Hartnäckig hält sich das Vorurteil, im islamischen Kulturraum sei die philosophische Reflexion nach dem Tod Ibn Rushds (Averroës, gest. 1198) gänzlich zum Erliegen gekommen. An der Rezeption des philosophischen Werkes von Shihab ad-Din al-Suhrawardi (gest. 1191) läßt sich jedoch demonstrieren, daß man sich in der islamischen Welt auch nach der Wende zum 13. Jahrhundert noch intensiv und innovativ mit Philosophie befaßte. Anders als im europäischen Kontext war die weitere Entwicklung des philosophischen Denkens hier allerdings durch eine Annäherung an die Mystik geprägt. Al-Suhrawardis "Philosophie der Erleuchtung" (hikmat al-ishraq), die der Verfasser als überlegene Alternative zum Aristotelismus Ibn Sinas (Avicenna, gest. 1037) präsentiert, ist einer der einflußreichsten Versuche, eine solche Synthese systematisch und begrifflich rigoros durchzuführen und ihre metaphysischen und erkenntnistheoretischen Konsequenzen zu bestimmen. Der um terminologische Konsistenz bemühten Neuübersetzung ist ein ausführlicher Kommentar beigegeben, der die oft verwickelte Argumentationsstruktur des Textes erhellt und al-Suhrawardis zumeist implizite Bezüge auf frühere Schriften zu identifizieren versucht.
»Aber auch wenn es nichts für die Allgemeinheit ist, dass es übersetzt wurde ins Deutsche ist definitiv ein Gewinn. Wenn auch die Mehrheit der Muslime in Deutschland sprachlich und vom Zustand noch nicht auf dem Niveau des von Suhrawardi intendierten Lesers ist, so zeugt dieses Werk vom Geist einer Zeit, an der sich die Muslime Deutschlands orientieren können, wenn sie an frühere Leistungen ihrer muslimischen Vorgänger anknüpfen und Europa bereichern wollen.« Ahmet Aydin islamische-zeitung.de 20210623
»Wer dem inneren Zusammenhang von Philosophie und Erleuchtung, von Rationalismus, Neuplatonismus und Mystik gerade auch im Blick auf die rheinische Mystik des Mittelalters nachgehen will, wird hier in erstaunlichem Maße fündig. Er wird in Al-Suhrawardi einen weiteren Brückenbauer zwischen islamischer und christlicher Geisteswelt entdecken.«