Wie fast alles an Richard Wagners Werk und Leben ist auch seine Leitmotiv-Technik - er selbst sprach von "Erinnerungsmotiven" - bis heute umstritten. Obwohl jeder, der sich für Wagner interessiert, mit Bezeichnungen wie "Siegfried-Motiv" oder "Walhall-Motiv" vertraut ist, sind viele Fragen nach wie vor ungeklärt: Warum sind die Motive so elementar? Was genau bedeuten sie eigentlich? Und was tragen sie, an der Seite von Text und Szenen, zur Handlung bei? Unter diesen Gesichtspunkten werden die großen Musikdramen Wagners - "Der Ring des Nibelungen", "Tristan und Isolde", "Die Meistersinger von Nürnberg" und "Parsifal" - systematisch untersucht. Pro Oper wird exemplarisch eine Problemstellung behandelt, die Gültigkeit für die Leitmotiv-Verfahren insgesamt hat. Durch die Aufarbeitung und Zusammenfassung des Forschungsstandes, Darlegungen zu den einzelnen Werken sowie neue Thesen eignet sich das Buch gleichermaßen als Lektüre für Wagner-Enthusiasten und Musikwissenschaftler.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.03.2013Analytik mit Schwert
Alle reden vom Leitmotiv, nur Wagner tat es nicht. Das heißt, er verwendete den Terminus, den der Musikhistoriker August Wilhelm Ambros 1860 prägte, ein einziges Mal. Dennoch wurde daraus eine „Bayreuther Handelsmarke“, wie es Melanie Wald und Wolfgang Fuhrmann in ihrem Buch „Ahnung und Erinnerung. Die Dramaturgie der Leitmotive bei Richard Wagner“ formulieren (Bärenreiter, 219 S., 24,95 Euro). Was genau sich hinter dem Begriff verbirgt, vor allem aber, wie Wagners Motivtechnik seine Musikdramen als formbildendes Prinzip strukturiert, wird hier im Detail mit schöner Sorgfalt und Anschaulichkeit untersucht.
Die Hoffnung, dass ihr Werk „auch musikalisch nicht oder nur wenig vorgebildeten Lesern“ zugänglich sein möge, unterlaufen die Autoren durch ihre eigene Dramaturgie: Sie gehen mit dem Schwert-Motiv in medias res, noch bevor sie Ziel und Horizont ihrer Analyse abgesteckt haben. Für informierte Wagner-Enthusiasten jedenfalls ist das Buch, das den aktuellen Forschungsstand in wissenschaftlicher, aber lebendiger Diktion zusammenfasst, ein Gewinn.
KRISTINA MAIDT-ZINKE
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Alle reden vom Leitmotiv, nur Wagner tat es nicht. Das heißt, er verwendete den Terminus, den der Musikhistoriker August Wilhelm Ambros 1860 prägte, ein einziges Mal. Dennoch wurde daraus eine „Bayreuther Handelsmarke“, wie es Melanie Wald und Wolfgang Fuhrmann in ihrem Buch „Ahnung und Erinnerung. Die Dramaturgie der Leitmotive bei Richard Wagner“ formulieren (Bärenreiter, 219 S., 24,95 Euro). Was genau sich hinter dem Begriff verbirgt, vor allem aber, wie Wagners Motivtechnik seine Musikdramen als formbildendes Prinzip strukturiert, wird hier im Detail mit schöner Sorgfalt und Anschaulichkeit untersucht.
Die Hoffnung, dass ihr Werk „auch musikalisch nicht oder nur wenig vorgebildeten Lesern“ zugänglich sein möge, unterlaufen die Autoren durch ihre eigene Dramaturgie: Sie gehen mit dem Schwert-Motiv in medias res, noch bevor sie Ziel und Horizont ihrer Analyse abgesteckt haben. Für informierte Wagner-Enthusiasten jedenfalls ist das Buch, das den aktuellen Forschungsstand in wissenschaftlicher, aber lebendiger Diktion zusammenfasst, ein Gewinn.
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