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Flug 545 der Transpacific Airlines auf dem Nonstopflug von Hongkong nach Denver im US-Bundesstaat Colorado. Es ist 5 Uhr 18, als die Großraummaschine vom Typ N-22 zwei Flugstunden westlich von Los Angeles in heftige Turbulenzen gerät: Plötzlich werden die noch schlafenden Passagiere aus ihren Sitzen geschleudert... Um 5 Uhr 43 bittet der Pilot um Notlandeerlaubnis in Los Angeles. Die penible technische Untersuchung dieses Flugunfalls wird auf dem Gelände des Flugzeugherstellers Norton in der Nähe von Los Angeles durchgeführt. Die Leitung obliegt der obersten Chefin der Fertigungskontrolle. Sie…mehr

Produktbeschreibung
Flug 545 der Transpacific Airlines auf dem Nonstopflug von Hongkong nach Denver im US-Bundesstaat Colorado. Es ist 5 Uhr 18, als die Großraummaschine vom Typ N-22 zwei Flugstunden westlich von Los Angeles in heftige Turbulenzen gerät: Plötzlich werden die noch schlafenden Passagiere aus ihren Sitzen geschleudert... Um 5 Uhr 43 bittet der Pilot um Notlandeerlaubnis in Los Angeles.
Die penible technische Untersuchung dieses Flugunfalls wird auf dem Gelände des Flugzeugherstellers Norton in der Nähe von Los Angeles durchgeführt. Die Leitung obliegt der obersten Chefin der Fertigungskontrolle. Sie steht jetzt unter dem ungeheuren Druck, innerhalb weniger Tage herausfinden zu müssen, wie es zu dem katastrophalen Zwischenfall kommen konnte...
Autorenporträt
Michael Crichton wurde 1942 in Chicago geboren und studierte in Harvard Medizin. Alle seine Romane "Andromeda", "Der große Eisenbahnraub", "Jurassic Park", "Enthüllung", "Die Wiege der Sonne" und viele mehr wurden auch als Filme weltweite Erfolge. Crichton ist Autor der weltweit erfolgreichen Fernsehserie "ER Emergency Room".
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.01.1997

Der Wünschelrutengänger
Michael Crichton, die Stimme des kollektiven Unbehagens

Michael Crichton hat in den neunziger Jahren vier Romane geschrieben. Sie vergrößern landläufige Sorgen zu existentiellen Bedrohungen und fügen Geschichten hinzu, die mehr recherchiert als erfunden sind. Nur die erste war noch unwahrscheinlich. "Jurassic Park" erschien 1991 und ließ die Gentechnik um des Geldes willen Dinosaurier replizieren. Am äußersten Ende des Fortschritts mußte der Mensch wieder mit der Angst leben, bei nächster Gelegenheit aufgefressen zu werden. Die folgenden Bedrohungen rückten der Wirklichkeit näher. Nach "Rising Sun", einer Parabel von der Eroberung der Vereinigten Staaten durch den ökonomischen Imperialismus japanischer Firmen, folgte 1993 der Roman "Disclosure". Er handelt vom Vorwurf der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz und von seiner Verwandlung in eine Waffe der ökonomischen Konkurrenz. Mit diesen Büchern aus dem Wirtschaftsleben wurde Michael Crichton so reich wie sonst nur ein Software-Erfinder oder Musiker.

In diesen Tagen erscheint Michael Crichtons neues Buch in Deutschland. Es ist ganz fiktiver Journalismus. Der Roman "Airframe" (Karl Blessing Verlag, München 1997) berichtet von einem Unfall in der Luft. Ein Passagierflugzeug ist von Hongkong nach Denver unterwegs. Kurz vor der amerikanischen Küste scheint es in heftige Turbulenzen zu geraten. Es fällt, klettert, stürzt und steigt wieder. Drinnen werden die Passagiere durcheinandergewirbelt, drei sterben. Der Roman beginnt mit diesem Unglück. Die verbleibenden dreihundertvierzig Seiten sind der Firma Norton Aircraft in Burbank bei Los Angeles gewidmet, die dieses Flugzeug baut und nun den Grund für ein Versagen ermitteln muß. Im Mittelpunkt steht eine Frau, eine alleinstehende Mutter, die im Management von Norton Aircraft für den Bereich der Qualitätssicherung verantwortlich ist und die Firma gegen den Sensationalismus des Fernsehens verteidigen muß. Ihr Charakter ist nur fragmentarisch gezeichnet. Mehr braucht sie nicht. Sie hat einen Job.

In den sechziger Jahren wurde der Verbraucheranwalt zu einer populären Figur. Er sucht die Warenwelt nach Mängeln ab, die ein Unternehmen aus Nachlässigkeit und Profitgier in Kauf nimmt. Ist ein Schaden entstanden, so mißt er ihn und zwingt den Hersteller, sein Produkt zu verändern oder vom Markt zu nehmen. Vor allem aber versucht er den Schaden in einen Gewinn des Geschädigten zu verwandeln. "Airframe" liest sich wie ein Fall für den Verbraucheranwalt. Allein, es geht hier nicht um Schadenersatz. Der Fehler hat System: Der Luftverkehr ist dem freien Wettbewerb unterworfen, unsicheres Gerät klappert durch die Luft, und die staatlichen Aufsichtsbehörden können ihre Aufgaben nicht mehr wahrnehmen, weil der Kongreß ihnen die Budgets gekappt hat: "Wenn sich die Leichen stapeln - und das tun sie mit Sicherheit -, hast du dein Vermögen schon gemacht. Das ist das Geniale an der Deregulation. Wenn die Rechnung kommt, zahlt keiner." Diesen Schaden will Michael Crichton veranschaulichen. Was dabei entsteht, ist Popularliteratur. Aber sie hat ihre Laufrichtung geändert. Sie will nicht mehr der Flucht vor der Gegenwart dienen. Sie soll ihre Verdeutlichung sein.

Das Flugzeug des Romans ist ein Wunderwerk, und es birgt, wie früher das Staatsschiff, das Äußerste an technischen Möglichkeiten in sich. "Ein Pontiac", erläutert die Heldin, "besteht aus fünftausend Teilen. Man kann ihn in zwei Schichten zusammenbauen. Sechzehn Stunden." Eine Passagiermaschine hingegen sei ein Gerät mit ganz anderen Dimensionen: "Ein Großraumflugzeug besteht aus einer Million Teilen, und es dauert fünfundsiebzig Tage, um es zusammenzubauen. Es gibt auf der Welt kein anderes technisches Produkt, das so kompliziert ist wie ein Flugzeug." Ein solches Flugzeug ist Symbolträger, ein Gerät, auf das die Nation nicht verzichten kann. Michael Crichton hat auch dies nicht erfunden. Welche Rolle die Flugzeugindustrie für eine große Volkswirtschaft spielt, zeigt die Publizität, die kürzlich die Fusion von Boeing und McDonnell Douglas hervorrief.

Damit all dies einmal gesagt werden kann, läuft ein scheinbar ahnungsloser junger Mann durch die Geschichte. Ihm muß die Heldin erklären, was es mit moderner Flugzeugtechnik auf sich hat. Außerdem passieren die Luftfahrtkatastrophen der letzten Jahre Revue, und jedesmal kommentiert ein Sachverständiger. Vielleicht helfen diese Erläuterungen dem Ahnungslosen, und manche sind notwendig. Vor allem aber dienen sie der Bestätigung eines Expertenwissens, bei dem viele mitreden können, auch wenn sie vom Fliegen nur die Touristenklasse kennen. Anders als in den höheren Sphären der Literatur läßt sich das Publikum in diesem Fall nicht betrügen. Die Geschichte steht und fällt mit der Sachkompetenz eines Autors, der alles daransetzt, im rasanten Wechsel der Szenen nicht selbst bemerkt zu werden, und seitenweise Computerprotokolle zum Abdruck bringt, um seine Geschichte durch die Wirklichkeit beglaubigt zu sehen.

Experten suchen den Fehler, und nach einer Woche ist er gefunden. Es stellt sich heraus: Eine ganze Kette von Fehlern ging dem Unglück voraus. Das Flugzeug gehört einer Chartergesellschaft, einem Billigflieger. Die Mechaniker haben "fake parts", Ersatzteile von anonymen Herstellern, benutzt. Und so geht es weiter. Der Schriftsteller läßt sich im Widerspruch von Kostendruck und Ingenieurskunst, von Gewinnstreben und Sicherheit nieder. Und er schildert, daß der internationale Wettbewerb und die sicheren Arbeitsplätze im eigenen Land zwei einander ausschließende Dinge sind. Am Ende gibt Michael Chrichton, der den Republikanern nähersteht als den Demokraten, auch den Vertretern der Gewerkschaft recht, wenn sie bei den Managern der eigenen Firma den Besitz eines deutschen Automobils ahnden. Gewiß, eine amerikanische Gewerkschaft ist keine politische Organisation wie eine deutsche. Doch der Wunsch, die Welt möge zu einem älteren, ruhigeren, sichereren Zustand zurückkehren, läßt sonderbare Allianzen entstehen.

Geld ist etwas Promiskuitives. Es geht am liebsten dorthin, wo es sich am leichtesten vermehrt. "So ist die Weltwirtschaft", sagt der Böse in diesem Buch, "wer nicht mitmacht, verliert." Der Flügel, erklärt die Heldin, sei die wichtigste Komponente im Flugzeugbau. Seine Technik gebe nur preis, wer sich um die Zukunft seines Unternehmens nicht mehr schere. Gewöhnlich würden Teile eines Flugzeugs in dem Land gefertigt, das einen Auftrag vergebe. Doch liege in diesen Teilen, der Nase oder dem Seitenruder, kein Geheimnis. Norton Aircraft aber befindet sich am Rande des Ruins, und der Böse ist um einer großen Bestellung willen bereit, die Flügel in Korea oder in China bauen zu lassen.

Die Guten sehen das anders: "Wenn man den Chinesen den Flügel gibt, schenkt man ihnen den ganzen Laden. In zehn Jahren hat hier keiner mehr einen Job." Michael Crichton hat ein Buch geschrieben, das noch vor zehn Jahren nicht hätte geschrieben werden können. Erst jetzt scheint der Kapitalismus so weit vom Streit der Ideologien befreit zu sein, daß man mit ihm als "fact" umgehen kann. Crichton schildert ihn als übermächtiges Problem. Die Wirtschaft treibt nur noch sich selbst voran, und der zivile Mensch ist am Ende.

Ein gewisser Antikapitalismus gehört zur Kultur der Vereinigten Staaten ebenso wie das hemdsärmelige Lob der kleinen Leute. In Washington wird gerne eine Verschwörung am Werk vermutet, und das anonyme Finanzkapital hält man vor allem im amerikanischen Süden noch immer für einen Verrat am einfachen Mann. Crichton hat dieses Buch nicht geschrieben, um dem Protektionismus das Wort zu reden, und die Lösung für die Probleme des Luftverkehrs liegt auch für ihn nicht in einer besseren Untersuchungskommission für Unglücke. Eher schon macht sich dieser Schriftsteller zum Wünschelrutengänger eines kollektiven Unbehagens, und ihm muß der Eskapismus der Unterhaltungsliteratur weichen. "Get my life back", heißt die Botschaft am Ende, man muß sich sein Leben zurückerobern. Daß die amerikanische Devise in diesem Fall funktioniert, daß sich das Wunderwerk der Ingenieure im Wunder des gefundenen Fehlers wiederholt - das allein macht aus dieser Geschichte einen Roman. THOMAS STEINFELD

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