In einer Zeit, in der Aktivität und Leistung alles bedeuten, da power naps und polyphasischer Schlaf die Nachtruhe optimieren sollen, Klartraumtechniken Ressourcen zur Verbesserung körperlicher und geistiger Effizienz kolonisieren, lässt sich - so scheint es - für die Müdigkeit kaum noch argumentieren. Das Sensorium für ihre Fülle ist durch all den Optimierungsdruck verkümmert. Der Imperativ des 24/7 hat es anästhesiert. Dabei geht es heute, so der Ansatz des vorliegenden Buches, mehr denn je darum, ihre besondere Aisthetik wiederzuentdecken, den Sinn für die ihr eigenen Zwischenzustände des Ungeformten und Nichtkategorisierbaren zu wecken.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.10.2018NEUE TASCHENBÜCHER
Müdigkeit als
Chance
Spätestens seit Herankunft der Smartphones bleibt kaum ein freier Augenblick von Konsum und Kommunikation verschont, selbst der Schlaf will kurz und effizient gestaltet werden. Der Optimierungswahn und unsere Kultur des 24/ 7 sind überfordernd, einzig die Müdigkeit zwischen Wachen und Schlafen widersetzt sich. Der Philosoph Fabian Goppelsröder begibt sich in seinem lesenswerten Essay auf die Suche nach jenem anderen Verhältnis zur Welt, das den schalen, reibungslosen Leerlauf der Zweckrationalität unterläuft. In Literatur, Medienkunst und vor allem französischer Philosophie spürt er mannigfaltige Fährten auf, die unseren Alltag als defizitär und die Müdigkeit als Reich ungeahnter Fülle erscheinen lassen. Dabei läuft die Frage nach dem „Wozu?“ ins Leere, denn hier geht es nicht um den kreativitätsfördernden Powernap im Büro: Werden die gewohnten Wahrnehmungsmuster porös, so kommt ein anderes, reichhaltiges Denken und Fühlen jenseits der Effizienz zu seinem Recht. Diese ins Hintertreffen geratenen „Dimensionen intensiver Welterfahrung“ gilt es nach Goppelsröder, durch eine „Dehnung der Sinne“ freizulegen. VOLKER BERNHARD
Fabian Goppelsröder: Aisthetik der Müdigkeit. diaphanes Verlag, Zürich 2018. 144 Seiten, 20 Euro.
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Müdigkeit als
Chance
Spätestens seit Herankunft der Smartphones bleibt kaum ein freier Augenblick von Konsum und Kommunikation verschont, selbst der Schlaf will kurz und effizient gestaltet werden. Der Optimierungswahn und unsere Kultur des 24/ 7 sind überfordernd, einzig die Müdigkeit zwischen Wachen und Schlafen widersetzt sich. Der Philosoph Fabian Goppelsröder begibt sich in seinem lesenswerten Essay auf die Suche nach jenem anderen Verhältnis zur Welt, das den schalen, reibungslosen Leerlauf der Zweckrationalität unterläuft. In Literatur, Medienkunst und vor allem französischer Philosophie spürt er mannigfaltige Fährten auf, die unseren Alltag als defizitär und die Müdigkeit als Reich ungeahnter Fülle erscheinen lassen. Dabei läuft die Frage nach dem „Wozu?“ ins Leere, denn hier geht es nicht um den kreativitätsfördernden Powernap im Büro: Werden die gewohnten Wahrnehmungsmuster porös, so kommt ein anderes, reichhaltiges Denken und Fühlen jenseits der Effizienz zu seinem Recht. Diese ins Hintertreffen geratenen „Dimensionen intensiver Welterfahrung“ gilt es nach Goppelsröder, durch eine „Dehnung der Sinne“ freizulegen. VOLKER BERNHARD
Fabian Goppelsröder: Aisthetik der Müdigkeit. diaphanes Verlag, Zürich 2018. 144 Seiten, 20 Euro.
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