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Herausgegeben im Auftrag des Auswärtigen Amts vom Institut für Zeitgeschichte.
Hauptherausgeber: Hans-Peter Schwarz, Mitherausgeber: Helga Haftendorn, Klaus Hildebrand, Werner Link, Horst Möller und Rudolf Morsey.
Wissenschaftliche Leiterin: Ilse Dorothee Pautsch.
Im September 1971 reiste Bundeskanzler Brandt in die UdSSR. Die Gespräche mit Generalsekretär Breschnew auf der Krim, die von den Westmächten nicht ohne Misstrauen beobachtet wurden, markierten einen weiteren wichtigen Schritt in der Ausgestaltung der bilateralen Beziehungen ein Jahr nach Unterzeichnung des Moskauer…mehr

Produktbeschreibung
Herausgegeben im Auftrag des Auswärtigen Amts vom Institut für Zeitgeschichte.

Hauptherausgeber: Hans-Peter Schwarz, Mitherausgeber: Helga Haftendorn, Klaus Hildebrand, Werner Link, Horst Möller und Rudolf Morsey.

Wissenschaftliche Leiterin: Ilse Dorothee Pautsch.

Im September 1971 reiste Bundeskanzler Brandt in die UdSSR. Die Gespräche mit Generalsekretär Breschnew auf der Krim, die von den Westmächten nicht ohne Misstrauen beobachtet wurden, markierten einen weiteren wichtigen Schritt in der Ausgestaltung der bilateralen Beziehungen ein Jahr nach Unterzeichnung des Moskauer Vertrags. Unversehens wurde der Kanzler jedoch mit dem sowjetischen Junktim zwischen der Ratifizierung des Moskauer Vertrags durch den Bundestag und der Unterzeichnung des Schlußprotokolls zu dem wenige Tage zuvor geschlossenen Vier-Mächte-Abkommen über Berlin konfrontiert. Damit drohte die in den Bonner Parteien ohnehin schon umstrittene Zustimmung zu den Ostverträgen noch schwieriger zu werden. Zudem konnten ohne eine Berlin-Regelung die Vorbereitungen für die Europäische Sicherheitskonferenz, auf die die Staaten des Warschauer Pakts, aber auch einige NATO-Partner zunehmend drängten, nicht beginnen. Darüber hinaus musste auch im Verhältnis beider deutscher Staaten zueinander ein Modus vivendi gefunden werden. In langwierigen Verhandlungen gelang es den Staatssekretären Bahr und Kohl mit dem Abkommen über den Transitverkehr von und nach Berlin (West), das am 17. Dezember unterzeichnet wurde, einen ersten Schritt in diese Richtung zu unternehmen.

Die Bemühungen der DDR um internationale Anerkennung bildeten einen weiteren Schwerpunkt des Jahres 1971. Daneben brachte es mit dem EG-Beitritt Großbritanniens den Durchbruch in den langjährigen Bemühungen um eine Erweiterung der Gemeinschaften. Demgegenüber wurden die transatlantischen Beziehungen durch die Annäherung der USA an die Volksrepublik China sowie Diskussionen um eine Lastenteilung innerhalb der NATO und den Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems vor neue Herausforderungen gestellt.

Die Neuregelung der Beziehungen zu den arabischen Staaten bei gleichzeitiger Wahrung deutschlandpolitischer Interessen und ohne Gefährdung der Beziehungen zu Israel stellte einen wichtigen Aspekt der Bonner Außenpolitik dar. Die Israel-Reise Außenminister Scheels und die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zu Algerien und zum Sudan bildeten hierbei wichtige Stationen.

Einen fundierten Überblick zu diesen und weiteren Themen bieten die 454 Dokumente des Jahresbandes 1971 der "Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland".
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Autorenporträt
Daniela Taschler ist wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Akten des Auswärtigen Amts des Instituts für Zeitgeschichte, München-Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.09.2002

Durchzug in rheinischen Amtsstuben
Die Außenpolitik der Bundesrepublik und die innerdeutschen Verhandlungen im Jahr 1971

Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland 1971. Herausgegeben im Auftrag des Auswärtigen Amts vom Institut für Zeitgeschichte. Hauptherausgeber Hans-Peter Schwarz. Mitherausgeber Helga Haftendorn, Klaus Hildebrand, Werner Link, Horst Möller und Rudolf Morsey. Bearbeitet von Martin Koopmann, Matthias Peter und Daniela Taschler. Wissenschaftliche Leiterin Ilse Dorothee Pautsch. R. Oldenbourg Verlag, München 2002. 3 Bände, LXXXVIII und 2153 Seiten, 146,- Euro.

Die weltpolitischen Entwicklungen des Jahres 1971 hätten dramatischer kaum sein können: In Südasien gipfelten die schwere innerpakistanische Krise und der indisch-pakistanische Konflikt Ende Dezember in der staatlichen Unabhängigkeit Bangladeschs, des vormaligen Ostpakistan. In Vietnam wurde der schrittweise Rückzug der Amerikaner, die sogenannte "Vietnamisierung" des Krieges, von einer zeitweiligen Intensivierung beziehungsweise Ausdehnung der Kampfhandlungen, wie der Invasion von Laos, begleitet. In Ägypten bahnte sich eine grundlegende Wandlung der politischen Landschaft mit weitgehenden Folgen für die politischen und militärischen Verhältnisse im Nahen Osten an: Nachdem im September 1970 der Held der arabischen Welt, Gamal Abd el Nasser, unerwartet gestorben war, versuchte sein Nachfolger Anwar el Sadat seine Position zu festigen, indem er sich in einer "Korrektur-Revolution" seiner innenpolitischen Gegner entledigte und einen Freundschaftsvertrag mit der Sowjetunion schloß.

In Bonn hatte man eigene Sorgen. Gewiß, gelegentlich wehte der Wind der großen Dritten Welt auch in die rheinischen Amtsstuben, ohne daß sich dem Leser der "Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland" (ADAP) die ganze Dramatik und Tragweite der folgenreichen Entwicklungen in Asien oder Afrika erschließen könnte: Die gelegentlichen Berichte aus Ägypten oder Indien, aus Kongo oder Malaysia drehen sich vordringlich um Fragen bilateralen Interesses. Für das Verhältnis der Bundesrepublik zu ihren europäischen Partnern gilt das ohnehin. Hier standen die Vorbereitung einer europäischen Sicherheitskonferenz, die Verhandlungen über den Abbau der konventionellen Streitkräfte sowie die währungspolitischen Turbulenzen im Vordergrund.

Manchmal erfuhren deutsche Politiker - und davon profitieren heutige Aktenleser - auch aus erster Hand, wie es in der Welt zuging. So zum Beispiel Mitte September, als Bundeskanzler Willy Brandt in Oreanda mit Leonid Breschnew, dem starken Mann der Sowjetunion, zusammentraf, oder Ende Dezember, als der amerikanische Präsident Richard Nixon den Bundeskanzler in Key Biscayne über den Stand der Dinge in Vietnam, die geradezu revolutionäre Neugestaltung des amerikanisch-chinesischen Verhältnisses oder auch die amerikanisch-sowjetischen Verhandlungen über die strategischen Nuklearwaffen ins Bild setzte. Selbstverständlich war das nicht. In der Regel mußte die deutsche Politik zur Kenntnis nehmen, daß Bonn in einer anderen Liga der Weltpolitik spielte als Moskau, Washington, Paris oder London. Als Nixon am 15. August kurzerhand die Einführung einer Importsteuer und die Aufhebung der Gold-Konvertibilität des Dollars bekanntgab und damit endgültig das Währungssystem von Bretton Woods außer Kraft setzte, blieb dem deutschen Bundeskanzler nichts anderes übrig, als sich zähneknirschend beim amerikanischen Präsidenten dafür zu bedanken, daß er immerhin "am gleichen Tage" von diesen Maßnahmen unterrichtet worden sei.

Selbst in vitalen Fragen der deutschen Politik, wie bei den Verhandlungen des sogenannten Viermächteabkommens über Berlin, das am 3. September 1971 unterzeichnet wurde, war man darauf angewiesen, daß sowjetische oder amerikanische Politiker und Diplomaten wie Henry Kissinger (Sicherheitsberater des amerikanischen Präsidenten) oder Valentin Falin (Botschafter Moskaus in Bonn) ihre Bonner Kollegen informell auf dem laufenden hielten. Das galt insbesondere für Egon Bahr, den Staatssekretär im Bundeskanzleramt, dessen führende Position in der zweiten Reihe dieser Verhandlungsriege durch die Akten des Auswärtigen Amts auch deswegen eindrucksvoll bestätigt wird, weil das Depositum Bahr im "Archiv der sozialen Demokratie" für die ADAP über das Jahr 1971 von herausragender Bedeutung ist. Das wiederum hat mit der Entscheidung der Editoren zu tun, auch die Verhandlungen zwischen Bonn und Ost-Berlin, beispielsweise über den Verkehrsvertrag, breit zu dokumentieren.

Die deutsch-deutschen Verhandlungen fielen im damaligen Selbstverständnis der Bonner Entscheidungsträger nicht in den Bereich des Auswärtigen Amts, sondern des Bundeskanzleramts: Sie durften nicht "Außenpolitik", sondern mußten "besonderer Art" sein. Nun stellen zehn Wissenschaftler auf weit mehr als 2000 Seiten der Öffentlichkeit 454 Dokumente zur Verfügung, die zu einem beträchtlichen Teil wenig oder gar nichts mit Außenpolitik im definierten Selbstverständnis der Zeit zu tun haben. Auf diese Weise erfährt der Leser der sorgfältig bearbeiteten, vorzüglich kommentierten und mit nützlichen Registern versehenen Dokumente jedoch, mit welchen Problemen sich bundesdeutsche Politiker 1971 vor allem deshalb herumzuschlagen hatten, weil die DDR - wie Brandt gegenüber Falin erläuterte - "schon zu protestieren anfange, wenn man zum Zahnarzt gehen wolle".

Wie recht der Bundeskanzler hatte, kann man den zahlreichen Gesprächen zwischen Egon Bahr und seinem Verhandlungspartner Michael Kohl, dem Staatssekretär beim Ministerrat der DDR, entnehmen: So "beschwerte" sich Kohl bei Bahr, wie dieser in einer "geheimen Aufzeichnung" festhielt, im Mai 1971 "über das neue Kursbuch der Bundesbahn. Trotz der Proteste . . . werde unter der Verantwortung der Bundesbahn weiter von einem einheitlichen Verkehrsgebiet Deutschland ausgegangen . . . Dies hinzunehmen sei für die DDR ebenso wie für andere sozialistische Länder unzumutbar." Man ahnt, wie erleichtert Richard Nixon oder Leonid Breschnew, Anwar el Sadat oder Indira Gandhi gewesen wären, hätten solche Probleme ihr tagespolitisches Geschäft bestimmt.

GREGOR SCHÖLLGEN

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Gregor Schöllgen stellt fest, dass die "Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland 1971" über die dramatische Weltlage nicht besonders gut informieren. Für den Rezensenten dokumentiert das eindrücklich, wie ausgeschlossen von wichtigen weltpolitischen Entwicklungen und Entscheidungen die Bundesrepublik Deutschland zu der Zeit war. Aufschlussreicher dagegen erscheinen ihm die Texte, die die Verhandlungen mit der DDR betreffen. Dazu hat er in den Akten 454 Dokumente gefunden, die von zehn Wissenschaftlern zusammengestellt worden sind. Schöllgen lobt die Herausgeber für ihre "sorgfältige Bearbeitung" und preist insbesondere Kommentar und Register. Zusammen vermitteln sie vor allem einen Eindruck davon, wie schwierig sich die Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten gestalteten, so der Rezensent angetan. Die "Entscheidung der Editoren", die Verhandlungen mit der DDR derart "breit" zu belegen, findet besonders deshalb den Beifall Schöllgens, weil dieser Bereich 1971 gar nicht der Außenpolitik zugeordnet, sondern nach damaligem Dafürhalten von "besonderer Art" war.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Der Band enthält - über seinen Wert für zweckfreie wissenschaftliche Erkenntnis hinaus - viel Bedenkenswertes auch angesichts einer Gegenwartstendenz, die alles und jedes auf den Prüfstand stellen und permanent von Null beginnen möchte." Winfried Becker in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 67,1 / 2004

"Mit Blick auf sorgfältige Bearbeitung, Kommentare und Register haben diese Bände Maßstäbe gesetzt." Rolf Steininger in: eForum zeitGeschichte, Januar 2003