Wie spannend wäre es manchmal mit Augen eines anderen Menschen die Welt zu sehen. Aldona Kut hat sich wohl diesen Wunsch erfüllt. Es dürfte nur wenige geben, die derart vielseitig wie die 1976 in Przemysl geborene Künstlerin sind. An ihre Ausbildung an der Krakauer Schule für Modedesign schloss sie ein Studium der Malerei und des Bühnenbilds an, danach machte sie in Nürnberg ihren Magister Artium in Architektur und Stadtforschung. Ist es also die Stadtforscherin Aldona Kut, die ein interaktives Kleidungsstück entwirft, das auf Nähe mit einer Art Airbag reagiert, um den "persönlichen Körperumraum" zu erhalten? Oder ist es doch die bildende Künstlerin oder etwa die Designerin? In die Entwürfe ihres 2008 gegründeten Labels Aldona Kut fließt all das ein: das Performative, das Skulpturale und das Soziale. In den letzten Jahren haben sich die Berührungsängste zwischen Modedesign und Kunst abgebaut. Designer inszenieren ihre Kollektionen im White Cube der Kunst oder lassen sich von der bildenden Kunst inspirieren, bildende Künstler wiederum beziehen Kleidung in ihre Arbeiten und Performances mit ein. Aldona Kut hat ihre Projektkleider in ihrer Ausstellung im Kunstforum Rottweil mit Balletttänzern in sieben Sequenzen choreografisch inszeniert. Raffungen, Faltungen und ungewöhnliche Proportionen, Spannungen und Raum zwischen Haut und Mensch, verformen den Körper wie das Ballett, vielleicht befreien sie ihn aber auch zu seiner eigentlichen Form. Neben diesen Performancefotos stellt der dreisprachige Katalog auch Kuts Zeichnungen vor, die mehr Choreografien als Modeskizzen gleichen. Am Ende schaut der Leser dieses Katalogs mit Aldona Kuts Augen auf die Welt der Mode.