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Herausgegeben im Auftrag des Auswärtigen Amts vom Institut für Zeitgeschichte.
Hauptherausgeber: Hans-Peter Schwarz, Mitherausgeber: Helga Haftendorn, Klaus Hildebrand, Werner Link, Horst Möller und Rudolf Morsey.
Wissenschaftlicher Leiter: Rainer Blasius.
"Geschafft!" Kurz und knapp meldete Staatssekretär Egon Bahr am 22. Mai 1970 den Durchbruch in den Verhandlungen mit dem sowjetischen Außenminister Gromyko. Die Ostpolitik der Regierung Brandt/Scheel steht im Mittelpunkt des Jahresbandes 1970 der Edition "Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland". Unmittelbar…mehr

Produktbeschreibung
Herausgegeben im Auftrag des Auswärtigen Amts vom Institut für Zeitgeschichte.

Hauptherausgeber: Hans-Peter Schwarz, Mitherausgeber: Helga Haftendorn, Klaus Hildebrand, Werner Link, Horst Möller und Rudolf Morsey.

Wissenschaftlicher Leiter: Rainer Blasius.

"Geschafft!" Kurz und knapp meldete Staatssekretär Egon Bahr am 22. Mai 1970 den Durchbruch in den Verhandlungen mit dem sowjetischen Außenminister Gromyko. Die Ostpolitik der Regierung Brandt/Scheel steht im Mittelpunkt des Jahresbandes 1970 der Edition "Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland". Unmittelbar nach Ablauf der dreißigjährigen Sperrfrist wird eine Auswahl von über 600 bislang geheimen Protokollen und Aufzeichnungen über die Vertragsverhandlungen in Moskau und Warschau veröffentlicht und somit eine fundierte Auseinandersetzung mit diesem kontroversen Thema ermöglicht. In drei Gesprächsrunden erzielten die Unterhändler beider Seiten in Moskau eine Einigung über das "Bahr-Papier", das trotz größter Geheimhaltung publik wurde. Dennoch gelang es, in der entscheidenden Verhandlungsrunde den Vertrag zur Paraphierung zu bringen. Am 12. August 1970 reiste Bundeskanzler Brandt zur Unterzeichnung nach Moskau. Die Verhandlungen mit Polen erwiesen sich als nicht weniger kompliziert, galt es doch, einen Ausgleich zwischen der von polnischer Seite geforderten Anerkennung der Oder-Neiße-Linie und den von der Bundesregierung gewünschten humanitären Erleichterungen zu finden. Eng verflochten mit der Ostpolitik waren die Berlin-Verhandlungen der Vier Mächte, deren Verlauf sich in zahlreichen Konsultationen zwischen der Bundesregierung und ihren Hauptverbündeten spiegelt. Ebenso dokumentiert werden die Bemühungen um einen Modus vivendi mit der DDR, die mit den Treffen zwischen Brandt und Stoph in Erfurt und Kassel einen ersten Höhepunkt erreichten. Weitere inhaltliche Schwerpunkte bilden die Fortschritte in der Europapolitik sowie Fragen der Abrüstung und Rüstungskontrolle (MBFR und SALT). Diese Themen sowie die Frage, wie die 1970 geschlossenen Ostverträge mit Leben erfüllt werden könnten, sollten die Bonner Außenpolitik in den siebziger Jahren bestimmen.

Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Ilse Dorothee Pautsch ist Abteilungsleiterin im Institut für Zeitgeschichte und wissenschaftliche Leiterin der Edition "Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland".

Daniela Taschler ist wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Akten des Auswärtigen Amts des Instituts für Zeitgeschichte, München-Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.01.2001

Aus dem Kanzleramt heraus und am Auswärtigen Amt vorbei
Bonner Außenpolitik im Jahr 1970: Schwerpunkte waren die Verträge von Moskau und Warschau

Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland 1970. Herausgegeben im Auftrag des Auswärtigen Amts vom Institut für Zeitgeschichte. Hauptherausgeber Hans-Peter Schwarz. Mitherausgeber Helga Haftendorn, Klaus Hildebrand, Werner Link, Horst Möller und Rudolf Morsey. Bearbeitet von Ilse Dorothee Pautsch, Daniela Taschler, Franz Eibl, Frank Heinlein, Mechthild Lindemann und Matthias Peter. Wissenschaftlicher Leiter Rainer A. Blasius. R. Oldenbourg Verlag, München 2001. CVII, 2494 Seiten, 3 Bände, 360,- Mark.

An Dramatik fehlte es den weltpolitischen Entwicklungen im Jahr 1970 nicht: Zwar setzten die Vereinigten Staaten den Rückzug aus Vietnam fort und konnten bis Jahresende 1970 ihre Truppenstärke halbieren; doch beantwortete Washington die Entwicklung im Nachbarland, insbesondere den Sturz König Sihanouks, mit dem Einmarsch nach Kambodscha. Krisenhaft spitzten sich die Dinge wieder einmal im Nahen Osten zu: Die Stationierung sowjetischer Boden-Luft-Raketen am Suez-Kanal, der Tod des ägyptischen Staatspräsidenten Nasser oder auch die im jordanischen "Schwarzen September" gipfelnden Aktionen der Palästinenser ließen für die Zukunft nichts Gutes erahnen. Immerhin konnte im Januar der nigerianische Bürgerkrieg, dem etwa eine Million Menschen zum Opfer gefallen waren, beendet werden.

Von alldem findet sich in den Akten des Auswärtigen Amts allenfalls eine dünne Spur. Über einige Entwicklungen war die deutsche Politik gar nicht oder allenfalls unzureichend unterrichtet - so zum Beispiel über die geheime Wiederannäherung zwischen den Vereinigten Staaten und der Volksrepublik China oder über den aktuellen Stand der amerikanisch-sowjetischen Verhandlungen über eine Begrenzung der strategischen Atomwaffen (Salt).

Anderes trat schon deshalb in den Hintergrund, weil die Außenpolitik der Bundesrepublik von einem Thema beherrscht wurde: der sogenannten neuen Ostpolitik der gerade ins Amt gekommenen SPD-FDP-Regierung unter Bundeskanzler Brandt und Außenminister Scheel. Darunter verstand man Verhandlungen und Gespräche mit der Sowjetunion und Polen über Grenz- und Gewaltverzichtsverträge, die Kontakte zur DDR über eine Normalisierung der Beziehungen und die Verhandlungen der vier alliierten Sieger des Zweiten Weltkrieges über eine Lösung des Berlin-Problems. Daran war die Bundesrepublik natürlich nicht beteiligt, hatte allerdings an deren Verlauf und Ergebnis wegen der engen Verbindung zur Bonner Ostpolitik ein hohes Interesse.

Darüber war man immer schon sehr gut informiert. Jetzt ist es in dieser Hinsicht noch besser geworden: 13 Wissenschaftler - ein Wissenschaftlicher Leiter, sechs Bearbeiter und sechs Herausgeber - haben 622 Dokumente ausgewählt und mit hilfreichen Kommentaren und nützlichen Registern versehen. Was die handwerkliche Seite angeht, bestätigen die Bände einmal mehr: Die seit 1993 Jahr für Jahr erscheinenden "Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland" (AAPD), die jetzt für die Zeiträume von 1963 bis 1970 sowie von 1949 bis 1952 vorliegen, setzen editorische Maßstäbe.

Inhaltlich darf man jedoch keine allzu hohen Erwartungen an die neuen Dokumente stellen. Denn die zentralen Themen der deutschen Außenpolitik wurden schon in ihrer Zeit ungewöhnlich intensiv und kontrovers diskutiert. Außerdem hatten die meisten Beteiligten ein geradezu unstillbares Bedürfnis, ihre Sicht der Dinge, mitunter gut dokumentiert, öffentlich mitzuteilen. Schließlich gab es manche Indiskretion. Die bekannteste war die Veröffentlichung der "Leitsätze für einen Vertrag mit der UdSSR", des sogenannten Bahr-Papiers, im Frühsommer 1970. Jetzt erfährt der Leser, daß die Bundesregierung ein "Gutachten erstellen" ließ "über die Frage, ob es ein strafbarer Tatbestand ist, wenn ein Nicht-Behördenangehöriger ein als geheim bezeichnetes Papier erhält und veröffentlicht". Damals war das noch eine Ausnahme.

Fündig wird in dieser Edition, wer nach Facetten sucht oder nach einer Bestätigung für das, was bislang nur gut begründet vermutet werden konnte. Das gilt beispielsweise für die Rolle der Opposition und insbesondere für die konsequente und durchaus konstruktive politische Linie des CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Barzel. Es gilt aber vor allem für die Schlüsselrolle, die Egon Bahr als Staatssekretär im Bundeskanzleramt in der Ostpolitik spielte. Die Quellen zeigen, daß Bahr, der von Ende Januar bis Ende Mai 1970 in Moskau sondierte, nicht nur das Vertrauen seines langjährigen politischen Weggefährten und Mentors Brandt besaß, sondern auch dasjenige Scheels. Immerhin reiste der Staatssekretär ohne schriftliche Instruktionen in die Sowjetunion.

Dabei hatte der Außenminister, was die Ostpolitik angeht, nicht nur Grund zur Freude. Einmal war das Auswärtige Amt - dank des Selbstverständnisses Bonner Deutschlandpolitik seit den Tagen Adenauers - für die deutsch-deutschen Gespräche und damit für einen wichtigen Eckstein der Ostpolitik nicht zuständig. Darüber hinaus wurden die Verhandlungen mit der Sowjetunion, in gewisser Weise auch mit Polen, mehr oder weniger direkt aus dem Kanzleramt heraus geführt.

Die Akten dokumentieren anschaulich den Dauerkonflikt zwischen Brandts Abgesandtem Bahr und dem eigentlich für die Verhandlungen zuständigen Botschafter in Moskau. Während Botschafter Allardt gegenüber seinem Dienstvorgesetzten Zweifel am Verhandlungserfolg Bahrs äußerte und zu Geduld mahnte, erhob der Kanzler-Emissär gegenüber dem "lieben Ducki" (Staatssekretär des Auswärtigen Amts Duckwitz) Bedenken über die Berichterstattung des Botschafters.

Auch Duckwitz war übrigens, wie jetzt einmal mehr bestätigt wird, ein enger Vertrauter Brandts. Ende Mai 1970 wurde er in den Ruhestand geschickt und durch Paul Frank ersetzt, dem keine Verbindungen ins Kanzleramt nachgesagt werden konnten. Dennoch blieb Duckwitz für die äußerst sensiblen Gespräche mit Polen zuständig. Seine Berichte zeigen, wie "empfindlich" Warschau auf die Tatsache reagierte, daß Bonn in Moskau über die polnische Westgrenze sprach, wenn es auch - anders als 1939 - gerade um deren Bestätigung ging. Es sei "schlecht möglich", schrieb Duckwitz Ende Juli an Scheel, "Verhandlungen zu führen, die von den Polen noch besondere Leistungen für etwas verlangen, was in Moskau für sie ohne eigene Leistung gegebenenfalls mit abfallen würde".

Vieles von dem, was man jetzt nachlesen kann, gehört zu den inzwischen abgeschlossenen Kapiteln der deutschen und europäischen Geschichte - wie zum Beispiel die Frage der deutsch-deutschen "Grenze", die nach Bonns Rechtsauffassung im völkerrechtlichen Sinne eben nie eine gewesen ist. Anderes mutet ungewöhnlich aktuell an, und das sollte beunruhigen: Wer ohne auf das Datum zu achten die Urteile deutscher Politiker und Diplomaten über den Zustand Europas und der deutsch-französischen Beziehungen studiert, könnte meinen, Berichte aus dem Umfeld des Gipfels von Nizza zu lesen. Eine Besprechung von Staatssekretären aus vier Bundesministerien über das "Airbus-Projekt" kam zu dem Ergebnis, daß es eigentlich "jetzt abgeblasen werden" müsse - nicht etwa obwohl, sondern gerade weil es "die erste deutsch-französische Gemeinschaftsproduktion" sei.

Man fragt sich, ob nicht manche, die heute in und für Europa Verantwortung tragen, gut beraten wären, gelegentlich die Akten ihrer historischen Archive zu studieren. Wenn diese so vorzüglich aufgearbeitet sind wie die des Auswärtigen Amts, kann man sich sogar den Gang in den Keller ersparen.

GREGOR SCHÖLLGEN

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Das Jahr 1970 war hinsichtlich der Außenpolitik der Bundesrepublik zweifellos ein Epochenjahr. Angesichts des historischen Stellenwerts der in diesem Jahr unternommenen Schritte seien die vorliegenden Bände der Aktenedition von besonderem Interesse, bemerkt Gottfried Niedhart. Ausdrücklich lobt er die mustergültige Editionsweise der 622 Dokumente, die verschiedenste Aspekte der Außenbeziehungen und unterschiedliche Regionen der Weltpolitik beleuchten, wobei, wie er anmerkt, die meisten Dokumente dem Komplex Ostpolitik gewidmet sind. Niedhart hebt die Vielschichtigkeit der Neuerscheinung hervor. Er macht zum Beispiel darauf aufmerksam, dass die Akten nicht nur Aufschluss über konkretes politisches Handeln geben, sondern auch Vermutungen zulassen würden, welche weiterführenden Fragen sich daraus ergeben hätten. Als ein zentrales Problem hebt er dabei die deutsche Ostpolitik heraus, die, wie die Akten seiner Meinung nach beweisen, im westlichen Ausland zu anderen Interpretationen bezüglich des Umgangs mit der deutschen Frage führten als in der Bundesrepublik.

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