selbst zu "Bergtürken" erklärt, in eine bedenkliche Schieflage? Denn wo die Kurden als die letzten Zeugen einer Welt von gestern beschworen werden, dort erscheinen ihre Feinde schon fast als Bahnbrecher jener Moderne, die eines Tages doch obsiegen muß. Diese Identifikation aber wäre zumal für die Kurden, von denen Kemal in so vielen bewegenden Büchern Kunde gibt, fatal. "Die Ararat Legende", wie aus mythischer Vorzeit überkommen, ein Hohelied der Revolte, ergreift und verstört.
Yasar Kemal: "Die Ararat Legende". Aus dem Türkischen übersetzt von Helga und Yildirim Dagyeli. Unionsverlag Taschenbuch, Zürich 1997. 140 S., br., 14,80 DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Verstörendes Hohelied der Revolte: Yasar Kemal erzählt eine Legende vom Berg Ararat · Von Karl-Markus Gauß
Yasar Kemal ist ein bedeutender Erzähler, der Respekt, und ein unbeugsamer Intellektueller, der Bewunderung und Unterstützung verdient. Seine Romane, die in abgeschiedenen anatolischen Dörfern oder im dichten Menschengedränge Istanbuls spielen, haben Millionen von Lesern eine Türkei zwischen Apathie und Aufruhr gezeigt; das weltweite Ansehen schützte den bald Fünfundsiebzigjährigen nicht davor, von der türkischen Obrigkeit mehrfach ins Gefängnis geworfen zu werden. Dieser Yasar Kemal, der unerschrocken den Rechtsstaat einfordert und zumal den Krieg gegen die Kurden anprangert, ist für die Türkei eine schlichte Notwendigkeit.
Auch in der spannenden "Ararat Legende", die in osmanischer Vorzeit siedelt, erweist er sich als kraftvoller Erzähler; zugleich aber hat diese Legende auch ihre literarisch wie politisch bedenklichen Seiten. Was Kemal aufbietet, das ist der Mythos pur, und da er ihn mit den verfolgten, aufbegehrenden Kurden identifiziert, geraten diese zu opferbereiten Hütern der Tradition, zu den letzten Repräsentanten eines mythischen Zeitalters.
Hoch im Gebirge, zu Füßen des sagenumwobenen Berges Ararat, lebt Ahmet, der mit seinem Flötenspiel "den Berg förmlich in Bewegung" zu setzen vermag. Eines Abends steht ein Schimmel vor seiner Hütte, so prächtig, wie man noch keinen gesehen hat, und gleich weiß jeder: Das wird Unglück bringen. Der Weise des Dorfes rät Ahmet, das Tier dreimal wegzubringen; wenn es sich jedesmal von alleine wieder einstellt, muß Allah selbst es gesandt haben, und "dann gibst du vielleicht deinen Kopf her, aber nicht diesen Schimmel, den können wir nie mehr zurückgeben". Unausweichlich kommt es, wie alle es befürchtet haben: Das Tier kehrt dreimal wieder, und nach sechs Monaten begehrt der mächtige Pascha von Beyazit, daß ihm sein entlaufener Schimmel zurückzuerstatten sei.
Der Pascha lockt und droht, er offeriert nicht nur Ersatz, sondern enorme Summen, gerade diesen einen Schimmel muß er wiederhaben; und Ahmet will ihm gehorsam alles geben, selbst das Leben, aber nicht dieses Pferd. Um die wie in Erz gehärtete Geschichte der beiden errichtet Kemal einen prächtigen erzählerischen Bau, in dem es an Kammern für zärtliche Liebesgeschichten ebensowenig mangelt wie an Kerkern, in denen die Menschen aufs grausamste traktiert werden.
Auch Ahmet landet im Gefängnis, wo er traurig und trotzig die Flöte spielt. Kaum hat sie die Musik vernommen, entbrennt die Lieblingstochter des Paschas in heftiger Liebe zu dem unbekannten Häftling. Die Versuche des osmanischen Paschas, sich des Schimmels wieder zu bemächtigen, enden im Zerfall seiner Familie und in der offenen Revolte seiner kurdischen Untertanen. Bald lodert überall die Fackel des Aufruhrs, und der Berg Ararat selbst grollt in gerechtem Zorn. Der gegen althergebrachtes - und deswegen immer auch schon heiliges? - Gesetz verstößt, ist der Pascha; Ahmet aber, der Rebell, der sich weigert, dem weltlichen Fürsten zu geben, was ihm nur Allah selber geschenkt haben kann, wird zum Retter der alten Ordnung. Warum also hat Allah den Schimmel gesandt? Weil der Aufstand gegen eine von der Tradition abgefallene Obrigkeit gottgefällig ist.
Noch die Episoden am Rande stattet Kemal reich mit faszinierenden kulturhistorischen Details aus, und gerade die Nebenfiguren - ein liebeskranker Kerkermeister, ein neurotischer Fürstensohn, ein martialischer Schmied - sind ungemein kantig in ihre höfische oder dörfliche Umgebung gestellt. Ingrimmig beschwört Yasar Kemal den alten Mythos noch einmal als Waffe des Widerstands.
Läßt sich aber die Macht der modernen Mythen, die auch in der Türkei Fortschritt, Zentralstaat, Vereinheitlichung heißen, mit der würdevollen Schönheit vormoderner Mythen brechen? Und gerät so nicht der ganze Konflikt zwischen den Kurden, die um ihr nationales Überleben kämpfen, und der einst osmanischen, heute türkischen Staatsgewalt, die gnadenlos die Gleichschaltung verficht, die kurdische Sprache verbietet und die Kurden selbst zu "Bergtürken" erklärt, in eine bedenkliche Schieflage? Denn wo die Kurden als die letzten Zeugen einer Welt von gestern beschworen werden, dort erscheinen ihre Feinde schon fast als Bahnbrecher jener Moderne, die eines Tages doch obsiegen muß. Diese Identifikation aber wäre zumal für die Kurden, von denen Kemal in so vielen bewegenden Büchern Kunde gibt, fatal. "Die Ararat Legende", wie aus mythischer Vorzeit überkommen, ein Hohelied der Revolte, ergreift und verstört.
Yasar Kemal: "Die Ararat Legende". Aus dem Türkischen übersetzt von Helga und Yildirim Dagyeli. Unionsverlag Taschenbuch, Zürich 1997. 140 S., br., 14,80 DM.
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