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Der Band enthält Biographien von: Assing, Ludmilla Becker, Friedrich Gottlieb Becker, Max Joseph Börner, Paul Brehmer, Hermann Bunsen, Christian Karl Josias von Herwegh, Emma Itzstein, Johann Adam von Jung, Georg Gottlob Lewald, Fanny Mühlenfels, Ludwig von Standau, Julius Stein, Julius Streckfuß, Adolf Unruh, Hans Victor von Weller, Emil Ottokar

Produktbeschreibung
Der Band enthält Biographien von: Assing, Ludmilla Becker, Friedrich Gottlieb Becker, Max Joseph Börner, Paul Brehmer, Hermann Bunsen, Christian Karl Josias von Herwegh, Emma Itzstein, Johann Adam von Jung, Georg Gottlob Lewald, Fanny Mühlenfels, Ludwig von Standau, Julius Stein, Julius Streckfuß, Adolf Unruh, Hans Victor von Weller, Emil Ottokar
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Stoff für all jene, die es etwas politischer und "schicksalsheftiger" mögen, verspricht Benedikt Erenz mit diesen Porträts von Revolutionären, Reaktionären und ihren Zeitgenossen der Jahre 1848 und 49. Auch sind aus seiner Sicht viele dieser insgesamt siebzehn Porträts fast schon abgeschlossene Bildungs- oder Abenteuerromane. Man werde mitten hinein in den Vormärz geführt, in die Berliner Salons oder an den preußischen Hof, begegne bekannten Gestalten der Epoche ebenso wie unbekannten, nehme Teil an Hoffnungen und Zorn, Freiheitssehnsucht und Bewahrenssucht. Erenz plädiert außerdem für das Wiederauflegen des bereits vergriffenen ersten Bandes dieses ambitionierten und gelungenen Projekt, von dem der nun erschienene dritte Band der vorerst letzte sein.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.01.2014

Lebensbilder
des Aufbruchs
Starke Gesinnungen, abenteuerliche Biografien:
Akteure und Kontrahenten von 1848/49
VON JENS GRANDT
Wie oft beschworen, Augenblicke später schon missachtet – die Allerweltsweisheit: Gegenwart ist nur aus der Vergangenheit zu verstehen. Nach und während Krisen aller Art wird wieder verstärkt über Unwägbarkeiten der aktuellen Praxis und Alternativen nachgedacht. Vor diesem Hintergrund gewinnt das Geburtsdezennium der Bürgergesellschaft an Strahlkraft. Im Umfeld der 1848er Revolution wurden nicht nur alle seinerzeit denkbaren Optionen nationaler und sozialer Entwicklung debattiert, im Grunde wurzeln unsere Vorstellungen von Demokratie ebenso wie deren Realisierung oder Nichtrealisierung in den damaligen Ereignissen.
  Ein von dem Historiker Walter Schmidt geleiteter, in Berlin ansässiger Arbeitskreis „Vormärz und 1848er Revolutionsforschung“ – er ist der Leibniz-Sozietät angegliedert – bemüht sich seit Jahren, diesem seltenen Glanzpunkt der deutschen Geschichte biografisch beizukommen. Im jüngsten, bereits vierten Band der Reihe „Akteure eines Umbruchs. Männer und Frauen der Revolution von 1848/49“ werden zwölf aktive Achtundvierziger aus unterschiedlichen politischen Lagern porträtiert. Die Hälfte der Biografien sind aufwendig recherchierte wissenschaftliche Erstporträts. Jedes Curriculum vitae verdiente eine eigene Würdigung.
  An Dramatik kaum zu überbieten ist das Schicksal Gustav von Hoffstetters (1818 bis 1874). Der bayerische Offizier, der an drei Schauplätzen der europäischen Revolution gekämpft hat, ist weitgehend in Vergessenheit geraten. Ein Militär durch und durch. Was ihn motiviert hat, sich auf Seiten der radikalen Republikaner zu engagieren, konnte nicht konkret ermittelt werden. Im Schweizer Sonderbundkrieg reüsiert er zum Ordonanz-Offizier der avantgardistischen Berner Division, die mit den Bundestruppen den Abgriff der konservativ-katholischen Kantone abwehrte. Ein Verfassungskrieg, der als Auftakt der politischen Umbrüche in Europa angesehen wird. Dann die revolutionären Unruhen im kleinen Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen, wo Hoffstetter zunächst in der Gunst des Erbprinzen Karl Anton stand. Aber als die Forderungen nach bürgerlichen Freiheiten lauter wurden und auch die Garnison rebellierte, Hoffstetter sich der Meuterei anschloss, gar zum Sekretär der Bürgerwehr gewählt wurde, war es vorbei mit dem Wohlwollen des Prinzen. Bayerische Truppen besetzten das Ländle, Hoffstetter wurde kurzzeitig verhaftet.
  Er emigrierte über Konstanz nach Italien, suchte Kontakt zu Guiseppe Mazzini, dem Kopf der Römischen Republik. Hoffstetter wurde den Garibaldischen Freischärlern zugeteilt und avancierte über einige Zwischenstadien zum Generalstabschef Garibaldis. Die Verteidigung Roms und nach dem Sieg der französischen Truppen über die Republik der von ihm geleitete Rückzug war eine unter äußersten Entbehrungen erzielte, auch militärisch achtbare Leistung. Die Schweiz hat des „deutschen Garibaldi“ frühen Einsatz für den einheitlichen Bundesstaat gedankt. Er wurde eingebürgert, zum Oberst befördert, diente als Instrukteur der Infanterie im Kanton St. Gallen. Sein Begräbnis fand unter militärischen Ehren in Bern statt.
  Etwas ruhiger, deswegen nicht weniger spannend gestaltete sich das Leben des Kölner Kaufmanns, Publizisten, späteren Reichtagsabgeordneten Moritz Rittinghausen (1814 bis 1890). Ein Geistkämpfer, der in Vereinen, Gremien, Parlamenten Florett zu fechten verstand. Anfangs ein in der Wolle gefärbter Liberaler, der in den Fortschritten der Industrialisierung das Heil der Nation sah und etliche Maximen des Ordoliberalismus vorwegnahm, radikalisierte er sich während des Frankfurter Aufstandes im Herbst 1848. Er wurde ins Vorparlament gewählt und fühlte sich immer mehr sozialistischen Ideen verpflichtet. Rittinghausen gehörte zu den Gründern der Demokratischen Gesellschaft in Köln, in der auch Karl Marx und Friedrich Engels Mitglied waren. Sie schrieb, gegen die Liberalen, die sich nicht vom Ständewahlrecht und dem König verabschieden wollten, die „Volkssouveränität“ auf ihre Fahnen. Rittinghausen lehnte jedes Repräsentativsystem ab, forderte eine direkte Gesetzgebung mittels Volksinitiativen, Begehren und Volksentscheiden. Engels’ späteres Urteil, der begabte Redner und Artikelschreiber aus dem Bergischen sei bloß „pro forma“ Sozialist, war sicher unzutreffend. Sein Streben galt der „demokratisch-sozialen Republik“. Die Lösung sozialer Konflikte erhoffte er sich von Reformen, von einer Metamorphose des Staates – ein Dissens mit den Marxianern.
  Vom Köln-Solinger Wahlverein delegiert, beteiligte er sich in zwei Kommissionen am Gründungskongress der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SAPD) in Eisenach. Er befürwortete den Anschluss an die Internationale Arbeiterassoziation und nahm an deren Kongressen teil, wo er unter anderem für die Umwandlung von Grund und Boden in gesellschaftliches Eigentum plädierte und wieder für die direkte Gesetzgebung durch das Volk (die übrigens durch den Einfluss des Internationalisten Karl Bürkli in der Züricher Kantonsverfassung von 1869 teilweise verwirklicht wurde). Ob Rittinghausen allerdings mit jedem Satz des Parteiprogramms übereinstimmte, wie die Autoren unterstellen, sollte offen bleiben.
  Von den konservativen Protagonisten hat der Herausgeber den Berliner Polizeidirektor August Duncker (1797 bis 1869) aufgenommen, zu Beginn seiner Laufbahn ein „Freund der Dichter“ (Gutzkow), später ein „elender Hund“ (Dronke an Lassalle), der sich als skrupelloser Folterer politisch Verfolgter erwies. Und als Reaktionär im Botho Straußschen Sinne Fürst Felix Maria Lichnowski (1814 bis 1848), ein Reformkonservativer in der Frankfurter Nationalversammlung, der dem Druck von unter durch Konzessionen von oben begegnen wollte und während des deutsch-dänischen Krieges um Schleswig für einen Waffenstillstand warb. Er wurde vor dem Eschenheimer Tor von einer Menge linksnationaler Pauperisten aufgegriffen und unterlag einem Lynchmord.
  Eröffnet wird der Band jedoch mit der Lebensgeschichte zweier in die revolutionären Ereignisse tief verstrickter Vorkämpferinnen der Frauenemanzipation. Mathilde Anneke (1817 bis 1884) folgte ihrem Mann Fritz Anneke in den „heiligen Kampf“ der badisch-pfälzischen Revolutionsarmee für die Bürgerrepublik, aus Liebe, wie sie in ihren Memoiren betont. Sie war auch eine fleißige Journalistin, führte einen Salon und die kleine Neue Kölnische Zeitung , die, wie Anneke zu schreiben wagte, „die Vernichtung des Geldsacks und die gründliche Verbesserung der ganzen Lebenslage des arbeitenden Volkes“ anstrebte. Nach der Niederlage der Revolution etablierte sie sich in den USA als Erzieherin und hochgeachtete Frauenrechtlerin. Ganz der Literatur verschrieben hatte sich Louise Aston (1814 bis 1871). In flammenden Gedichten und sozialkritischen Romanen feierte sie die Befreiung der Unterdrückten (vor allem Frauen) von den Fesseln der Ehe, die sie als eine ausbeuterische Institution bloßstellte. Sie wurde aus vierzehn europäischen Städten ausgewiesen, auch ihres freizügigen Liebeslebens wegen, was nur ein Vorwand war, die selbstbewusste Anarchistin loszuwerden.
  Die Anthologie beschließen 49 biografische Skizzen von preußischen Offizieren, die wegen ihrer politischen Gesinnung gemaßregelt, zum Teil verfolgt wurden. Höchst lesenswert!
Walter Schmidt (Hrsg.): Akteure eines Umbruchs. Männer und Frauen der Revolution von 1848/49. Band 4. Fides Verlag, Berlin 2013. 699 Seiten, 59,80 Euro.
Eine demokratisch-soziale
Republik sollte her
Auch die Fesseln der Ehe müssten
abgestreift werden, forderte
die Schriftstellerin Louise Aston
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