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Ballons in Rosarot, gedruckt auf Leinen in Apricot: Florian Wackers Erzählband "Albuquerque" kommt auffällig verspielt daher. Dabei soll hier aus dem Leben "einfacher Leute" berichtet werden, die "doch", so der Klappentext, eine Idee davon hätten, "was es bedeutet, wirklich intensiv zu leben". Warum der Gegensatz, warum sollten die Straßenarbeiter, Anstreicher, Pfleger und Krankenschwestern, um die es hier geht, davon keine Ahnung haben? Wacker, Jahrgang 1980, hat das Schreiben am Leipziger Literaturinstitut erlernt; er weiß also, wie man Plots konstruiert, Perspektiven gestaltet und Pointen setzt. Entsprechend hat der Band durchaus seine erzählerischen Momente: die verflochtene Multiperspektivität in "Transit", die sensible Figurenanalyse in "Kluge Köpfe", das Spiel mit kalten und warmen Atmosphären in "Terrakotta". Was an diesem Buch stört, ist die Erzählhaltung, das allzu sichere Bescheidwissen des Erzählers über seine Figuren in ihrem Denken und Fühlen, ihren Ängsten und Lüsten: Was lässt etwa den Busfahrer Frank die tägliche Mühsal seines Angestelltenlebens ertragen? Seine "Höllenangst vor Hartz". Woran denkt Frank, wenn er mit seinem "Neoplan" an der roten Ampel steht? An das "Abgrillen" neulich mit den Kollegen, an die "letzten Schinkenknacker" im Nieselregen. Was liebt er ganz besonders an seiner Frau Doris? Den "Schatten in ihrem Dekolleté". Und worin besteht für ihn das Glück? In einer Kaffeepause auf dem Parkplatz eines Baumarkts. In milieukennerischen Figurenzeichnungen wie diesen artikuliert sich eine Haltung, die an gewisse Spielarten einer sozial engagierten Literatur erinnert, von der man hoffte, sie habe sich mittlerweile erübrigt: eine Haltung wohlmeinend-einfühlender Herablassung.
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Florian Wacker: "Albuquerque". Erzählungen. Mairisch Verlag, Hamburg 2014. 160 S., geb., 16,90 [Euro].
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